Synthetisch hergestellte Bio-Kraftstoffe ermöglichen eine ausgeglichene Klimabilanz beim Verbrenner. Aktuell werden sie aus Agrargütern hergestellt, künftig aus Luft.
Köln – Zwei Faktoren machen den Verbrennungsmotor zum Problem. Fossile Kraftstoffe sind nicht unbegrenzt vorhanden. Und das Ergebnis ihrer Verbrennung schädigt Klima und Gesundheit. Seit Jahrzehnten arbeiten Autoindustrie und Wissenschaft daher an synthetischen Kraftstoffen, die unendlich verfügbar sowie mehr oder weniger umweltneutral sind. Mit Erfolg – doch ohne echte Marktchancen in absehbarer Zeit. In fernerer Zukunft wird die Bedeutung des Biosprits größer, seine Herstellung umweltverträglicher. Durch Biosprit blieben die Teller leerZuletzt sorgte synthetischer Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen für Aufsehen und große Hoffnung. Vielen galt er als schnelle und günstige Lösung des CO2-Problems. Die dahinter stehende Rechnung ist einfach: Bei der Verbrennung kann nur so viel CO2 entstehen, wie zuvor von den als Rohstoff dienenden Pflanzen (oder der Umgebungsluft) gebunden wurde. Ein Nullsummenspiel also, eine komplett ausgeglichene Klimabilanz. Hinzu kommt: Getankt werden können biologische Kraftstoffe im Prinzip an jeder konventionellen Tankstelle von allen konventionellen Autos. Anders als bei der Elektromobilität müsste sich an Fahrzeugflotte, Infrastruktur und Nutzungsverhalten nichts ändern. Durchgesetzt haben sich die Biokraftstoffe der ersten Generation trotzdem nicht. Die in den 2000er-Jahren angebotenen Flex-Fuel-Autos mit Ethanolmotor (unter anderem von Ford und Volvo) floppten in Deutschland. Der als umweltfreundlich angepriesene E10-Kraftsstoff (Bioethanol-Anteil zwischen 5 und 10%) findet bis heute in Deutschland nur wenige Fans. Weltweit sieht das bis auf einige südamerikanische Märkte nicht anders aus. Wohl wichtigster Grund für das Scheitern der ersten Biokraftstoffe war die Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Was als Sprit im Tank landete, fehlte in Entwicklungsländern auf den Tellern. Als globale Lösung des CO2-Problems war Biosprit damit gescheitert. Zu teuer für die breite MasseDas Teller-Problem ist mittlerweile gelöst. Die Biokraftstoffe der zweiten Generation nutzen nicht mehr komplette Feldfrüchte, sondern nur noch zum Verzehr ungeeignete Pflanzenreste wie Stroh oder Holzschnitze. Diese Biomasse wird in Gas umgewandelt und kann anschließend bei Bedarf verflüssigt werden. Der Fachbegriff dazu: „Biomass-to-Liquid“. Als einziger Autohersteller setzt heute Audi öffentlich sichtbar auf E-Kraftstoffe, in Ingolstadt E-Fuels genannt. Neben bereits bestehenden Syntheseanlagen für E-Gas und E-Benzin ist die Produktion von E-Diesel geplant. Jeweils aber nur in sehr kleinem Umfang. Die Herstellung in großem Stil lohnt sich nicht – angesichts niedriger Rohölpreise ist synthetischer Kraftstoff Autofahrer an der Tanke kaum in großen Mengen zu verkaufen. Für die VW-Tochter sind ihre Designer-Kraftstoffraffinerien der Versuch, beim Thema Biosprit einen Fuß in der Tür zu behalten. Neben dem aktuellen Elektro-Hype mag synthetischer Kraftstoff in der öffentlichen Wahrnehmung untergehen. Doch in Zukunft könnte er relevanter werden. Die Internationale Energie-Agentur etwa rechnet für 2045 mit einem Biospritanteil von rund 20 Prozent am weltweiten Energiebedarf des Straßenverkehrs. Kohlenstoff aus der LuftDas beträfe vor allem die dritte Generation der Biokraftstoffe. Diese verzichten ganz auf Biomasse, der für die Spritproduktion benötigten Kohlenstoff wird aus der Luft gezogen. Audi setzt bereits teilweise auf dieses Verfahren. Problem: Die Produktion ist aus Ressourcen-Sicht noch aufwendiger als bei den schon sehr energiehungrigen Biokraftstoffen der Vorgängergenerationen. Mit konventionellem Strom wäre sie extrem teuer. Mit Sonnen- oder Windkraft sähe die Sache anders aus. Riesige Solar-Kraftstofffarmen in der arabischen Wüste, direkt neben den Ölfördertürmen? Durchaus denkbar, aber erst frühestens im kommenden Jahrzehnt. Der synthetisierte Sprit könnte dann die wachsende Autoflotte Afrikas umweltschonend antreiben. Wenig effizient in der HerstellungOb der klimaneutrale Ökosprit aus der Wüste den Weg in Europas Autos findet? Fraglich. Es wäre effizienter, den Strom direkt ins Elektroauto zu laden, anstatt ihn erst verlustreich in Flüssigkeit umzuwandeln - und diese dann ebenso verlustreich in Bewegungsenergie umzusetzen. Die Herstellung von Wasserstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge mittels Strom wäre der Biosprit-Synthese in Sachen Effizienz ebenfalls überlegen. Andererseits ist das sehr flüchtige und leicht brennbare Wasserstoffgas nur schwer über weite Strecken zu transportieren. Für flächendeckende E-Mobilität müsste sich unser Nutzungsverhalten radikal ändern. Bei flüssigem Biokraftstoff könnte man konventionelle Pipelines und Tankschiffe nutzen, die Tankstellen müssten nicht groß umgebaut werden. Denkbar, dass die Zukunft des Designer-Kraftstoffes nicht im Pkw-Einsatz liegt. Biosprit könnte Fernverkehrs-Lkw, Schiffe und Flugzeuge antreiben und so zur Verzögerung des Klimawandels beitragen. Quelle: sp-x |