1986 warf Opel einen dicken Stein in den Teich der oberen Mittelklasse: Der aerodynamische Omega ärgerte vor allem den ein Jahr zuvor eingeführten Ford Scorpio.
Köln - Enger konnte das Rennen nicht sein zwischen Köln und Rüsselsheim. Beide wurden nacheinander mit Medienpreis „Auto des Jahres“ ausgezeichnet, beide erzielten aerodynamische Bestwerte, beide brachen mit den Konzepten ihrer Vorgänger und beide brachten die süddeutschen Marken ins Schwitzen. Opel Omega und Ford Scorpio waren revolutionär. So sehr, dass mancher Stammkunde von Rekord und Granada entsetzt war. Vor allem das neue Ford-Flaggschiff verärgerte viele Granada-Käufer. Gab es doch zunächst keinen klassischen Kombi, sondern nur ein fünftüriges Schrägheck. Dafür erschloss der große Ford neue Kunden, zumal mit technischen Finessen wie ABS, Allradantrieb und der ersten beheizbaren Frontscheibe. Dass er nach zehnjähriger Bauzeit durch ein Facelift einen Fischmaul-Kühlergrill und Glupschaugen erhielt, ist ein anderes Kapitel. Quelle: Opel Weniger mutig war Opel beim Omega: Mit klassichem Stufenheck und bewährtem Kombi tröstete Rüsselsheim seine Stammkundschaft über neues Design und moderne Technik hinweg. Omega sei eine Abkürzung für „Opel macht endlich gute Autos“, erklärte der Volksmund gar. Wie gut der Omega war, zeigte sich in Vergleichstests mit Mercedes und BMW. Hier platzierte sich der große Opel sofort auf Platz eins. Ein Opel, der E-Klasse und 5er keine Chance ließ, das war ein Imageschub für die Rüsselsheimer. Innovative Technik aus Köln und RüsselsheimZu den Stärken des Opel zählte seine außergewöhnliche Spurtreue in extremen Fahrsituationen. So brach er selbst bei heftigen Bremsmanövern auf je nach Rad unterschiedlichen Untergründen nicht aus: der negative Lenkrollradius lenkte das stärker abgebremste Rad in die stabile, sogenannte Vorspur. Den Scorpio gab es dafür schon im ersten Verkaufsjahr mit neuartiger Technik wie ABS, Allrad und Visko-Sperrdifferential. Das überzeugte auch Interessenten des nur wenige Monate früher eingeführten Audi 100 quattro (C 3). Während der Opel eher sportlich straff federte, erklärten die Medien den Fahrkomfort des Ford zum Feinsten seiner Klasse. Fast 5.000 Vorbesteller dürfte dies bestätigt haben. Zufrieden erklärte Ford-Deutschland-Chef Daniel Goeudevert: „Das ist der beste Verkaufsstart, den bisher ein Ford hatte“. Auch Ford-Europa-Chef Bob Lutz war glücklich. Irrtum von Bob Lutz: Kein KombiLutz verfolgte mit dem so genannten Aeroheckdesign und angedeuteter Stufe die Strategie „Eins statt drei“. Kein extra Kombi oder Stufenheck also. Am Ende entpuppte sich die Beschränkung aufs Schrägheck jedoch als krasse Fehleinschätzung der Bosse. Der fehlende Kombi beschränkte den Ford Scorpio nach dem Abverkauf der letzten Granada Turnier deutlich im Erfolg. In Großbritannien, für Ford ebenso wichtig wie Deutschland, fehlte dem neuen Flaggschiff obendrein spürbar die Stufenheck-Variante. Ein Fehler, der erst fünf Jahre später durch eine viertürige Limousine korrigiert wurde. Nochmal zwei Jahre ließ sich Ford mit dem Kombi Zeit. Quelle: Ford Opel und der englischen Schwestermarke Vauxhall kam Fords Fehleinschätzung zugute. Anfang der 1990er Jahre verkaufte General-Motors (GM) Töchter so je nach Markt bis zu 15mal mehr Omega als Ford Scorpio. Kinderkrankheiten im großen OpelDennoch litt auch der vom Wind geformte Businessliner (cw 0,28) an Kinderkrankheiten. Mehr als zwei Milliarden Mark hatte Opel in die Entwicklung des Omega investiert, eine halbe Milliarde mehr als Ford in den Scorpio. Das üppige Budget bescherte dem Omega eine futuristische Bordelektronik, elektronisch regelbare Fahrwerksdämpfung und neue, computergesteuerte Produktionsanlagen. Zu viel Innovation in zu kurzer Entwicklungszeit? Viele Kunden klagten über Fehlfunktionen von Bauteilen. Den Erfolg dämpfte das nicht nachhaltig. Wie der größte Ford überzeugte der Fullsize-Opel durch das Argument: „viel Auto für wenig Geld“. Der Omega Caravan prunkte mit riesigen 1.850 Liter Kofferraumvolumen, da konnte nicht einmal der 1992 neue Ford Scorpio Turnier (1.600 l) mithalten. Um den Platz an der Sonne stritten Opel und Ford heftig. Warb Ford 1985 mit verstellbarem Lenkrad und den ersten höhenverstellbaren Sicherheitsgurten vorne, folgte Opel ein Jahr später mit „der weltweit ersten Gurthöhenverstellung auch hinten“. Hatte Ford den Marktstart des Scorpio verschoben, um die Katalysatortechnik vorzubereiten, konterte Opel mit einem serienmäßig schadstoffarmen Omega ab Marktstart. Gab es den Scorpio schon im Startjahr als 2,8-Liter-V6-Allradmodell mit Ghia-Ausstattung, konterte Opel 1987 mit dem 222 km/h schnellen Sechszylinder-Omega 3000. Schnellste Serienlimousine: Lotus Omega Zum 125-jährigen Opel-Jubiläum setzte Rüsselsheim noch eins drauf: Der 1989 vorgestellte Lotus Omega leistete 377 PS, genug für 280 km/h und den Titel als weltweit schnellste Serienlimousine, abgesehen vom Alpina B10 Turbo. Der mit 125.000 Mark exorbitant teure Lotus Omega forderte Ford: Möglichst viel Leistung zum kleinen Preis lautete die Kölner Antwort, der 1991 eingeführte Scorpio 2.9 24 V mit Cosworth-Zylinderkopf und 195 PS. Gönnte GM dem Omega noch eine zweite Generation, die bis 2003 gebaut wurde und sogar als Cadillac Catera debütierte, musste dem Scorpio ein gründlich misslungenes Facelift genügen. Heute hat dieser skurrile Scorpio Kultpotential, aber das gilt auch für den Omega als letzten klassischen Opel mit Hinterradantrieb. Chronik: Ford Scorpio und Opel Omega
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