Im Laderaum eines Sprinters findet man meist glanzlose Nutzlast. Nicht bei Twain Taylor. In seinem Sprinter gibt es Scheren, Schaum und Champagner und eine Rasur für 100 Dollar.
Quelle: Benjamin Bessinger/SPX Hollywood/USA - Ron Weaver hat schon vieles in einen Mercedes Sprinter montiert: Ledersessel, Plasma-Fernseher, Barfächer, Betten, Satelliten-Anlagen oder Garagen für Geländemotorräder. Rund 300 Fahrzeuge pro Jahr rüstet der Inhaber von Automotive Design & Fabrication in San Fernando im etwas schmuddeligen Norden von Hollywood um. Doch nach einer Trockenhaube und einem Friseurwaschbecken hat bislang noch keiner gefragt. Quelle: Benjamin Bessinger/SPX Bis zu dem Tag, als Twain Taylor bei ihm auf dem Hof stand und einen Barber-Van bestellte. Das war vor etwa einem Jahr. Weaver dachte damals an eine nüchterne Blechbüchse, mit der man durch die Provinz tingeln und dem Landvolk die Haare schneiden kann. Das wäre in ein paar Tagen erledigt gewesen. 60.000 Dollar und drei Monate GeduldDoch Taylor hatte etwas anderes im Sinn und präsentierte Weaver einen detaillierten Plan für einen rollenden Luxus-Friseursalon. Der kostete Taylor fast 60.000 Dollar und drei Monate Geduld und seine Frau musste wochenlang den Schulbus fahren. Dafür ist er heute der Besitzer des wohl vornehmsten Arbeitsplatzes zwischen Manhattan Beach und Santa Monica. Wo sonst harte Plastikbänke oder enge Lederstühlchen montiert sind, thront im Barber-Van ein Prunksessel. Der Kopf des Kunden liegt auf einem weichen Kissen, die Beine ruhen auf einer Liege und die Füße stehen auf einer silbern glänzenden Raste. Dann greift Taylor ins Gebälk, tritt auf ein Quelle: Benjamin Bessinger/SPX Pedal und verwandelt den Sessel in eine Liege. Ehe man sich versieht hängt der Kopf sanft über dem Rand des Waschbeckens, das warme Wasser fließt durch die Locken und eine Schaumkrone bedeckt den größten Teil des Gesichts. Bürsten, Quasten und PastenNeben dem Waschbecken liegt das Werkzeug des Figaros: Zwei Dutzend Messer und Rasierer, Scheren, Klingen, Kämme, Bürsten, Quasten und Pasten. Dazu lauter Fläschchen mit Shampoo, Spülung, Farben und Tönung. Nur eines sieht man hier nicht: Haare. Peinlich genau achtet Taylor auf die Sauberkeit, sterilisiert sein Werkzeug nach jedem Einsatz und lässt den Verschnitt im automatischen Staubsauger verschwinden, der auf Höhe der Fußleisten montiert ist. Das Geschäftsmodell ist so schlicht wie spektakulär: „Denn egal ob Football- oder Basketball-Profi, Aktienbroker, Gangsta-Rapper oder Hollywood-Star – hier in Los Angeles gibt es jede Menge Menschen, die viel Geld aber wenig Zeit haben“ sagt Taylor. Und weil sie die knappe Zeit nicht mit dem Gang zum Friseur vertrödeln wollen, kommt der Friseur eben zu ihnen nach Hause. Quelle: Benjamin Bessinger/SPX Oder er steht unauffällig neben dem Roten Teppich und richtet den Stars nochmals die Haare, bevor sie durchs Blitzlicht-Gewitter schreiten. Grammy-Awards, Oscar-Verleihung, Filmpremiere: Wenn die Schickeria feiert, sind Taylor und seine Scheren nicht weit. Video-Server und ChampagnerTaylors ungewöhnlicher Service spart der Kundschaft Zeit. Manchmal wird er sogar an den Flughafen oder in irgendwelche Parkhäuser bestellt. Außerdem schützt der Van vor den Paparazzi, die in Hollywood gerne vor den Salons und Studios lauern. „Wer will sich selbst schon am nächsten Tag mit Lockenwicklern oder Schaum auf dem Kopf aus der Zeitung entgegen lächeln?“, sagt Taylor. Allerdings seien Rasur und Frisur für viele Kunden nur eine Nebensache, sagt Taylor. „Die wollen einfach mal ein bisschen abschalten, für sich alleine sein und mal wieder entspannt Fernsehen schauen.“ Deshalb hängen im Barber-Van überall Monitore, wo der Blick des Kunden hinfallen könnte. Dazu gibt’s einen Video-Server, ein paar hundert Kanäle Satelliten-Fernsehen, eine Soundanlage und Quelle: Benjamin Bessinger/SPX natürlich Champagner. 500 Dollar für das spontane WohlfühlprogrammKlar, all das kostet. Wer sich 48 Stunden vorher zur Rasur anmeldet, bezahlt 100 Dollar. Für das unangemeldete Verwöhnpaket bezahlt man 500 Dollar. Doch das schreckt die Kundschaft nicht ab. Der Sprinter ist sieben Tage die Woche im Einsatz. Und fast täglich bekommt der Selfmade-Mann im schwarzen Figaro-Dress Anrufe von Unternehmern, die sein Erfolgsmodell kopieren wollen und dafür seinen Rat brauchen. Und auch für den Umrüster hat der Barber-Van vieles verändert. Seit dem Umbau stehen in den Hallen von Automotive Design & Fabrication nicht mehr nur VIP-Shuttle und Party-Busse. Mittlerweile schrauben die 25 Angestellten von Ron Weaver auch an einem mobilen Nagelstudio und einem Schminksalon auf Rädern. Zuletzt hat Taylor ihm einen besonders skurrilen Auftrag vermittelt: „Mit etwas Glück bauen wir demnächst sogar einen Yoga-Truck.“ Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |