Dass Toyota Hybrid kann, weiß man. Plug-in steht nicht so im Fokus. Dabei kommt der Prius schon in zweiter Generation mit Stecker. Er erfordert immer noch Kompromisse.
Barcelona - Das nennt man Fortschritt. Toyota ist es gelungen, die rein elektrische Reichweite von der einen auf die nächste Generation zu verdoppeln. Davon träumen reine Elektroautos. Aber es geht hier nicht um ein reines E-Mobil. Der Prius als Plug-in-Hybrid kommt in zweiter Generation. Und er fährt jetzt bis zu 50 Kilometer weit rein elektrisch. Damit bringt Toyota das Auto auf Industriestandard. Mit den bisherigen 25 Kilometern kommen Berufspendler schließlich kaum zur Arbeit und wieder zurück. Jedenfalls nicht, ohne zwischendurch aufladen zu müssen. Damit das künftig geht, baut Toyota jetzt einen Lithium-Ionen-Akku mit 8,8 statt 4,4 kWh Kapazität ein. Die zwei Elektrogeneratoren kommen nun gemeinsam auf eine Systemleistung von 92 PS. Der große Fahrmotor stellt davon den Großteil, den Rest steuert der Starter-Generator bei, der beim Anschieben hilft. Zudem erzeugt er im Schubbetrieb elektrische Energie und speist sie in die Batterie. Der Verbrenner, der wie beim normalen Prius 98 PS leistet, muss seltener anspringen. Toyota Prius Plug-in: Wärmepumpe für den InnenraumMit 142 Newtonmeter Drehmoment bei 3.600 Umdrehungen wäre der Benziner allein nicht gerade ein Bulle. Macht aber nichts, denn der E-Motor liefert ausreichend Schub schon aus dem Stand. Die Systemleistung des Plug-in-Prius liegt bei 122 PS, maximal 135 km/h schafft der Toyota mit rein elektrischem Antrieb, 162 km/h, wenn der Vierzylinder-Benziner einspringt. Bis Tempo 100 vergehen 11,1 Sekunden. Lautlos rollt der Plug-in los. Wo beim normalen Prius der 1,8-Liter-Benziner eingreift, bleibt er noch lange im Elektromodus. Damit das auch im Winter möglichst gut funktioniert, verfügt der Japaner über eine Batterie-Vorwärmung. Die bringt die Akkuzellen schon beim Laden auf Betriebstemperatur. Eine Wärmepumpe beheizt bis minus 10 Grad den Innenraum, ohne dass der Benziner gestartet werden muss. Maßnahmen, die wirken. Die 50 Kilometer rein elektrische Reichweite sind kein Normwert nach NEFZ (da wären es 63 km), sondern der von Toyota als realitätsnah angegebene Wert. Wer mag, drückt den Knopf für den EV-Modus und bewegt sich die 50 Kilometer am Stück elektrisch fort. Für Autobahn und Überlandfahrten eignet sich der Hybridmodus besser. Der Plug-in-Prius soll nur 1,0 Liter verbrauchenJe nach Verkehrsfluss und Streckenprofil wechselten wir zwischen den drei Fahrmodi Eco, Normal und Power. Bei sehr zurückhaltendem Gasfuß und kaum mehr als 120 km/h zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 3 Litern an. Im Stadtverkehr waren wir ausschließlich elektrisch unterwegs. Die Hügel der Metropole rauf und runter, von Ampel zu Ampel und immer schön im Verkehr mitschwimmend: So macht elektrisch Fahren einfach Spaß. Durchzugstark, spontan ansprechend und eben leise geht es im EV-Modus voran. Anders als im Normal- oder Powermodus agiert die stufenlose Automatik hier auch harmonischer. Toyota gibt 1,0 Liter Benzin als Normverbrauch für 100 Kilometer an. Wie bei Plug-in-Hybriden üblich, ist das ein Wert ohne Bedeutung: Im EV-Modus verbraucht der Antrieb keinen Sprit, im Hybrid-Modus deutlich mehr. Bei der ersten Testfahrt über knapp 180 Kilometer durch Stadtverkehr und über Land- und Schnellstraßen zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 2,7 Litern an. Natürlich beim Start mit fast vollem Akku. Der lässt sich übrigens an der Haushaltssteckdose in drei Stunden laden, an einer Wallbox dauert es gut zwei Stunden. Viel Geld für weniger PlatzMindestens 37.550 Euro verlangt Toyota für den Plug-in-Prius, ohne die Elektroprämie von 3.000 Euro. Der Vollhybrid-Prius kostet bei vergleichbarer Ausstattung rund 7.000 Euro weniger. Immerhin gibt es reichlich Ausstattung im Plug-in schon serienmäßig. So sind unter anderem Navi, Matrix-LED-Scheinwerfer und Fahrerassistenzsysteme wie Verkehrszeichenerkennung, Spurhaltehelfer, Kollisionswarner mit Fußgängerkennung und Toter-Winkel-Warner an Bord. Wer mag, kann gut 2.000 Euro extra in ein Solardach investieren. Das schafft im Idealfall fünf Kilometer elektrische Reichweite am Tag. Da es aber 40 Kilogramm wiegt und der Plug-in eh schon 1,6 Tonnen auf die Waage bringt, gibt es für diese Version nicht alle Ausstattungsoptionen. Auch bei der Zuladung macht sich die Batterielast bemerkbar: 250 Kilogramm sind mager. Und auch der Kofferraum ist mit 360 bis 1.204 Litern Volumen kleiner als beim Standard-Prius (501 bis 1.633 Liter). Der Lithium-Ionen-Akku sitzt hinter der Hinterachse und klaut Raum. Zwei Rollkoffer und ein Schminktäschchen passen, das war's. Für Anhänger ist der Plug-in ebenfalls nicht zugelassen. Nur vier Sitzplätze im Prius mit SteckerDass Toyota den Prius Plug-in nur als Viersitzer anbietet, kann man insofern fast als gute Nachricht werten. Für die Ingenieure war es aber eine Kompromiss-Entscheidung. Sie wollten vermeiden, neue Achsen für den Plug-in entwickeln zu müssen. So kann er weitgehend auf die Technik des Prius zurückgreifen. Die Motorhaube besteht trotzdem aus Aluminium, die Heckklappe aus einem Carbon-Kunststoffgemisch. Er ist also teuer und nur eingeschränkt praxistauglich, dieser Plug-in-Prius. Die Elektroprämie von 3.000 Euro hilft da nur wenig. Man merkt, dass die Plug-in-Technik für Toyota nicht unbedingt strategische Priorität hat. Die Japaner treiben bekanntlich eher das Thema Wasserstoff. Technische Daten Toyota Prius Plug-in
Quelle: mid/sp-x |