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Warum Kleinwagen größer und größer werden - Der Polo von morgen ist länger als der Golf von gestern

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Von wegen Klein. Der neue Polo durchbricht die 4-Meter-Schallmauer. Und er ist nicht der erste aus seinem Segment. Wir haben uns gefragt: Warum müssen die Kleinen denn immer größer werden?

Der neue Polo wird 4,05 Meter lang und damit übertrifft er den Golf 3 Der neue Polo wird 4,05 Meter lang und damit übertrifft er den Golf 3 Quelle: Volkswagen & sb-Medien | Stefan Baldauf

Von Ralf Schütze

Berlin - Wo soll das hinführen? Seit Jahrzehnten wachsen Kleinwagen Generation für Generation. Der aktuelle Mini übertrifft den Ur-Mini um fast 80 Zentimeter. Und der neue VW Polo wird länger als der Golf 3. Wir haben uns gefragt: Woran liegt das?

Die Automobilindustrie hat auf diese Frage eine einfache Antwort: Weil es der Kunde so will. „Ein neues Fahrzeug sollte alles besser machen als der Vorgänger, auch beim Platzangebot“, sagt Nissan-Sprecher Oliver Franz. Hinzu komme der Konkurrenzdruck. „Werden einige Wettbewerber im Segment größer, ohne dadurch signifikant teurer zu werden, werden sie durch das großzügigere Platzangebot auch eher gekauft“, sagt Franz. Das führt dazu, dass direkte Wettbewerber gezwungenermaßen nachziehen.

Ob man da noch von "Mini" sprechen kann? Zwischen der ersten und der jüngsten Generation liegen immerhin knapp 80 Zentimeter Ob man da noch von "Mini" sprechen kann? Zwischen der ersten und der jüngsten Generation liegen immerhin knapp 80 Zentimeter Quelle: BMW

Bei Mini ist die Obergrenze erreicht

Auch Mini bestätigt: „Das Größenwachstum ist vor allem dem Wunsch unserer Kunden nach mehr Platz und damit Alltagstauglichkeit geschuldet“. Dennoch ist irgendwann eine Grenze erreicht. „Weiteres Größenwachstum für den Dreitürer sehen wir nicht", sagt Mini-Sprecher Markus Sagemann. Selbiges gelte für das größte Modell, den Countryman. "Der liegt bei 4,30 Meter Länge und das bleibt für Mini die Obergrenze.“

Daran werden laut Sagemann auch wachsende Ansprüche an die Crashsicherheit nichts ändern. Diese erfülle man bei künftigen Modellen auch ohne längere Überhänge – dank hochfester und gezielt verformbarer Stähle und anderer Materialien. Und um Spekulationen über einen Mini-Mini vorzubeugen, ergänzt er: „Wir planen aktuell keinen kleineren Mini unterhalb des 3-Türers.“

Das System schaukelt sich hoch

Das gilt nicht für alle Hersteller. Nach Ansicht von Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut in Duisburg hat das Größenwachstum auch Folgen für kleinere Segmente. Denn jeder neue Kleinwagen soll attraktiver werden als die Konkurrenten, zum Beispiel mit ein paar Zentimetern mehr Platz. "Damit schaukelt sich das System hoch, bis irgendwann ein neues Kleinstsegment angefangen wird“, sagt Dudenhöffer.

Mit einer Länge von mehr als 4 Metern kann der Polo 6 sogar als kompaktes Familienauto genutzt werden Mit einer Länge von mehr als 4 Metern kann der Polo 6 sogar als kompaktes Familienauto genutzt werden Quelle: sb-Medien | Stefan Baldauf Ein weiterer Grund für das stetige Größerwerden der Kleinwagen sei das wachsende Alter der Käufer. „Das Durchschnittsalter der Neuwagenkäufer liegt heute in Deutschland bei 53 Jahren. Je älter, umso ergonomischer und 'bequemer' will man sein Auto haben“, erklärt Dudenhöffer. Die damit einhergehenden Einparkschwierigkeiten würden durch moderne Assistenzsysteme wie Einparksensoren und teilautonome Einparkhilfen behoben.

Die neuen Kleinen werden ziemlich groß

Bis 2018 rollt im „B-Segment“ der Kleinwagen eine wahre Neuheitenwelle auf uns zu, die den Trend des Längenwachstums fast gänzlich bestätigt. Beispiel Volkswagen: Der aktuelle Polo der fünften Generation ist 3,99 Meter lang und 1,70 Meter breit. Damit ist er deutlich größer als ein VW Golf 1 aus dem Jahr 1974, der nur 3,71 Meter lang war und fast genauso lang wie der 90er-Jahre-Bestseller VW Golf 3, der 4,02 Meter lang und 1,71 Meter breit ist.

Ende 2017 wird die sechste Generation des Polo die 4-Meter-Schallmauer durchbrechen - er soll 4,05 Meter lang werden. Damit liegt der frühere Zwerg künftig zwischen Golf 3 und 4. Einem Einsatz als kompaktes und erschwingliches Familienauto steht nichts mehr im Weg – nicht allzu große Kinder vorausgesetzt.

Ein Corsa mit drei Türen? Das wird es beim neuen Modell nicht mehr geben Ein Corsa mit drei Türen? Das wird es beim neuen Modell nicht mehr geben Quelle: Opel

Corsa, Micra und C3 wachsen ebenfalls

Der Erzrivale Opel Corsa hat schon in der fünften Generation (Corsa E) die 4-Meter-Marke um bis zu 4 Zentimeter überschritten. Im Sommer 2018 soll er weiter an Länge und Breite zulegen. Genau wie der Polo 6 soll auch der neue Corsa nur noch als Fünftürer angeboten werden.

Die Neuauflage des Nissan Micra kommt im Frühjahr 2017 auf den Markt. Nissans vermeintlich Kleiner legt um satte 17 Zentimeter Länge zu. Im Sommer startet der neue Seat Ibiza mit einer Länge von 4,04 Meter. Wir erinnern uns: Der erste Ibiza aus dem Jahr 1984 war 3,64 Meter lang.

Und was bedeutet das für die Zukunft? Das Wachstum geht weiter – und wenn deshalb weiter unten ein bestehender Bedarf nach wendigen Stadtautos nicht mehr gestillt wird, ist ein neues Modell die Lösung. Zu Zeiten des Polo 1, der kürzer ist als ein aktueller Up, gab es bei VW schließlich auch noch keinen Kleinstwagen. Heute gibt es ihn, und in drei, vier Generationen ist vielleicht der Up der Polo von heute und der Golf von gestern.

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