Friedrichsdorf – Die deutsche Motorradpresse war irritiert, als Kawasaki 1994 seinem Modell ZX-9R den Beinamen Ninja gab. Was soll ein Motorrad mit einem schwarz gewandeten Karate-Kämpfer zu tun haben? Das war in Europa nicht leicht zu vermitteln. Doch Kawasaki blieb bei dieser Namensgebung. Denn sie war in den USA bereits erfolgreich. Dort hörte schon 1984 das Sportbike GPZ 900 R auf diesen Beinamen.
Für die Versicherung gedrosselt
Kawasaki Ninja ZX-10R: 200 PS stark, 201 Kilogramm schwer und 17.000 Euro teuer Quelle: Kawasaki
Die GPZ 900 R besaß bei ihrem Erscheinen einige revolutionäre Merkmale. Sie war das erste Motorrad, bei dem serienmäßig 16 Ventile für den Gaswechsel des Vierzylindermotors zuständig waren. Ihr bis zu 115 PS starker Reihenmotor hatte erstmals eine außen liegende Steuerkette, was identische Ein- und Auslasskanäle bei den vier Zylindern ermöglichte.
Dass die GPZ trocken 228 und fahrfertig 254 Kilogramm wog, störte vor 30 Jahren niemanden. Die GPZ 900 R galt als heißester Ofen auf den Straßen, auch wenn sie in Deutschland fast ausschließlich als 98-PS-Version unterwegs war. Zu jener Zeit hatten sich die Zweiradhersteller auf ein „Gentlemen Agreement“ geeinigt und beschränkten die Maximalleistung auf 100 PS. Wegen der niedrigeren Versicherungsprämien wurden dann zumeist 98-PS-Versionen entwickelt.
„Ninja“: Erst nach zehn Jahren in Deutschland
Dass der Hersteller die leistungshungrigen US-Kunden mit dem Beinamen Ninja beeindrucken wollte, blieb den europäischen Käufern der GPZ 900 R verborgen. In den ersten zehn Jahren setzte Kawasaki Deutschland den Namen aus. Das änderte sich erst, als Kawasaki nach mehreren Weiterentwicklungen der GPZ 900 R eine neue Nomenklatur einführte und die Bikes sportlicher gestaltete. Die erste Maschine hieß ZX-9R, ein Motorrad mit 899 Kubikzentimetern, vier Zylindern und 141 PS.
Nicht alle sind grün: Kawasaki verkauft die Ninja auch in anderen Farben Quelle: Kawasaki
Mit ihr erreichte der Beiname Ninja Deutschland und Europa. Schon ein Jahr später baute Kawasaki die Ninja-Reihe aus: Die kleinere ZX-6R fuhr mit einem Aluminium-Gussrahmen. Er half, das Gewicht auf 206 Kilogramm (fahrfertig) zu reduzieren. Nach mehreren Weiterentwicklungen leistet die ZX-6R heute 128 PS bei 191 Kilogramm Gewicht (fahrfertig) und kostet knapp 12.000 Euro.
Von der ZX-9R setzte Kawasaki Deutschland in den zehn Produktionsjahren von 1994 bis 2003 21.650 Exemplare ab, von der ZX-6R von 1995 bis 2013 sogar 27.570 Stück. Bis zu 3.100 „Sechser-Ninjas“ konnten die Händler in Deutschland pro Jahr verkaufen. Im schlechtesten Jahr waren es nur vier.
Zwischenmodell und Renner: Ninja 750 und 1.200
Bald nach dem Erscheinen der ersten ZX-6R weitete Kawasaki die Ninja-Reihe auf drei Modelle aus. Zwischen 900er und 600er ergänzte Kawasaki 1997 ein 750er Modell. Die Ninja ZX-7R erhielt zudem ein nochmals sportlicheres Schwestermodell ZX-7RR; beide besaßen einen 748 Kubikzentimeter großen Vierzylinder-Reihenmotor mit (undgedrosselten) 122 PS. Die einsitzige RR fungierte als Homologationsmodell für die Superbike-Weltmeisterschaft, wurde in vier Jahren aber nur 127 Mal verkauft. Die ZX-7R fand von 1996 bis 2002 immerhin 5.583 Käufer.
Zum Jahrtausendwechsel packte Kawasaki dann mit der Ninja ZX-12R den Leistungshammer aus: 1.199 Kubikzentimeter, 178 PS und ein Höchsttempo von 308 km/h waren das Maß der Dinge. Sie galt für kurze Zeit als schnellstes Serienmotorrad der Welt. Das überzeugte die Käufer: Kawasaki verkaufte 1.704 „Zwölfer“ für mindestens 27.000 DM im Jahr 2000. Insgesamt summierte sich der Absatz bis 2006 auf 5.281 Stück.
Ninja ZX-10R: Das stärkste Bike der Welt
Ninja ZX-6R 636 aus dem Modelljahr 2014 Quelle: Kawasaki
Als Folge einer Regeländerung der Superbike-WM brachten die Japaner mit der Ninja ZX-10R im Jahr 2004 das stärkste Superbike der Welt auf den Markt: Die 1000er Ninja leistete 175 PS bei 170 Kilogramm Trockengewicht. Die aktuelle Version leistet bei einem fahrfertigen Gewicht von 201 Kilogramm 200 PS bei 13.000 Umdrehungen und kostet mit ABS knapp 17.000 Euro.
Zuletzt hat Kawasaki die Ninja-Baureihe nach unten erweitert. 2008 kam in Deutschland die Ninja 250R auf den Markt. Die 33-PS-Maschine verkaufte sich trotz des geringen Hubraums gut. Seit 2013 ist dieses Modell zur Ninja 300 aufgewertet worden; ihr 296 Kubikzentimeter großer Reihen-Zweizylindermotor leistet mittlerweile 39 PS bei 11.000 Umdrehungen.
Während Kawasaki mit dem aktuellen Verkaufszahlen der kleinsten Ninja durchaus zufrieden ist, finden die größeren Modelle aktuell überall in Europa nur sehr schwer Käufer. Der Zenit der Supersportler scheint überschritten. Doch die Ninja fährt weiter: Insgesamt konnte der Hersteller in 20 Jahre knapp 74.000 Maschinen absetzen – nicht nur im charakteristischen Giftgrün.