Dieses Auto ist Neuland für die Feuerwehr: Der ADAC hat mit Einsatzkräften die Rettung eines Verletzten aus einem BMW i3 geprobt. MOTOR-TALK war dabei.
Landsberg am Lech – Ein Detail, klein wie zwei Fingerhüte, verrät die Lebensgeschichte dieses Autos. Es ist die Abdeckung über dem Gewinde für die Abschlepp-Öse. Auf ihr klebt blau-weiß-gemusterte Folie. Jene, die normalerweise bayrische Erlkönige vor neugierigen Blicken schützt. Dieser mittlerweile enttarnte i3 half einst bei der Entwicklung, bewegte Journalisten und Zauderer. Heute muss er seine letzte, schmerzhafte Aufgabe bewältigen: Er wird zerschnitten, zersägt und aufgespreizt. Training für die Feuerwehr: Rettung aus einem BMW i3 Sebastian Kahl von der Berufsfeuerwehr Nürnberg beobachtet das Geschehen mit großzügigem Abstand. Der Ausbilder erklärt, was seine Mannschaft beachten muss. Einen Trennschleifer werde keiner der Feuerwehrmänner zur Hand nehmen. Den benutze man ohnehin selten, wegen des Funkenflugs. Bei Schnitten in Kohlefaser können aber Staub und zu viel Hitze entstehen. Vielleicht sogar Feuer. Kahl würde seine Männer gern häufiger mit Neuwagen trainieren lassen. Aber nur wenige Hersteller stiften Nullserienmodelle, Lkw gibt es generell fast nie. Meist üben die Feuerwehrleute an rostigen Wracks vom Schrottplatz. „Da kann man nichts richtig aufstemmen, wenn der Schweller schon durchgefault ist“, klagt er. Nach dem Unfall: Versorgung der Verletzten, Sicherung der Fahrzeuge Acht Männer in Uniform, Helm und Atemmaske sichern die beiden Fahrzeuge gegen das Wegrollen. Einer kappt die Hochvoltverbindung im Motorraum des i3. Ein kleiner Schalter, mit dem man i3-Fahrer ärgern kann: Wenn er deaktiviert wurde, dann muss er erneuert werden – sonst fließt kein Strom mehr durch die orangenen Adern im Fahrzeugboden. Der 12-Volt-Kreislauf bleibt aktiv, für Warnblinkanlage und Sitzverstellung. Die Rettungskräfte lassen die Luft aus den Reifen des BMW. „Für einen stabileren Stand“, erklärt Kahl. Holzbretter unter dem Schweller sollen später die Werkzeuge abstützen. Ein Helfer versorgt von der Beifahrerseite aus den lebendigen Dummy. Eine durchsichtige Plane gegen die Angst vor dem Tod Zur gleichen Zeit reißt ein Feuerwehrmann die Kunststoffverkleidungen von den Türen und dem hinteren Seitenteil ab. Ein anderer zerschlägt mit bemerkenswerter Vorsicht Seiten- und Heckscheiben. Alle, die beim Verspannen der Karosserie unkontrolliert bersten könnten – und so zur Gefahr werden. Carbon Splittert, Scharniere geben nach Um 10:22 stemmen die Männer die Türen dort auf, wo bei anderen Autos die B-Säule sitzt. Nach einer Minute steht der Verbund aus Vorder- und Hintertür offen, zwei weitere Minuten später liegen sie neben dem i3. Die Männer um Axel Topp zerschneiden die A-Säule knapp unter der Dachkante. Ein weiterer Schnitt auf Höhe des Fahrerfußraumes schafft Platz für den Spreizer. Mit vier Tonnen Kraft presst er die Säule weg vom Schweller. Der linke Vorderwagen neigt sich nach vorn und macht Platz für eine Trage. Eine Rettungskarte gehört in jedes Auto Das funktioniert nicht immer. Häufig muss die Feuerwehr erst per Kennzeichenabfrage die Gefahrenzonen des Fahrzeuges ermitteln. Airbags, Gurtstraffer und Hochvoltleitungen sollen beim Schneiden und Stemmen unversehrt bleiben. Eine Rettungskarte hilft beim Helfen, doch die legt kein Hersteller ins Auto. Einzellösungen per App oder QR-Code versagen, wenn das Mobilfunk-Netz schwächelt. Die Feuerwehr weiß, dass sich der i3 kaum anders als ein Auto aus Blech und Aluminium verhält. Bei einem anderen Versuch haben die Männer das Dach des i3 abgetrennt. Ihr Ergebnis von beiden Simulationen: Carbon reißt nicht wie Blech, es bricht. Dabei entstehen scharfe Kanten, noch schärfer als bei Blech. Und Staub. Bisher trugen nur die Retter einen Atemschutz, die die Frontscheibe zerschneiden mussten. Bald werden es alle sein. Ein Video vom ersten Rettungsversuch seht Ihr hier: |
