In anderen europäischen Ländern ist "Section Control" längst etabliert. Noch in diesem Jahr soll die Messung der Durchschnittsgeschwindigkeit auch nach Deutschland kommen.
Köln - Polizei und Behörden haben es schwer: Raser lassen sich selbst von der drohenden Lebensgefahr nicht abschrecken, geschweige denn von Bußgeldern oder drohendem Führerscheinentzug. Im Gegenteil. Die Zahl der Geschwindigkeitsüberschreitungen wächst stetig weiter. Was tun? Stationäre Blitzer schrecken nur für wenige Meter ab und ihre Standorte sind meist schnell bekannt. Selbst die Aufbauorte mobiler Kontrollen verbreiten sich in sozialen Netzwerken so schnell wie ein Lauffeuer. Außerdem sind für mobile und semistationäre Kontrollen immer Menschen nötig, die Anlagen betreiben oder warten. Mannstärke, die Behörden oder Kommunen oft fehlt. Eine Möglichkeit, weite Strecken ohne großen Aufwand zu überwachen, bietet die sogenannte „Abschnitssmessung“ oder „Section Control“. In anderen europäischen Ländern gibt es das System schon lange, in Deutschland läuft seit 2015 ein Pilotprojekt. Auf einem drei Kilometer langen Quelle: Picture Alliance Straßenstück südlich von Hannover wird die Technik getestet. Ein Trigger registriert die Durchfahrt eines Fahrzeuges unter einer Messbrücke (Eingangsquerschnitt). Kurz darauf nimmt eine Kamera ein Bild des Fahrzeughecks auf und versieht dieses mit einem Zeitstempel. Fährt das Fahrzeug durch eine weitere Brücke (Ausgangsquerschnitt), errechnet die Section Control die Durchschnittsgeschwindigkeit und gleicht diese mit der maximal zulässigen Höchstgeschwindigkeit ab. Wird diese überschritten, löst eine Kamera mit dem Fokus auf Fahrer und Kennzeichen aus – wie beim klassischen „Blitzer“. Wenig später bekommt der Fahrzeughalter einen Bußgeldbescheid per Post. "Section Control" kommt bei den Bürgern gut anDoch die Section Control soll nicht nur das Rasen eindämmen, mit Einsätzen in Baustellen, Tunneln oder auf Brücken lassen sich auch Unfälle verhindern oder Stau-Situationen im Berufsverkehr durch eine harmonischere Geschwindigkeit aller Verkehrsteilnehmer reduzieren. In England wird das System der Abschnittskontrolle bereits seit 20 Jahren genutzt, in Schottland ist der längste lückenlos überwachte Abschnitt 220 Kilometer lang. Doch woran scheitert es in Deutschland? Besonders Datenschützer äußerten bisher Bedenken. Schließlich werden viele Daten erhoben, aus denen sich ein Bewegungsprofil erstellen ließe. In der Bevölkerung dagegen kommt die Technik gut an und stößt auf mehr Gegenliebe als herkömmliche Blitzer. Man spricht hier von einer „faireren Art der Geschwindigkeitskontrolle“. Das Pilotprojekt der Abschnittskontrolle in Niedersachsen soll noch 2017 in das nächste Stadium des Tests kommen: Dann sind die Vergehen ahnbar und erste Strafen werden ausgesprochen. Momentan ist die Technik zur Überprüfung in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Dort werden seit 1958 alle Mess-Anlagen zur Geschwindigkeitsüberwachung geprüft und im Erfolgsfall genehmigt. Auch der Vorreiter der Section-Control: Die sogenannte „Funk-Stopp-Methode“ aus den 50er-Jahren, bei der Polizisten mit Funkgerät und Stoppuhr die Durchschnittsgeschwindigkeit der Temposünder ermittelten.
Quelle: dpa |