Luft statt Wasser: Moto Guzzi hat für die V9 Roamer einen neuen Motor nach klassischem Muster entwickelt - und das ist gut so. Erster Test des luftgekühlten Allrounders.
Mandello del Lario/Italien - Das rote Tor am Haus Nummer 63 der Via Emanule Parodi öffnet sich nur noch selten. Die Zufahrt zum Areal des vor 95 Jahren gegründeten Motorradherstellers Moto Guzzi in Mandello del Lario am Comer See ist schon vor einigen Jahren verlegt worden. In die nahe Via Baraggia, dort, wo auch große Sattelschlepper durchs Tor passen. Es ist nicht so, als würde Moto Guzzi nur annähernd so viele Zweiräder montieren, wie es der historischen Bedeutung der Marke entspräche. Trotz der Einführung des Prestigemodells California 1400 im Jahr 2014. Doch der Piaggio-Konzern steht als Eigentümer eisern zu diesem herausragenden Stück italienischer Industriekultur und steckt weiterhin viel Geld ins Überleben von Moto Guzzi. Es gilt schließlich, bald das Hundertjährige Jubiläum zu feiern. Und dabei soll die neue V9 Roamer eine tragende Rolle spielen. Mit klassischer Luftkühlung neu entwickeltDie neue Mittelklasse-Guzzi wurde ganz klassisch als Allround-Motorrad konzipiert. Wie bei Guzzi üblich, recken die beiden schräg stehenden Zylinder ihre schön gestalteten, schwarzen Zylinderhauben in den Fahrtwind. Der Zeitgeist mag wassergekühlte Motoren mit Vierventil-Zylinderköpfen bevorzugen, Guzzi setzt weiter auf zwei Ventile und Luftkühlung. Der neue, 853 Kubikzentimeter große V2-Motor wurde fast vollständig neu entwickelt. Mit dem in der V7 weitergebauten 744-Kubik-V2 hat der V9-Motor nur noch das Motor- und das Getriebegehäuse gemeinsam. Die 55 PS sind nicht das, was man ein Pfund nennt, aber das Triebwerk läuft weich. Schon ab 2.000 Umdrehungen steht genügend Drehmoment zur Verfügung. Deshalb muss das gut gestufte, leicht schaltbare Sechsganggetriebe seltener als erwartet bemüht werden. Leichte Fahrbarkeit ist die Stärke der V9 RoamerAus dem Schiebebetrieb nimmt der V2-Motor etwas ruppig Gas an, weshalb man zum Beispiel Serpentinen mit etwas Druck auf der Hinterradbremse angenehmer absolviert. Doch insgesamt passt der Antrieb bestens zur V9 Roamer. Leichte Fahrbarkeit und hohe Benutzerfreundlichkeit soll dieses Italo-Moto der 200 Kilogramm-Klasse auszeichnen. Ziel erreicht. Quelle: Moto Guzzi Die V9 Roamer lenkt leicht in Kurven ein und hält den Radius problemlos. Übliche Landstraßentempi stellen das Fahrwerk vor keinerlei Probleme. Auf gut asphaltierten Straßen sind erstaunliche Kurvengeschwindigkeiten möglich. Der großen Schräglagenfreiheit sei Dank. Wird der Straßenbelag schlecht, bleibt das dem Fahrer nicht verborgen: Die knapp 10 Zentimeter Federweg am Hinterrad sind schnell aufgebraucht. Überzeugen kann die Bremsanlage mit je einer Scheibenbremse vorne und hinten. Das ABS regelt zeitgemäß feinfühlig. Die V9 Roamer zielt auf die Triumph Street TwinAuch sonst ist die Ausstattung umfangreich. Eine elektronische Traktionskontrolle, Wegfahrsperre oder USB-Anschluss sind für diese Fahrzeugkategorie sehr gut, eine automatische Blinkerrückstellung nicht selbstverständlich. Schöne Details wie die Lenkerschalter fangen das Auge, das zentrale Rundinstrument wirkt angenehm dezent, ein kleines Display zeigt auf Knopfdruck weitere Informationen an. Die neue Moto Guzzi V9 Roamer zielt geradewegs auf die ebenfalls nagelneue Triumph Street Twin: Hubraum, Motorleistung, Fahrzeuggewicht und sogar die Sitzposition sind ähnlich. Mit 9.990 Euro kostet die Italienerin rund einen Tausender mehr als die Engländerin. Dafür bietet sie einen wartungsfreien Kardanantrieb. Und die reine Luftkühlung verleiht ihr ein offenbar zukunftsfähiges Alleinstellungsmerkmal. Guzzis 100. Geburtstag kann also kommen. Moto Guzzi V9 Roamer: Technische Daten
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