Er sieht spacig aus und fährt rein elektrisch, ist im Grunde aber ein ganz braves Mini-SUV: Hyundai sucht beim Kona Elektro nach neuer E-Normalität. Außer beim Preis.
Oslo – Die Reichweite, die reicht einfach nicht. So lautet das Mantra der Elektro-Skeptiker. Nur: Es stimmt nicht mehr. Die Reichweite reicht bei vielen neuen Modellen – auch für weitere Trips. Das trifft nicht nur auf die Luxusautos von Tesla oder Jaguar zu, sondern auch auf bodenständigere Elektroautos wie Opels Ampera-E. Ab August außerdem für den neuen Hyundai Kona Elektro. Hyundai versieht den Kona Elektro mit zwei starken Argumenten. Erstens, er fährt als erster reiner Stromer im extrem angesagten Segment der Mini-SUV. Zweitens, ganz wichtig: Die Reichweite reicht. Wer täglich zur Arbeit, am Wochenende ins Grüne und in den Ferien mal ans Meer möchte, der braucht mit dem Kona Elektro im Grunde keine Kompromisse einzugehen. Quelle: Hyundai Das koreanische SUV zieht bis zu 64 kWh aus seiner flüssigkeitsgekühlten oder im Winter beheizten Lithium-Polymer-Batterie. Die breitet sich praktisch unter der kompletten Kabine aus. Das erhöht im Vergleich zum konventionellen Kona die Sitzposition. Für großgewachsene Fahrer ist sie bereits zu hoch. Das verstellbare Lenkrad (Länge und Höhe) kann nicht kompensieren, dass es für Fahrer um 1,90 Meter eng wird. Auch die Passagiere auf der Rückbank sitzen vergleichsweise beengt und müssen mit der Besatzung der ersten Reihe mitunter um die Zentimeter feilschen. Die Elektro-Ausstattung im Unterboden kostet knapp 40 Liter Kofferraum, 322 statt 361 Liter kann der elektrische Kona noch einladen. Das bedeutet vor allem, dass unter dem Ladeboden kein ernsthaftes Staufach verbleibt. Das Augenmerk der Koreaner lag offenbar eher auf der Wendigkeit: Mit 4,18 Metern Länge überragt der Kona heutige Kleinwagen nur geringfügig. Bis auf den Grill ein KonaVon außen erkennt man den Kona Elektro leicht an seinem futuristischen Grill aus Kunststoff. Unter einer Klappe findet sich dort der Anschluss für den CCS Typ 2 Stecker. Ein LED-Ring leuchtet auf, wenn das Fahrzeug lädt. Ein Display zeigt von außen den Ladefortschritt an. Abgesehen davon ist der elektrische Hyundai Kona eben ein Hyundai Kona. Und genauso übersichtlich, dank großer Glasflächen und klar erkennbarer Kanten. Quelle: Hyundai Das gilt auch im Cockpit, mit Ausnahme der Schaltkulisse mit vier Druckknöpfen. Die eingebauten Materialien, wie das großflächig unterschäumte Armaturenbrett, wirken qualitativ ordentlich, aber pragmatisch. Der Klasse „Mini-SUV“ ist das angemessen, es fühlt sich aber eher bodenständig als edel an. Dafür ist der Kona Elektro ganz schön digital. Den Touchscreen gibt es wahlweise in 7 Zoll-oder 8 Zoll Diagonale, die Instrumente stellt ein ebenfalls 7 Zoll großer Bildschirm dar. Darüber befindet sich ein Head-up-Display, das direkt in die Scheibe projiziert. Kräftiger AntriebDie zwei Antriebsvarianten des Kona Elektro unterscheiden sich in Leistung und Batterie: 39,2 kWh Akkukapazität genügen für 312 Kilometer Reichweite. Alternativ gibt es den 64-kWh-Akku für 480 Kilometer, jeweils gemessen im realitätsnahen WLTP-Zyklus. Das Drehmoment beträgt in beiden Fällen kräftige 395 Newtonmeter. Wir fahren die „große“ Variante mit 150 kW (204 PS) und höherer Reichweite. Der starke Motor und der tiefe Schwerpunkt stehen dem Kona gut: Dem Mini-SUV fehlt komplett die Schwerfälligkeit, die viele bodenständige Stromer trotz guter Fahrleistungen kennzeichnet. Sein Mehrgewicht trägt er offenbar gut verteilt mit sich herum. Dadurch wirkt der kleine Koreaner flink und agil, sogar ein bisschen sportlich. Schnell ist er auch auf dem Papier: von 0 auf 100 km/h geht es in 7,6 Sekunden, zu einem Ford Fiesta ST der Vorgängergeneration fehlt da keine Sekunde. Zu dem sportlichen Eindruck passen die direkte Lenkung und das straffe Fahrwerk. In der Kurve greift allerdings beim kleinsten Zweifel das ESP hart durch. Über die Schaltpaddel am Lenkrad lässt sich die Bremsenergie-Rückgewinnung in vier Stufen regeln. In der höchsten Stufe lässt sich der Hyundai in den meisten Situationen mit nur einem Pedal fahren. Im sportlichen Modus erhöht sich vor allem die Empfindlichkeit von Gaspedal und Antrieb, der Eco-Modus bewirkt das Gegenteil davon. Ein Eco-Plus-Modus fährt zusätzlich die Klimatisierung auf ein Minimum zurück. Und der Verbrauch? Bei nicht ambitionierter Überlandfahrt im Eco-Modus brauchten wir laut Bordcomputer rund 14 kWh pro 100 Kilometer und landen damit sogar knapp unterhalb des WLTP-Normverbrauchs (14,3 kWh/100 km). Wer allerdings die fahrdynamischen Qualitäten des Kona Elektro oder die mögliche Höchstgeschwindigkeit von 167 km/h auskosten will, muss mit deutlich mehr Verbrauch rechnen. Wir halten die Reichweite im Kona Elektro grundsätzlich für realitätsnah, je nach Streckenprofil und Fahrweise. Uns sagte der digitale Assistent nach knapp 40 Kilometern Fahrt noch 450 Kilometer (von 480 km) Restreichweite voraus. Ein fast normales SUVQuelle: HyundaiUnter dem Strich, und das erstaunt, wirkt der Hyundai Kona Elektro wie ein völlig normales Mini-SUV – vielleicht mit etwas mehr Leistung als nötig. Damit hebt er sich deutlich von der Konkurrenz ab, die sich gewöhnlich bemüht, die Technik der Zukunft auch futuristisch wirken zu lassen. Der Hyundai verzichtet weitgehend darauf. Das macht ihn vielleicht gerade typisch für eine Zukunft, in der Reichweite schlicht nicht mehr interessiert, weil sie erstens reicht – und das Laden schnell genug funktioniert. Auch da legt der Kona vor. An einer Säule, die das abgeben kann, lädt er mit 100 kW in 54 Minuten zu 80 Prozent auf, oder mit 50 kW in 75 min. An der Haushaltssteckdose will man einen so großen Akku natürlich nur laden, wenn Zeit keine Rolle spielt. Ausstattungen und PreisePreislich ist der Hyundai Kona Elektro noch kein normales Mini-SUV. Mindestens 34.600 Euro kostet der koreanische Stromer. Damit ist er konkurrenzfähig zu E-Autos wie BMW i3, Opel Ampera-e oder Tesla Model 3 – aber eben doch doppelt so teuer wie ein konventioneller Hyundai Kona (ab 17.500 Euro). Immerhin: Die Elektro-Prämie von 4.380 Euro brutto darf man voraussichtlich noch abziehen. Wenig kundenfreundlich erscheint die Paketierung der Ausstattungen. Die Basis „Trend“ ab 34.600 Euro enthält einige Assistenten, auf die man im Zweifel verzichten könnte: etwa einen adaptiven Tempomaten mit Stopp-Funktion und Spurhalteassistent, Navi, Klimaautomatik, Lichtsensor oder Rückfahrkamera. Vieles, das ernsthafte Elektromobilisten unbedingt brauchen, gibt es dagegen erst ab der mittleren Ausstattung „Style“ für 39.000 Euro. Dazu zählen die Wärmepumpe, die den Stromverbrauch der Klimatisierung deutlich senkt, oder das Typ-2-Ladekabel. Zusätzlich bekommt man Voll-LED-Licht, eine induktive Ladeschale und einen Regensensor. In der „Premium“-Ausstattung (45.600, nur mit großem Akku) kann das Auto außerdem selbständig wieder anfahren. Ein Problem der Elektromobilität sind Lieferschwierigkeiten, trotz insgesamt niedriger Stückzahlen. Das gilt auch für Hyundai. Auf den elektrischen Ioniq müssen Kunden derzeit rund ein Jahr warten. Hyundai sagt, man könnte zwar mehr Autos bauen – man bekomme aber dafür nicht genügend Batterien geliefert. Ähnliche Anlaufschwierigkeiten sind beim Kona Elektro zu erwarten, wenn er ab August bei den Hyundai-Händlern steht. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres verkaufte Hyundai insgesamt knapp 2.500 Ioniq Hybrid, PHEV und Elektro. Wer heute einen elektrischen Ioniq bestellt, bekommt zur Überbrückung der langen Wartezeit einen Ioniq Hybrid für 159 Euro im Monat zur Miete angeboten. Ein attraktives Angebot, damit der Kunde nicht zu BMW oder Nissan weiterzieht. Technische Daten: Hyundai Kona ElektroLong Range
Standard Range
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