Schalter und Technik von Mercedes, ein überarbeiteter V12 und viel britische Zurückhaltung: Erste Fahrt in Aston martins neuem Gran Turismo. Der sogar leise starten kann.
Siena – Es soll ja britische Sportwagen geben, mit denen man die Nachbarn erschreckt, weil sie so laut sind. Es geht aber auch anders: Als die Mechaniker früh am Morgen ein Dutzend Supersportwagen auf den Hof des Hotels fahren, schlummern die Gäste friedlich weiter. Denn der Aston Martin DB11 das leiseste Auto, das die Briten je gebaut haben. Zumindest, wenn der Fahrer höflich ist und beim Losrollen den Silent Start-Mode aktiviert. Dann bleiben beim Anlassen die Schallklappen geschlossen, und man hört vom mächtigen Zwölfzylinder kaum mehr als ein heißeres Flüstern. Quelle: Aston Martin Das passt zu diesem Auto, das weder akustisch nach Aufmerksamkeit heischen noch alle Blicke fangen will. Natürlich fällt ein Aston Martin auf. Aber gemessen an der Konkurrenz ist der DB11 eine stille Schönheit, ohne jede Übertreibung, mit einem winzigen Heckspoiler. Und selbst der fährt nur aus, wenn das Sportprogramm aktiv und man besonders schnell unterwegs ist. Schnelligkeit ohne InszenierungBevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Deshalb ist der DB11 kein Langweiler. Man muss nur ein wenig fester aufs Gas treten. Wenn man dann noch mit den beiden Schaltern am Lenkrad Fahrwerk und Antrieb scharf schaltet, dreht der neue 5,2-Liter-V12-Turbo mit seinen 608 PS auf und brüllt wie entfesselt. Die Achtgang-Automatik von ZF wechselt die Gänge wie mit Hammerschlägen und der DB11 stürmt voran. Von 0 auf 100 in 3,9 Sekunden und bei Vollgas 322 km/h – Understatement ist das nicht mehr. Spektakulär sind nicht allein die Fahrleistungen, sondern die Art, wie man diese erlebt: Ganz anders als in anderen Fahrzeugen dieser Leistungsklasse. In einem Lamborghini sind solche Vollgasorgien automobile Pornographie, im Ferrari großes Drama und im Bentley bemerkt man sie kaum. Doch bei Aston Martin ist die Schnelligkeit so selbstverständlich, dass sie keine große Inszenierung braucht. Dabei hilft dem DB11 neben der leichten Alustruktur und der ausgeglichenen Gewichtsverteilung sein innovatives Aerodynamik-Konzept. Die Briten entlüften nicht nur geschickt die vorderen Radhäuser mit von unten genoppten Stegen in den Kiemen, damit der Bug bei hohem Tempo nicht zu leicht wird. Sie lenken den Fahrtwind auch entlang der C-Säule durch einen Tunnel, der unter dem Kofferraumdeckel endet und die Luft so ausströmen lässt, dass sie einen unsichtbaren Spoiler bildet. Das presst das Heck noch fester auf die Fahrbahn. Ein Auto für jeden TagQuelle: Aston MartinWie es sich für einen guten Gran Turismo gehört, ist der DB11 ein Kompromiss zwischen Supersportwagen und Luxuslimousine. Das gilt für das Fahrverhalten genauso wie für den Komfort in der Kabine. Die ist mit sechs Zentimetern mehr Radstand und einer deutlich entschlackten Karosserie spürbar geräumiger geworden und hübsch eingerichtet. Mit handvernähtem Leder, offenporigem Holz und schmucken Sensorfeldern gelingt die Balance zwischen peinlichem Protz und lustvoll inszeniertem Luxus. All das macht den DB11 zum perfekten Begleiter für alle Tage – die klassische Idee hinter dem Gran Turismo. Und darin steckt viel Bekanntes: Daimler gehören fünf Prozent der Aktien an Aston Martin, im Gegenzug liefert Stuttgart einige Knöpfe und viel Elektronik auf die Insel. Zum Beispiel die 360 Grad-Kamera, die beim Rangieren hilft und den DB 11 sogar auf Knopfdruck von alleine einparkt. Oder ein vernünftiges Navi, dass es ohne Daimler so bisher nicht gab bei Aston Martin. Egal wie groß die Tour im Grand Tourismo auch sein mag und wo sie einen hinführt, so findet man jetzt wenigstens auch wieder zurück. Übrigens: So klingt der V12 im DB11 Aston Martin DB11: Technische Daten
Quelle: SP-X (Benjamin Bessinger) |