Die Triumph Roadster TR 3, TR 4 und TR 6 lassen heute längst verblasste Fahrerlebnisse wieder leuchten - wie intensiv, kann jeder selbst entscheiden. Die Triumph-Kollektion bietet die passende Auswahl. Was drängt uns ins windige Cockpit eines klassischen britischen Roadsters wie der TR-Reihe von Triumph? Ist es die Sehnsucht nach dem puren Fahrvergnügen oder gar die Midlife-Krise? Egal. Wer keine übertriebenen Vorstellungen von Verarbeitungsqualität hat, und wer nicht gleich bei jedem Klappern oder einem Öltröpfchen am Motor hektisch den Pannendienst alarmiert, besitzt mit Triumph TR 3, TR 4 oder TR 6 zumindest eines: gute Chancen, um mit einem echten britischen Roadster glücklich zu werden. Triumph baute die TR-Reihe von 1953 bis 1981 Viele beschränken aber ihre Beziehung auf ein gelegentliches Happy Weekend. Christoph Dorscheid, Spezialist für britische Sportwagen in Friedrichsthal bei Saarbrücken, empfiehlt jedoch eine drastische Anhebung der Roadster-Dosis: zum Beispiel auf mindestens ein Mal täglich. Dies ist völlig rezeptfrei möglich und wird tatsächlich praktiziert. Als Beweis trieb Dorscheid drei Exemplare direkt aus dem Alltagsbetrieb in unsere Arme. Drei ungeschweißte, weit gehend unverfälschte Fahrzeuge aus der Triumph-Kollektion. Sie alle gehören zur legendären TR-Baureihe, die 1953 anlief und vom urigen Triumph TR 2 bis zum keilförmigen Triumph TR 8 reicht. Aus den dazwischen liegenden rund 28 Jahren stammen unsere Kandidaten. Doch taugen sie wirklich für den täglichen Einsatz? Für etwas Entspannung sorgt in diesem Fall die Tatsache, dass es sich bei diesen Triumph TR 3, TR 4 und TR 6 nicht um toprestaurierte Fahrzeuge handelt, sondern um solche mit Gebrauchsspuren. Sie lassen sich stressfreier durch den Verkehr dirigieren und können auch mal ohne Aufsicht auf dem Supermarkt-Parkplatz stehen bleiben. Wer jetzt naiv ins Feld führt, dass diese Triumph-Roadster schließlich auch zu ihrer Bauzeit im Alltag bewegt wurden, erlebt womöglich eine Überraschung. Speziell einem Oldtimer- Novizen, der nur Automobile mit Servolenkung, ESP und Klimaanlage kennt, vermittelt die Bekanntschaft mit dem ältesten Triumph TR in unserem Trio ungeahnte Eindrücke. Triumph TR 3 - Heizung nur als Extra So muss sich ein Tierfreund fühlen, der statt im Berliner Zoo im Jurassic Park landet. Schon optisch distanziert sich dieser 1959 in Coventry zur Welt gekommene Triumph TR 3A mit seinen Froschaugen und den an Vorkriegszeiten erinnernden Kotflügelformen meilenweit von einem modernen Auto. Die niedrige Tür verleitet zu einem coolen Sprung ins Passagierabteil, was aber nicht empfehlenswert ist. Man landet auf dem Sitzkissen. Und der Versuch, die Beine zwischen Sitz und Federspeichenlenkrad einzufädeln, könnte das Sprungbrett für eine Karriere als neuer Mr. Bean sein. Steigen wir also auf die konventionelle Art ein und nehmen hinter dem stattlichen Steuer Platz. Es misst 43 Zentimeter im Durchmesser, wegen der räumlichen Enge hält man es wie ein Kurzsichtiger seine Tageszeitung. Doch nicht nur die Sitzposition mit angewinkelten Armen lässt an Opas abenteuerliche Zeiten denken. Wen es beispielsweise nach einem Seitenfenster gelüstet, muss dazu die hoffentlich nicht daheim vergessenen Steckscheiben montieren. Sie werden von so genannten Dzus-Verschlüssen mit Hilfe eines Vierkantschlüssels an den Türen befestigt. Und wer leicht fröstelt, sollte sich vor dem Kauf eines Triumph TR 3 vom Vorhandensein einer Heizung überzeugen. Diese gab es damals nur als Extra. Importeur Walter Hagen in Krefeld stellte dafür 1961 exakt 180 Mark in Rechnung. Um sie zu aktivieren, muss der Triumph TR-Fahrer wie ein Maschinist unter der Motorhaube einen Messinghahn öffnen. Ein Triumph TR 3-Detail, das sich bei heutigen Autobauern wachsender Beliebtheit erfreut, ist der Starterknopf. Mit ihm aktiviert der Fahrer einen archaischen Vierzylinder-Motor mit untenliegender Nockenwelle. Dessen hängende Ventile werden über Stößelstangen und Kipphebel betätigt. Lautstark meldet sich die Zweiliter-Maschine zu Wort. Sie ähnelt vom Charakter her eher einem bulligen Schiffsdiesel als einem hoch drehenden Sportmotor. Ihr ungeniert kräftiger Ton, der zwischen 2.500 und 3.000/ min durch Mark und Bein geht, passt genauso zum Image eines urtümlichen Roadsters wie ein umständlich zu handhabendes Verdeck. Im TR 3 tobt ab 100 km/h ein kleiner Orkan Auch in dieser Beziehung enttäuscht der Triumph TR 3 nicht. Aber besonders in der Disziplin Frischluftzufuhr entpuppt er sich als Meister. Die tief ausgeschnittenen Türen haben zur Folge, dass ab 100 km/h ein heftiger Wind durchs Cockpit fegt. Und wer dieses Frischluftbad intensivieren will, kann bis auf über 160 km/h beschleunigen. In den 50er Jahren war dies ein respektabler Wert für einen Sportwagen, der zudem noch ausgesprochen günstig angeboten wurde. Mit einem Preis von 8.990 Mark kostete er nur etwas mehr als die Hälfte eines 75 PS starken Porsche 1600 Super Cabrios, das er in puncto Leistung um 20 PS übertrumpfte. Hingegen lässt das Handling zu wünschen übrig. So wartet die Alford & Alder- Schneckenlenkung zwar mit einer äußerst direkten Übersetzung auf (2 1/4 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag), aber es fehlen ihr die Rückstellkräfte. Und sie lässt sich so schwer bedienen, als seien vorn Zwillingsreifen montiert. In engen Kehren und besonders beim Rangieren muss sich der Triumph TR 3-Pilot deshalb ordentlich abmühen. Selbst auf der Geraden will der Triumph TR 3 immer wieder mit leichten Lenkkorrekturen auf Kurs gehalten werden. Das bringt uns zum Thema Fahreigenschaften. Wie Triumph-Kenner wissen, kamen beim Ur-TR Fahrwerkskomponenten zum Einsatz, die bei Ausgrabungen im eigenen Typen-Programm gefunden wurden. Dem von BRM kommenden Ken Richardson gelang es, das abenteuerliche Chassis so weit zu zähmen, dass die ersten Triumph TR guten Gewissens ausgeliefert werden konnten. Sogar auf den Rallyepisten schlugen sich diese Autos, die wie alle Triumph TR in Amerika viele Freunde fanden, dann recht wacker. Dennoch, die hintere Starrachse mit ihren Blattfedern und Hebelstoßdämpfern sorgt auf unebenen Strecken für freudige Sprünge des Hecks und für erhöhten Pulsschlag beim Fahrer. Zum Glück gibt es aber heute genug glatt gebügelte Straßen, auf denen sich der Triumph TR 3 mit modernen Radialreifen recht zügig bewegen lässt. Deutlicher Fortschritt beim TR 4 Fest steht, der TR 3 ist ein wilder Hund, den zu bändigen Spaß macht. Er ist ein zuverlässiger Sportwagen für Naturburschen, die gern mit körperlichem Einsatz fahren, und die mit der nötigsten Ausstattung zufrieden sind. Betont praktisch ist dieses Auto nicht. Steigen wir um in den Triumph TR 4. Er entführt uns in zivilisiertere Zonen des Roadster-Fahrens. Das trifft sogar auf die ersten Versionen zu, die weit gehend ohne Studienreisen der Triumph-Ingenieure ins technische Neuland entwickelt wurden. Immerhin, das Michelotti-Kleid macht sich gut auf dem stabilen Rahmen. Zudem bietet es neben mehr Schutz vor dem Fahrtwind einen reisetauglichen Kofferraum. Sogar mit seitlichen Kurbelfenstern wartet der Triumph TR 4 auf. Zwar ist das steil stehende Federspeichenlenkrad geblieben, aber der Fahrer muss nun nicht mehr zwangsläufig mit angewinkelten Armen dahinter sitzen. Der Schalthebel, der beim Triumph TR 3 etwas unter das Instrumentenbrett gerutscht ist, reckt sich griffgünstig bis dicht ans Lenkrad, was wir ebenso positiv registrieren wie das fehlende ?Schromm? beim Einlegen des ersten Gangs. Der Triumph TR 4 hat nämlich ein voll synchronisiertes Vierganggetriebe. Der gusseiserne Motor bietet trotz zusätzlicher 150 cm3 Hubraum keine Überraschungen: Er imponiert mit seiner Elastizität und bietet ordentlich Dampf bei niedriger Drehzahl. Zwar brüllt er nicht mehr ganz so ungeniert, doch Ohren und Maschine danken es, wenn sich die Nadel des Drehzahlmessers auf Dauer nicht allzu dicht an die 5.000er-Marke schmiegt. Ein Overdrive ist daher für Autobahnreisen ratsam. Sollte er nicht vorhanden sein, kann man ihn nachträglich implantieren. Umrüstgedanken mögen auch manchen Triumph TR 3-Besitzer plagen, wenn er einmal einen Triumph TR 4 mit seiner präziseren und leichtgängigeren Zahnstangenlenkung durch den kurvigen Schwarzwald chauffiert hat. Möglich ist dieser Umbau schon, aber mit gut 2.000 Euro nicht ganz billig. Noch einen Tick angenehmer im täglichen Gebrauch erweist sich der TR 4A, mit dem wir auf Tour gingen. Er bietet zum Beispiel eine leichter und schneller schließbare Kapuze und in der Europa-Version eine Hinterachse mit Einzelradaufhängung. Diese erfreut mit mehr Bodenhaftung, wenn wir über unsere Lieblings-Schlaglochpiste brettern - und einem Hauch mehr Komfort. Müheloses Fahrvergnügen mit akustischer Traumkulisse - TR 6 Wer also eine praktischere Ausgabe eines TR 3 sucht, sitzt in einem frühen TR 4 richtig, während beim TR 4A die urigen Charakterzüge etwas geglättet sind. Die geringsten Kompromisse verlangt jedoch der Dritte in unserer Runde, ein TR 6 von 1970, der übrigens von allen dreien heute am günstigsten zu haben ist. Allerdings wirkt seine Karmann-Karosserie deutlich sachlicher, was auch für das Instrumentenbrett früher Versionen gilt. Die Uhren mit mattschwarzer Einfassung lassen das vom Triumph TR 4 bekannte schmucke Erscheinungsbild vermissen. Erst ab Modelljahr 1973 kehrt der Chrom zurück. Die wahre Faszination des Triumph TR 6 stellt sich aber ein, sobald wir den Zündschlüssel drehen. Das Lied, das der 2,5 Liter große Sechszylindermotor anstimmt, wenn er zunächst leicht gurgelnd und dann in tiefster Tonart sauber aus Kellerdrehzahlen hinaufdreht, fordert geradezu den Druck auf die Repeat-Taste heraus. Dieses Klangerlebnis beim Gasgeben, das kurzzeitige Einsacken des Hecks und der zügige Gewinn an Fahrt machen geradezu süchtig. Natürlich geht das in Relation zum Triumph TR 6 PI (Petrol Injection) schwächere, jedoch besser verfügbare Vergaser-Modell nicht so heftig zur Sache. Aber TR-Experten schnüren auf Wunsch gern ein Tuningpaket. Das Fahren eines Triumph TR 6 ist von erstaunlicher Mühelosigkeit geprägt - speziell im Vergleich zu seinen Urahnen. Lenkung und Schaltung lassen sich mit akzeptablem Kraftaufwand bedienen, auch das Fahrwerk mit der beim Triumph TR 4A eingeführten Schräglenker-Hinterachse stellt keine unlösbaren Aufgaben. Es bietet serienmäßig einen Kurvenstabilisator und endlich auch einen Bremskraftverstärker. Zwar hielt bereits 1956 beim Triumph TR 3 die vordere Scheibenbremse Einzug, aber am erforderlichen kraftvollen Pedaldruck änderte dies nichts. Für Neueinsteiger in die Roadster-Szene ist es wohl am ehesten vorstellbar, einen Triumph TR 6 für die tägliche Frischluftdusche zu nutzen. Wenngleich auch bei ihm Klappern zum Handwerk gehört und von wahrem Komfort nicht die Rede sein kann. Doch letztlich ist es wie beim Schuhe kaufen: Jeder muss selbst ausprobieren, welcher ihm am besten passt.
Quelle: Motor Klassik |
verfasst am 19.05.2011
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