Scottsdale/USA – Inmitten der Wüste steht ein aufgeblasenes, giftgrünes Go-Kart. Auf den ersten Blick scheint es, als habe ein Kind das viel zu große Spielzeug in einem viel zu großen Sandkasten vergessen. Doch der Tomcar TM2 ist kein Spielzeug, sondern eigentlich eine Kriegsmaschine. Beim Outdoor-Veranstalter Green Zebra in Scottsdale in Arizona ist er jedoch ausschließlich im zivilen Einsatz und soll vor allem den Spieltrieb der Touristen befriedigen.
Der federleichte Zweisitzer, der mit bis zu 60 Sachen so wild und wendig durchs Geröll pflügt wie ein Wüstenfuchs auf der Jagd, zählt zu den besten Geländefahrzeugen der Welt. Klar sieht man damit in der schmucken Downtown von Scottsdale ein bisschen albern aus, und auf dem Highway würde man sich ziemlich klein und verletzlich fühlen. Doch in der Sedona-Wüste macht der gritzegrün lackierten Springmaus keiner etwas vor.
Halber Meter Federweg
Dort, wo Jeep Wrangler- oder Land Rover Defender-Fahrer bereits vom Gas gehen und eine Mercedes C-Klasse überhaupt erst gar nicht hinkommen würde, hat der Tomcar-Fahrer ein breites Lächeln auf dem Gesicht und den Fuß fest auf dem Gaspedal. Rund 40 Zentimeter Bodenfreiheit, einen halben Meter Federweg und Ballonreifen, die fast so breit wie hoch sind – so wühlt sich der keine 700 Kilo schwere Steinbeißer mit seinem 54 PS starken Vierzylinder unbeirrt durch die Wüste. Und dabei haben wir noch nicht einmal die Differentialsperre aktiviert oder fahren das Modell mit dem aufpreispflichtigen Allradantrieb.
In Arizona bietet Green Zebra Spaß-Touren mit den Tomcar an. Quelle: spx
„Es gibt einfach kein anderes Fahrzeug, das sich so mühelos über dieses Terrain bugsieren lässt“, sagt Green-Zebra-Chef Gred Elder über die Mischung aus Buggy, Geländewagen und Quad mit Karosse. Und noch dazu ist die Bedienung kinderleicht. „Man braucht keinerlei Erfahrung“, sagt Elder: „Einsteigen, anschnallen, Gas geben – mehr muss man nicht machen.“
Ausgefahrene Trails mit knietiefen Spurrillen durcheilen wir wie eine Steilkurve auf der Achterbahn und Steigungen nimmt der Tomcar so behände wie eine Bergziege. Selbst große Steine sind für ihn nur kleine Kiesel und keine ernstzunehmenden Hindernisse. Und jede Bodenwelle wird zur Sprungkuppe.
Problemlos in den Hubschrauber
Auch wenn man den Wagen mittlerweile vor allem von Abenteuer-Touren wie hier bei Green Zebra kennt oder ihn als Expeditionsfahrzeug im Fernsehen sieht, wurde der Tomcar TM2 eigentlich für den Krieg gemacht. Und zwar für die israelische Armee, die den Wagen zum Beispiel für die Patrouillen an den umkämpften Landesgrenzen bestellt hat. Dafür sollte er nicht nur extrem robust und geländegängig sein, sondern auch so klein und leicht, dass man ihn problemlos in einen Hubschrauber packen kann.
Zwar hat die Entwicklung gute zehn Jahre gedauert, doch dafür wurde Tomcar zum wahrscheinlich einzigen Autohersteller in Israel. Nachdem neben der eigenen Armee mittlerweile auch die britische und die australische Army bei den Israelis bestellen, die US Coast Guard im Tomcar patrouilliert und der Zweisitzer auch zwischen Indien und Pakistan auf Streife geht, dürfen nun auch Zivilisten ran. Seit 2005 können sie den kleinen Wühler für Preise ab etwa 20.000 Dollar bestellen – allerdings nicht in Deutschland. Denn einen offiziellen Vertrieb gibt es nur in Israel, Spanien, Amerika und in Australien, wohin Tomcar mittlerweile seine Produktion verlagert hat.
Kaputtgehen kann kaum etwas
Glaubt man Männern wie John, die uns als Guide auf dieser Tour begleiten, ist das lokale Servicenetz für den Tomcar weitgehend verzichtbar. „So einfach, wie dieses Gefährt konstruiert ist, kann da kaum was kaputt gehen“, sagt der Mechaniker mit Blick auf den stabilen Stahlrahmen, um den kaum mehr als eine Kunststoffkarosserie gedengelt wurde, die anstelle eines Dachs eine Plastikplane hat.
Der Tomcar TM2 wiegt nur 700 Kilogramm. Quelle: spx
Auch das Innenleben ist so schlicht, wie nur irgend möglich: Zwei Sitze, ein paar Schalter, eine Handvoll Instrumente – mehr braucht es nicht, um durch die Wüste zu kommen. Und falls doch mal etwas kaputt geht, der Antriebsriemen abspringt oder ein Getriebe abraucht, ist das auch kein Beinbruch, hat John gelernt: „Es gibt eigentlich nichts, was man nicht binnen fünf Minuten wieder repariert hat. Und zwar zur Not auch mitten in der Wüste.“
Was für den Tomcar ein Kinderspiel ist, kann für den Fahrer zum Höllenritt werden. Denn auf den buckeligen Trails hüpfen wir trotz der strammen Hosenträgergurte in dem Stahlkäfig herum wie ein Gummiball in einer Konservendose. Vor allem fressen wir jede Menge Staub und Schmutz. Schon nach fünf Minuten kratzt es im Hals, nach zehn Minuten brennen die Augen, nach einer Viertelstunde knirscht es in den Zähnen und als die Tour nach gut zwei Stunden vorbei ist, liegt im Fußraum und in den wenigen Ablagen des Cockpits so viel Sand, dass es für einen ganzen Kinderspielplatz reichen würde. Mechaniker John hat dafür nur ein Lachen übrig – und den Strahl seines Kärchers. Weil die nächste Dusche ein gutes Stück entfernt ist, würde so mancher Fahrer da am liebsten einfach sitzen bleiben.
Quelle: spx