Nach dem Opel-Verkauf an PSA gibt es viele Fragen und erste Antworten. Opel wird den Insignia-Launch durchziehen, aber den Corsa-Modellwechsel verschieben. Ein Überblick.
Genf – Am Vortag des Genfer Salon verkündeten General Motors (GM) und PSA, dass der deutsche Hersteller Opel vom amerikanischen zum französischen Konzern wechseln wird. Das wird Folgen haben. PSA-Chef Carlos Tavares will so schnell wie möglich rund 1,7 Milliarden Euro jährlich an Skaleneffekten erzielen. Also mit gemeinsamem Einkauf und gemeinsam genutzter Technik Geld sparen. Drei gemeinsame Modelle haben Opel und PSA derzeit in der Pipeline. Das wird langfristig nicht reichen. Für jede Opel-Baureihe, die noch auf Technik von General Motors basiert, muss PSA Lizenzgebühren zahlen. Außerdem besteht für diese Modelle eine „non-compete“-Regelung mit GM. Opel darf also Modelle mit GM-Technik nicht in Märkten verkaufen, in denen GM aktiv ist – das gilt zum Beispiel für China und Nordamerika. Anders herum darf GM in Europa keine Technologien anbieten, die im Opel-Portfolio stehen. Klar, dass PSA-Chef Tavares und Opel-Chef Karl-Thomas Neumann diese Beschränkungen möglichst schnell aufheben wollen. Das funktioniert umso schneller, je zügiger sie Opel-Modelle auf PSA-Plattformen stellen. 2020 sollen die ersten starten, bis 2023 soll der Großteil des Programms umgestellt sein. Kleinwagen: Der Corsa wird gestopptQuelle: OpelBei den Kleinwagen möchte PSA möglichst schnell umstellen, denn für die Franzosen sind sie das Kerngeschäft. „Wir arbeiten bereits daran“, lässt sich Tavares zitieren. Beschlossen ist, dass das bisher Entwicklungsprogramm für den nächsten Corsa gestoppt wird. Das hat Opel inzwischen bestätigt. PSA will laut "Automotive News" den bisher für 2019 geplanten Modellwechsel beim Corsa um ein Jahr auf 2020 verschieben. Das soll den Entwicklern genug Zeit geben, den Kleinwagen auf eine PSA-Plattform zu stellen. Der Adam soll in aktueller Form noch bis 2020 laufen. Dass PSA den beliebten (und meist zu guten Preisen verkauften) Kleinwagen dann beerdigt, ist unwahrscheinlich – dass sich ein Modellwechsel verschiebt, ist dagegen gut möglich. Technisch wird sich der Adam auch in Zukunft stark am Corsa orientieren. Für den kleinen Karl wird es dagegen eng. Europaweit verzeichnete das Modell, das Opel von GM Korea importiert, 57.500 Verkäufe im ersten vollen Verkaufsjahr 2016. Citroën C1 und Peugeot 108 kamen jeweils auf mehr als 60.000 Verkäufe. Um den Opel gemeinsam mit diesen Modellen zu bauen, müsste PSA zwar mit Toyota sprechen, denn C1 und 108 entstehen gemeinsam mit Toyotas Aygo im Toyota-Werk Kolin (Tschechien). Doch das Werk wäre leistungsfähig genug, um zusätzlich noch eine Variante mit Blitz zu produzieren. Kompakt- und Mittelklasse, Ampera-eDer 2015 eingeführte Astra K hat noch einige Jahre vor sich. Schließlich wurde er frisch auf eine modulare GM-Plattform gestellt und verdient für Opel gutes Geld. Eine übereilte Ablösung des Bestsellers würde Opels mühsam aufgebauten guten Ruf ernsthaft gefährden. Realistisch ist, dass PSA den Nachfolger bis 2023 auf eine eigene Plattform stellt. Das gleiche gilt für den Kombi Sports Tourer. Die Astra-J-Derivate Cascada und GTC, die Opel noch im Programm hat, werden vermutlich ersatzlos gestrichen. Carlos Tavares hatte schon bei Peugeot und Renault wenig Mitleid mit solchen Nischenprodukten. Quelle: Opel Das Elektroauto Ampera-e ist ein spannender Fall. PSA muss das in den USA gebaute Auto von GM kaufen, um es in Europa anbieten zu können. Dass Opel auf den Imageträger verzichtet, ist dennoch unwahrscheinlich. Einerseits ist der Launch in vollem Gang, in Norwegen wird das Auto bereits verkauft. Andererseits werden die Stückzahlen vorerst überschaubar bleiben, und damit auch der finanzielle Aufwand für Opel. Wichtiger noch: PSA hat kein vergleichbares Auto im Programm und könnte mit GM-Technik seine eigene Elektrifizierung beschleunigen. „GM und PSA erwarten, gemeinsam an der weiteren Bereitstellung der Elektrifizierungstechnologien zu arbeiten“, heißt es in der gemeinsamen Presseerklärung. Prognose: Opel verkauft den Ampera-e zumindest bis 2019. Dann soll PSAs eigene, gemeinsam mit dem chinesischen Teilhaber Dongfeng entwickelte Plattform fertig sein. Und könnte mit GM-Batterietechnik in Serie gehen. Den Launch des brandneuen Insignia auf GM-Basis bricht Opel nicht ab: Ab Mitte Juni stehen Schrägheck und Kombi beim Händler. Eine bittere Pille für PSA, die selbst an der Ablösung von Peugeot 508, Citroën C5 und DS5 arbeiten – aber erst 2018 damit fertig sein werden. Zu spät für Opel, wo der Modellwechsel schon eingeleitet war. Interessanter Randaspekt: Als Opel und PSA 2012 erstmals eine Kooperation vereinbarten, gehörte eine gemeinsame Mittelklasse zu den angepeilten Projekten. Daraus wurde nichts, was den Modellwechsel bei allen drei Partnern deutlich verzögerte. So verkaufen Peugeot und Citroën weiterhin die veralteten 508 und C5, GM stellte den Insignia auf eine eigene globale Plattform. Immerhin: Opel wird einen Teil der Insignia-Produktion als Buick Regal und Holden Commodore an GM weiterverkaufen können. Das gleiche gilt vermutlich für 1,6-Liter-Dieselmotoren, die derzeit im amerikanischen Chevrolet Cruze starten. SUV und Vans: Hier läuft es schonBei SUV, Vans und den Kreuzungen daraus muss Opel nicht viel tun. Der Minivan Meriva wird bereits durch die Opel-PSA-Kooperation Crossland X abgelöst, inklusive PSA-Plattform und PSA-Motoren. Das Modell wird gemeinsam mit dem künftigen Citroën C3 Aircross bei Opel gebaut. Im Laufe des Jahres wird der Grandland X folgen, der sich die Technik mit den größeren Peugeot 3008 und 5008 teilt. Den Zafira wird Opel vermutlich auslaufen lassen. Der Produktzyklus des Vans reicht ohnehin nicht mehr weit; nach dem 2016er Facelift sind noch zwei Jahre realistisch. Im schrumpfenden Kompaktvan-Segment ist Citroën insgesamt erfolgreicher. Künftige gemeinsame Produkte nicht ausgeschlossen. Bliebe der Mokka X, den Opel höchst erfolgreich verkauft. Vom neuen Crossland differenziert er sich aber nur wenig, ein Problem, das Opel auch ohne PSA gehabt hätte. Prognose: Der Umsatzgarant Mokka bleibt erst mal und wird bis 2023 von einem „SUV-Coupé“ auf Crossland-Basis abgelöst. Quelle: Opel Noch nicht im Programm, aber in Rüsselsheim bereits gegenwärtig, ist Opels 2014 angekündigtes, kommendes „Flaggschiff-SUV“. Einerseits gibt es für PSA keinen Grund, sich das große SUV auf GM-Basis ins Haus zu holen. Andererseits hat PSA zugesagt, alle GM-Investitionszusagen einzuhalten. Prognose: Das Modell kommt nicht. Rüsselsheim wird für den Produktionsausfall mit einem anderen Modell entschädigt. Nutzfahrzeuge:Opel+PSA statt FiatKlar ist, was mit Opels Hochdachkombi Combo passiert. 2018 ersetzt ein gemeinsam mit PSA entwickeltes, neues Modell den aktuellen Combo auf Fiat-Basis. Es kommt dann auch als Peugeot Partner und Citroën Berlingo. Opel produziert den Eintonner Vivaro seit 2014 in Lizenz in Großbritannien und kauft den Movano seit 2010 zu – beides bei Renault-Nissan. Solche Verträge haben Laufzeiten – PSA wird wohl versuchen, die Geschäftsbeziehung zum heimischen Konkurrenten Renault nicht künstlich zu verlängern. Der Vivaro könnte ins PSA-Werk Sevel Nord umziehen, von wo aus PSA bereits Toyota mit dem Proace beliefert. Die 3,5-Tonner baut PSA als Ducato-Derivate gemeinsam mit Fiat, seit 2006 in aktueller Generation. Mit dem Opel-Volumen könnte auch in dieser Klasse die kritische Größe für eine eigene Baureihe erreicht sein. Die Betrachtung der Modellpalette sagt vorerst nichts über die Zukunft der Werke oder Arbeitsplätze. Klar ist: Je schneller PSA-Technik bei Opel einzieht, desto schneller kann Opel seine Modelle nach Übersee exportieren – wohl die einzige echte Wachstumsoption. Aber Wachstum allein wird Opel nicht retten, auch in der aktuellen Größe (knapp 1,2 Millionen Fahrzeuge pro Jahr) muss Geld verdient werden. Carlos Tavares hat schon gesagt, wann: Sein Dreijahres-Plan startet 2018. 2020 erwartet er eine Zwei-Prozent-Marge vom Neuerwerb, bis 2026 sollen es sechs Prozent sein. Quelle: ane; automobilwoche; reuters; |