Von Haiko Prengel
Berlin – 1989 war ein geschichtsträchtiges Jahr. In den Ostblock-Staaten ereigneten sich massive politische Umwälzungen. Schließlich fiel die Berliner Mauer. Auch in der Automobilbranche tat sich einiges. Autos mit geregeltem Katalysator wurden zur Norm. Leistungsstarke Motoren mit moderner Vierventiltechnik kamen auf den Markt.
Zum Beispiel der Fünfzylinder im Audi 200 Quattro 20 V. Mit dem turbogeladenen, hochgezüchteten 2,2-Liter-Aggregat war der 20 V ab Frühjahr 1989 das Spitzenmodell der Baureihe und mit 242 km/h eine der schnellsten Serienlimousinen der damaligen Zeit. Aber auch Kunden im Brot-und-Butter-Segment kamen auf ihrer Kosten. Der Opel Vectra war fortan neben dem biederen Stufenheck auch als schnittiges Fließheck sowie als Allradversion erhältlich. Und in Ostdeutschland durften sich die Bürger über den ersten Trabant mit Viertakt-Vierzylinder-Motor freuen.
Wir stellen zehn Autos vor, die 2019 zum Klassiker werden – inklusive aktueller Marktpreise (Quelle für alle Preise: Classic Data für Autos im Zustand zwei).
Mercedes-Benz SL (R129)
Mercedes R 129 Quelle: Daimler
Auf dem Automobil-Salon in Genf stellte Mercedes-Benz im Frühjahr 1989 seinen neuen Roadster vor, den SL der Baureihe R129. Wobei der Name Roadster eigentlich unpassend ist. Denn der R129 ist kein puristischer Sportwagen, sondern ein mit Komfortsystemen vollgepackter Luxusgleiter – die Technik stammt überwiegend von der S-Klasse. Relativ nüchtern ließ Chefdesigner Bruno Sacco dagegen die Karosserielinien zeichnen. Der schnörkellose, leicht keilförmige Auftritt überzeugte. In der Anfangszeit mussten Kunden mehrjährige Lieferfristen in Kauf nehmen.
Wegweisend für den Automobilbau ist beim R129 der automatische Überrollbügel, der sich bei einem drohenden Überschlag binnen 0,3 Sekunden öffnet, um die Insassen zu schützen. Serie ist auch das elektrohydraulische Stoffverdeck, das sich per Schalter innerhalb von 30 Sekunden öffnen oder schließen lässt. Bei den Motoren stehen Sechs- und Achtzylinder zur Auswahl, 1992 wurde die Baureihe um den ersten Zwölfzylinder ergänzt, den 600 SL mit 394 PS. Freude kann auch ein früher 300 SL mit nur 190 PS bereiten, wobei sich die Sportlichkeit hier in Grenzen hält. Denn ein Leichtfuß ist der R129 ist mit mindestens 1,7 Tonnen Leergewicht nicht.
Marktwert Mercedes-Benz 500 SL: 18.800 Euro.
Mazda MX-5
Roadster bauen? Können wir, dachte man sich vor 30 Jahren bei Mazda und stellte den schnittigen MX-5 vor. Mit nur einer Tonne Leergewicht und einer vergleichsweise spartanischen Ausstattung konzentrierte man sich auf das Wesentliche: ungefilterten Fahrspaß, Komfort war Nebensache. So dienten den Konstrukteuren als Vorbild die klassischen Roadster aus den Sechzigern wie Triumph Spitfire, Alfa Romeo Spider oder MG MGB.
Der ersten Generation reichten daher relativ kleine Vierzylinder für ein flottes Vorankommen, anfangs gab es bloß einen 1,6-Liter-DOHC mit 115 PS. Genug für einen Sprint von 0 auf Hundert in 8,8 Sekunden und beträchtliche 195 km/h Spitze. Dazu gab es ein serienmäßiges Fünfgang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb und berauschende Fahreigenschaften: eng, hart und tief. Später folgten stärker motorisierte und besser ausgestattete Modellgenerationen. Heute gilt der Mazda MX-5 mit mehr als einer Million verkaufter Exemplare als erfolgreichster Roadster weltweit.
Marktwert Mazda MX-5 1.6: 7.000 Euro
Opel Calibra
Opel Calibra Quelle: Opel
Auch Opel sorgte 1989 für Aufsehen. Mit dem Calibra stellten die Rüsselsheimer ihr neues Sportcoupé vor. Der legendäre Vorgänger hieß Manta und war ein Jahr zuvor in den Ruhestand gegangen. Technisch hatten beide Modelle kaum etwas gemein: Während der Manta mit Heckantrieb und Längsmotoren noch ein Opel alter Schule war, setzten die Ingenieure beim Calibra auf zeitgemäßen Frontantrieb und quer verbaute Motoren.
Die allerdings hatten es in sich. Schon die Einstiegsmotorisierung, ein 2,0-Liter-Vierzylinder mit 116 PS, ist für den nur rund 1,3 Tonnen schweren Wagen ausreichend, um flott voranzukommen. Richtig zügig wird es mit dem 2.0 16V (C20XE) und 150 PS, der auch im Opel Kadett GSi 16V verbaut wurde und als einer der besten Vierventiler seiner Zeit gilt. 1992 reichte Opel dann noch den 4x4 Turbo mit 204 PS und 1993 einen V6-Zylinder mit 170 PS nach. Beide kommen auf 240 km/h. So schnell war kein Manta, jedenfalls nicht ohne Tuning. Heute sind bei Calibra-Fans insbesondere die Sondereditionen wie „Keke Rosberg“ oder „DTM Edition“ mit allerlei Komfortextras beliebt.
Marktwert Opel Calibra 2.0i 16V: 7.000 Euro
Trabant 1.1
Geradezu Revolutionäres ereignete sich 1989 bei den VEB Sachsenring Automobilwerken im sächsischen Zwickau. Dort lief der Trabant nach Jahrzehnten Bauzeit erstmals ohne Zweitaktfahne vom Band. Unter der Haube steckte beim Modell 1.1 nun ein Viertakt-Vierzylinder mit 41 PS – ein Lizenzbau von Volkswagen, der „drüben“ unter anderem im VW Polo zum Einsatz kam.
Ein Verkaufsschlager wurde der Trabant 1.1 dennoch nicht, denn die Bereitstellung des neuen Motors war so teuer, dass für weitere Neuerungen bei dem Modell nicht mehr viel Geld übrig blieb. Es reichte bloß für eine neue Blechmotorhaube, einen veränderten Kühlergrill sowie Modifikationen bei Stoßstangen und Heckleuchten. Mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 hatte der Trabant dann endgültig abgewirtschaftet und landete massenweise auf dem Müll. Erst seit ein paar Jahren gewinnt der Trabi wieder an Popularität und die Marktpreise steigen.
Marktwert Trabant 1.1: 4.500 Euro
BMW 8er (E31)
BMW 850i Quelle: dpa / Picture Alliance
Ein Auto von einem anderen Stern war der 8er BMW. Das neue Oberklassen-Coupé aus Bayern klotzte bei Technik und Antrieb: Anfangs war der E31 ausschließlich als 850i mit majestätischem Zwölfzylinder und 300 PS erhältlich. Die Kraftübertragung erfolgte über ein damals innovatives Sechsgang-Schaltgetriebe oder wahlweise über eine Viergang-Automatik. 1992 setzte BMW mit dem 850 CSi und einem 380 PS starken V12 und serienmäßig mitlenkender Hinterachse noch einen drauf. V8-Aggregate erweiterten die Motorenpalette.
Als größte Schwäche des E31 gilt heute, dass BMW keine Cabrio-Variante realisieren konnte. Der 8er verlor deshalb viele Kunden an das Konkurrenzmodell von Mercedes-Benz, den SL (R129). So konnte BMW in zehn Jahren Bauzeit nur etwa 30.000 Exemplare des 8er absetzten, womit der Luxussportwagen hinter den Erwartungen zurückblieb.
Marktwert BMW 850i: 34.800 Euro
Audi 200 Quattro 20V
Auch Audi-Fahrer durften sich 1989 über neue Spitzenfahrleistungen freuen. In der Baureihe 200 (Typ 44) stellten die Ingolstädter mit dem Quattro 20 V ein neues Highend-Modell vor. Der turbogeladene Fünfzylinder-Motor mit Vierventiltechnik leistete 220 PS und bescherte der Limousine einen Top-Speed von 242 km/h. „Man muss schon ganz weit oben in der Auto-Rangliste suchen, um eine ähnlich eindrucksvoll motorisierte Limousine zu finden“, staunte damals die Motor-Presse.
Die Motor-Technik basierte auf dem legendären Ur-Quattro, mit dem Audi legendäre Rennerfolge im Ralleysport feierte. Was Karosserie und Ausstattung betrifft, war der Audi 200 allerdings im Prinzip nichts anderes als ein stark aufgewerteter Audi 100. Trotz der Bemühungen, zu Herstellern wie Mercedes und BMW aufzuschließen, blieben die Verkaufszahlen des 200 letztlich bescheiden. Heute sind sich selbst viele Fans der Marke einig, dass Audi erst 1994 so richtig in der Oberklasse ankam - mit der Luxuslimousine A8.
Marktwert Audi 200 Quattro 20V: 28.400 Euro
Nissan 300 ZX (Z32)
Nissan 300 ZX Quelle: Nissan
Die Z-Baureihe war für Nissan ein großer Erfolg. Die Anfänge reichen bis in die Sechzigerjahre zurück, und bis Mitte der Achtziger hießen die Autos Datsun. Markenzeichen waren stets Heckantrieb und Frontmotoren mit stattlicher Leistung. Der neue Nissan 300 ZX kam Ende 1989 auf den Markt, einzige Motorisierung war anfangs ein Twinturbo-V6-Motor mit drei Litern Hubraum und 283 PS. Das beschleunigte den Anderthalb-Tonner auf maximal 250 km/h, dann wurde elektronisch abgeregelt.
Wie bei vielen anderen Japanern war die Ausstattung für damalige Verhältnisse üppig und reichte von elektrischen Fensterhebern serienmäßig über ABS und Bordcomputer bis zur von Nissan selbst entwickelten Allradlenkung HICAS. Die Kunden konnten zwischen einem zweisitzigen und einem 2+2-sitzigen Coupé wählen, 1993 kam eine Cabriolet-Version hinzu. Während der 300 ZX in den USA ein Verkaufsschlager wurde, blieb er hierzulande ein Exot. Die verbliebenen Exemplare dürfen sich demnächst Oldtimer nennen und werden auf Klassiker-Treffen erst recht für Aufsehen sorgen.
Marktwert Nissan 300 ZX Twin Turbo: 13.900 Euro
Opel Vectra
Immer diese Kunstnamen: Der Nachfolger des Mittelklassewagens Ascona hieß Opel Vectra. Den gab es zum Marktstart nur als klassisches Stufenheck, 1989 ergänzte der Hersteller die Modellpalette um eine moderne Fließheck-Variante. Zudem stand ab sofort der 4x4 zur Auswahl, die Allradversion wurde gemeinsam mit Steyr-Puch aus Österreich entwickelt.
Bei Opel herrschte auf Anweisung von General Motors damals Sparzwang, was sich auch bei der Produktion des Vectra bemerkbar machte. Von der Technik her erwies sich der Wagen schon wie der Vorgänger Ascona C als robuster Dauerläufer. Doch vor allem Rost machte dem Vectra A zu schaffen und dezimierte den Bestand erheblich. Übrig gebliebene Exemplare sind heute günstig und teils für ein paar hundert Euro zu haben. Nur topgepflegte Autos sind teurer, vor allem die Modelle mit starker Motorisierung (2000, V6 und 4x4 Turbo)
Marktwert Opel Vectra 1,8i: 2.300 Euro
Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution
Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution Quelle: Daimler
Die späten Achtziger und frühen Neunziger waren die große Zeit der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM), das gilt nicht nur für Opel und den Calibra. Auch der Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution ist eine Legende aus dieser Zeit. 1989 stellte Daimler das DTM-Homologationsmodell EVO I vor. Das hatte mit dem Serienfahrzeug Mercedes 190, auch Baby-Benz genannt, nicht viel gemein. Vor allem der Heckspoiler war imposant, außerdem bekam der Evolution dicke Kotflügelverbreiterungen, Tieferlegung sowie Niveauregulierung vorne und hinten.
Beim Motor wurde der Hub reduziert, um die im Rennsport höheren Drehzahlen zu ermöglichen. Man beließ es aber bei den 195 PS des Serienmodells 2.5-16. Auf Wunsch konnten Kunden bei AMG aber ein „Power-Pack“ mit weiteren 30 PS ordern. Heute ist der 190 E 2.5 16 Evolution I ein sündhaft teures Sammlerstück, noch bizarrer sind die Marktpreise nur beim Nachfolge-Modell Evolution II.
Marktpreis Mercedes 190 E 2.5 16 Evolution I: 71.000 Euro
Jaguar XJS Cabriolet
Der Jaguar XJS gilt als erfolgreichstes Sportmodell des britischen Autoherstellers, die Anfänge reichen bis zur Mitte der Siebzigerjahre. Neben dem Coupé war auch ein Targa erhältlich, eine Vollcabrio-Version kam aber erst 1989 auf den Markt. Damit gab es 15 Jahre nach dem Ende des legendären E-Type wieder ein vollwertiges Cabriolet beziehungsweise Convertible, wie es bei Jaguar hieß. Für den Antrieb des fast zwei Tonnen schweren Luxuscruisers sorgte ein 5,3 Liter großer Zwölfzylinder mit 275 PS. Der Neupreis lag vor 30 Jahren bei weit über 100.000 D-Mark.
Da sind die gut 25.000 Euro Marktwert, die Liebhaber heute für ein gut erhaltenes Exemplar zahlen, fast günstig. Wer sich den XJS Convertible bloß ansehen möchte, kann nach Osnabrück fahren. Dort steht die geschmeidige Katze in der Fahrzeugsammlung von Karmann. Der Verdeckspezialist half einst mit, das Edel-Cabriolet zu entwickeln.
Marktwert Jaguar XJS 5.3 Convertible: 24.200 Euro