Frankfurt – Eigentlich liegen sie ganz schön nah beieinander. Opel Insignia Grand Sport und VW Arteon sind ähnlich groß, vergleichbar motorisiert und jeweils das Topmodell ihrer Marke – SUV ausgenommen. Beide wären gern ein Coupé und lassen die Dachlinien hängen. Mit je fünf Türen klappt das Coupé-Sein aber nur im Marketing-Sprech.
Auf der IAA zeigt Opel den Insignia als GSI, außerdem zum ersten Mal den Biturbo-Diesel mit 210 PS. VW stellt Vergleichbares auf die Messe: den Arteon R-Line, verfügbar mit einem 240-PS-Selbstzünder. Beide gibt es zudem mit starken Vierzylinder-Benzinern. Zeit für einen Messevergleich.
Insignia und Arteon: Ähnliche Größe in unterschiedlichen Klassen
VW Arteon R-Line mit flotter Front und jeder Menge Lufteinlässe Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK
Das Kraftfahrtbundesamt ordnet beide Autos in der Mittelklasse ein. Mit 4,90 Metern baut der Insignia Grand Sport vier Zentimeter länger, außerdem einen Tick höher. Der Arteon ist zwei Zentimeter breiter und hat einen minimal längeren Radstand.
Innen sieht es ähnlich aus. Beide Autos liegen dicht beieinander. Hinten gibt es jeweils viel Platz an den Knien und wenig am Haupthaar, vorn bequeme Sitzpositionen. Schalter und Bedienung wirken bei VW besser durchdacht. Opel rüstet den Insignia GSI mit straffen Sportsitzen aus. Die ließen sich im Messefahrzeug allerdings nicht verstellen – die Batterie war leer. Im Arteon R-Line sitzt es sich bequemer (weil weicher), im Insignia fühlt man sich umschlossener. Beides auf angenehme Weise.
Ganz hinten bietet der Arteon mehr Platz. 563 Liter Ladung schluckt der Kofferraum. Opel gibt den Insignia mit 490 Litern Volumen an.
Baukastenlösungen und unpassende Materialien
Verspielt, aber übersichtlich und als GSI sportlich: Das Cockpit des Insignia Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK
Spannend wird es beim Cockpit. VW setzt angenehme Materialien ein und verarbeitet tadellos. Das komplette Armaturenbrett stammt allerdings vom Passat. Es wirkt fehl am Platz und hat Nachteile: Das Head-up-Display projiziert nur auf eine Plexiglas-Scheibe. Und die Induktiv-Ladestation in der Mittelkonsole ist zu klein für die meisten kompatiblen Handys. Geht aus Baukasten-Gründen nicht anders.
Opel macht beides besser. Die Geschwindigkeit wird groß und farbig auf der Frontscheibe angezeigt. Handys in allen gängigen Größen laden in einer klimatisierten Vorrichtung unter der Mittelarmlehne. Dafür wirken die Materialien teilweise billiger. Zudem gibt es noch Spielraum bei Menüführung und Display-Auflösung. Gut: Beide Autos finden einen angenehmen Kompromiss aus Schaltern und digitalen Eingabefeldern.
Die wichtigsten Assistenten und Helferlein gibt es bei Opel und VW in ähnlichem Rahmen. Spurassistent, Abstandstempomat und Parkplatz-Helfer gehören längst zum Standard. Der Arteon bekommt insgesamt aber einen Vorsprung: Ein Assistent empfiehlt einen sanften Gasfuß, wenn ein Tempolimit naht. Das Kurvenlicht orientiert sich am Navi, die Start-Stopp-Automatik am Vordermann. Und falls der Fahrer ohnmächtig wird, fährt der Arteon selbständig rechts ran. Von VW kommt also mehr Autonomie.
Opel mit 260, VW mit 280 PS
Sachlicher und etwas besser zu bedienen: Das Cockpit des Arteon Quelle: Fabian Hoberg für MOTOR-TALK
Technisch gibt es wieder mehr Parallelen. In beiden Autos sitzen die Antriebe quer unter der Haube. Sie treiben die Vorderachse oder alle vier Räder an. Schaltgetriebe gibt es (abhängig vom Motor) in beiden Autos. VW bietet optional Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe an, Opel Wandlerautomaten mit sechs oder acht Gängen.
Arteon und Insignia decken ein ähnliches Leistungsspektrum ab. Drei Opel-Benziner leisten 140 bis 260 PS, vier Selbstzünder 110 bis 210 PS. VW liegt knapp drüber: Geplant sind drei Benziner mit 150 bis 280 PS sowie drei Diesel mit 150 bis 240 PS. Bisher sind je zwei Antriebe konfigurierbar.
Die stärksten Motoren lassen sich jeweils nur mit Allrad und Automatik kombinieren. Bei VW gibt es mehr Leistung, bei Opel mehr Drehmoment. An Ampel und Tanke gewinnt laut Datenblatt der Arteon: Er hängt den Insignia um jeweils rund 1,5 Sekunden (auf Tempo 100) und gut einen Liter (pro 100 km lt. NEFZ) ab. Als Diesel rennt er außerdem 12 km/h schneller. Beide Benziner sind bei Tempo 250 abgeregelt.
Preisvergleich: Hier kommt der Klassenunterschied
Limousine mit großen Endrohrblenden: Als GSI macht der Insignia optisch auf Krawall Quelle: sb-Medien | Stefan Baldauf
Eine andere Zahl wiegt aber schwerer: Beim Preis hängt der Insignia den Arteon locker ab. Ein Basis-Arteon mit 150-Benzin-PS kostet 34.475 Euro. Das Insignia-Pendant mit 140-PS-Benziner startet bei 25.940 Euro – 8.500 Euro günstiger.
Bei den Topmotoren fällt der Unterschied ähnlich aus. Opel verkauft den Insignia mit 2,0-Liter-Benziner und 260 PS ab 41.500 Euro, den 210-PS-Diesel ab 39.295 Euro. Der Aufpreis zum GSI ist noch nicht bekannt. Der 280-PS-Benziner im Arteon kostet mindestens 49.325 Euro, der große Diesel 51.600 Euro. Ergibt einen Unterschied von rund 8.000 bzw. 12.000 Euro für die jeweiligen Basisversionen.
Beide Hersteller denken durchaus über Sechszylindermotoren nach. Ein Insignia OPC mit V6 Turbo und rund 400 PS ist technisch nicht weit hergeholt, wird beim Opel-Sanierungsplan aber nicht oberste Priorität genießen. Auch am Hybridstrang, den Chevrolet auf gleicher Basis im Malibu anbietet, dürfte kein allzu großes Interesse bestehen.
VW äußerte sich schon konkret zu Prototypen mit einem VR6 Turbo. Möglich sind Versionen mit 2,5 oder 3,0 Litern Hubraum und etwa 350 PS. Hierfür muss die Nachfrage stimmen. Ein Plug-in-Hybrid ist bei VW schon beschlossen.
Fazit
Trotz aller Ähnlichkeiten richten sich die Autos an unterschiedliche Zielgruppen. VW beschreibt den Arteon am liebsten als Luxuslimousine, hält ihn aber dicht am Passat. Rahmenlose Fenster und mehr Autonomie sind hübsche Details, aber nicht für jeden ein echtes Kaufargument. Gegenüber dem Insignia punktet er vor allem bei Innenausbau und Fahrleistungen, zudem mit einer besseren Ergonomie.
Bei Größe und Sitzposition liegen beide Autos ungefähr gleichauf. Für den Insignia sprechen schönere Lösungen bei Head-up-Display und induktiver Ladefunktion, vor allem aber der Preis. Auch, wenn dem Insignia LED-Lampen in der Basis fehlen: Bis zu 12.000 Euro Unterschied laut Liste lassen viel Spielraum. Zumal es ein Navi serienmäßig gibt.