Den Anfang machte eine Kopie: 1936 baute Toyota den AA, eine asiatische Version des Chrysler Airstream. Es war die Geburt des größten Autobauers der Welt. Ein Rückblick.
Köln - Verkaufszahlen sind eine Sache. Seit Jahren ringt Toyota hier mit Volkswagen und General Motors. Und liegt seit 2013 als größter Autohersteller der Welt vorn. Doch Toyota hat etwas, das VW oder General Motors wohl nie haben werden: Eine eigene Stadt. Quelle: Toyota 1959 benannten die Japaner stolz die alte Festungsstadt Koromo nach ihrem größten Autobauer. Passend zur ersten globalen Exportoffensive wechselte der Name in Toyota - ein bis heute weltweit einzigartiger Vorgang. In Toyota befinden sich die Hauptverwaltung und nicht weniger als sieben Werke der gleichnamigen Motor Corporation. Die wird zwar erst 2017 80 Jahre alt. Doch die Geburtsstunde des Autogiganten fand schon ein Jahr zuvor statt: Mit dem Toyota Typ AA von 1936. Beginn mit einer KopieDas Kuriose: Der Toyota AA war eigentlich eine japanische Interpretation des Chrysler Airstream mit einem Chevrolet-ähnlichen Motor. Nachdem Kiichiro Toyoda seinen Vater Sakichi Toyoda Ende der 1920er-Jahre überzeugt hatte, innerhalb des Textilunternehmens Toyoda Automatic Loom Works eine Autosparte zu gründen, reiste er in die USA. Er wollte sich ein Bild davon machen, wie sich die dortige Automobilindustrie entwickelt hatte. Besonders die soliden Chevrolet überzeugten Toyoda, und er begeisterte sich für das Stromliniendesign von Chrysler. Ab 1930 scharte er ein Team von Ingenieuren um sich und entwickelte anhand der amerikanischen Vorbilder eine Limousine. Fünf Jahre später, im Mai 1935, erlebte der erste Pkw-Prototyp A-1 seine Jungfernfahrt. Quelle: Toyota Mit frustrierendem Ergebnis: Das Fahrzeug streikte nach wenigen Kilometern. Es wurde von einem Pferd zurück ins Werk gezogen. Böswillige Zungen behaupten bis heute, Kiichiros Ingenieure kopierten einfach zu perfekt: Der 3,4-Liter-Sechszylinder nach Chevrolet-Vorlage sei zwar so robust wie das truckähnliche Fahrwerk, aber die Komponenten wurden offenbar in so lausiger Qualität zusammengefügt wie beim Chrysler Airstream. Probleme, die bis 1936 ausgeräumt waren. Das Modell AA war serienreif, dazu ein offener Phaeton vom Typ AB. Ein neuer Name muss herBevor die Bänder anliefen, wurde in einem Wettbewerb noch ein neuer Name für die Firma gefunden, da diese nicht den Familiennamen Toyoda tragen sollte. Die Wahl fiel auf Toyota. Für Europäer kaum ein Unterschied. Doch dieses Wort benötigt in japanischer Schrift nur acht Zeichen und damit eine Zahl, die Glück verspricht. Und tatsächlich blieben die Glücksgötter Toyota lange Zeit gewogen. Quelle: Toyota So entgingen die Toyota-Werke im Zweiten Weltkrieg der eigentlich geplanten Bombardierung. Schon Ende 1945 erlaubten die amerikanischen Militärbehörden Toyota zudem den Wiederbeginn der Fahrzeugproduktion, was das Unternehmen zur Entwicklung des Pickups Toyopet und des Kleinwagens Toyota SA nutzte. Beide gingen 1947 als erste japanische Nachkriegsneuheiten in Serie. Nach Ausbruch des Koreakriegs beteiligte sich Toyota an einer Ausschreibung der US-Besatzer für einen japanischen Geländewagen, mit dem die USA eine japanische „Nationale Polizeireserve“ ausrüsten wollten. Beim 1951 vorgestellten Toyota BJ (B-Jeep), dem Urvater des Land Cruiser, war die Verwandtschaft zum Willys-Jeep unverkennbar. Trotzdem gaben die Amerikaner Mitsubishi und einer 1:1-Kopie des US-Jeeps den Vorzug. Toyota schwenkte um und entwickelte eine unverwüstliche, zivile Serienversion des Land Cruiser, die ab 1957 in Amerika und ab 1960 in Europa und Afrika Kultstatus gewann. Einen besseren Imageträger hätte sich Toyota nicht wünschen können. Denn die ersten Mittelklasselimousinen Crown und Corona entsprachen in Technik und Design noch nicht westlichen Standards. Masse und GlanzDoch Mitte der 60er-Jahre begannen die Japaner auf den Thron der Autohersteller zu schielen. Mit Modellen wie dem 2000 GT als erstem japanischen Supersportler (ab 1965), dem bis heute in mehr als 40 Millionen Einheiten verkauften Corolla (ab 1966), dem Sportcoupé Celica als Antwort auf Ford Capri und Mustang (ab 1970) und Familienautos wie Carina (ab 1970) und Camry (1982) wurde Toyota eine der erfolgreichsten Massenmarken. Das Image wurde durch Triumphe auf Rennstrecken zusätzlich gestärkt. Dazu kam die Entdeckung neuer Modelle, Antriebe und Segmente: Vans (Model F, ab 1983), Kompakt-SUV (RAV4, ab 1994) und – natürlich – die Hybride (Prius, ab 1997) machten Toyota größer und größer. Die Luxusmarke Lexus gab dem Massenhersteller ab 1989 Glanz. Während Lexus in Europa bis heute kaum vertreten ist, gelang in Amerika der Coup. Kurzzeitig stieg Lexus zur meistverkauften Luxusmarke auf. Und Toyota selbst erfüllte im Jahr 2008 einen Traum, den Kiichiro Toyoda wohl nie gehabt hat. Toyota wurde in den USA größte Automarke vor Chevrolet – nicht zuletzt dank amerikanischer Produktionsanlagen. Krisen kommen vorAuch in Europa waren es Werke und Kooperationen, vor allem mit deutschen und französischen Wettbewerbern, die Toyota zu einem großen Player machten. Doch der war etwas zu rasch gewachsen, wie Akio Toyoda, der Enkel des Unternehmensgründers, erkannte, als er im Krisenjahr 2009 die Konzernführung übernahm: Die Wirtschaftskrise von 2008/2009 und große Rückrufaktionen trafen Toyota hart. Toyoda richtete ein „Special Committee for Global Quality“ ein. Neben der Qualität bleibt die Kopie bewegendes Thema bei Toyota. So wie der AA von1936 eine Kopie der besten US-Vorbilder war, lädt Toyota heute alle Konkurrenten zum Kopieren ein. Damit sich der Wasserstoffantrieb rascher verbreitet, gab Toyota 2015 mit der Einführung des Mirai 5.680 Patente zur Brennstoffzellen-Technik frei. Toyota Modell-Meilensteine:
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