Ende März läuft bei vielen Herstellern die Dieselprämie aus. Aktuelle Abgastechnik für Benziner gibt es noch nicht überall. Wir zeigen, wo Benziner nicht mehr rußen.
Quelle: Ford, Volkswagen, Audi, dpa / Picture Alliance Von Constantin Bergander und Björn Tolksdorf Berlin – Ein Artikel über Benzinmotoren, der mit dem Thema Diesel beginnt? Ja, denn der Diesel hat einen zunehmend schweren Stand in Deutschland. Die Neuwagen-Dieselquote sank von 2016 auf 2017 von 45,9 Prozent auf 38,8 Prozent. Viele kleinere Fahrzeuge mit hohem Privatkundenanteil erreichten 2017 eine Dieselquote um 10 Prozent oder weniger. Beispiele: Renault Clio 12 Prozent, Nissan Juke 9,3 Prozent, oder Dacia Sandero 7,1 Prozent. Die Diskussion um Fahrverbote in Innenstädten treibt vor allem Besitzer von älteren Diesel-Pkw um. Viele überlegen, ob sie die Umtauschprämie der Hersteller „mitnehmen“ und auf ein saubereres Auto umsteigen sollten – bevorzugt einen Benziner. Nur: Wie sauber sind die Benziner, die man heute als Neuwagen bekommen kann? Und wie zukunftssicher? Aktuell dürfen Neuwagen mit Benziner zehnmal so viele Partikel emittieren wie solche mit Dieselmotor. Quelle: Volvo Das ändert sich am 1. September 2018 mit Einführung der Schadstoffnorm Euro 6c für alle Neuwagen. Darin enthalten ist die Angleichung des Grenzwertes für Partikelemissionen von Benzinern an die von Dieselmotoren. Vor allem für Direkteinspritzer-Benziner ein Problem: Sie schaffen die neuen Grenzwerte in der Regel nicht ohne einen Partikelfilter. Die Hersteller werden aus diesem Grund ihre Direkteinspritzer-Benziner im Laufe des Jahres mit einem Otto-Partikelfilter (OPF) ausrüsten. Nur: Wer jetzt seinen alten Diesel in Zahlung gibt, möchte ein Auto mit neuer Abgastechnik. Bekommt einen gefilterten Benziner, wer die Diesel-Umtauschprämie in Anspruch nimmt? Der VW-Konzern etwa, der mit den Marken Audi, Volkswagen, Seat und Skoda für mehr als ein Drittel des deutschen Marktes steht, zahlt die Dieselprämie bis Ende März 2018. Ebenso Opel. Renault will bis Ende Februar 2018 einen Sonderrabatt zahlen, wenn ein alter Diesel abgegeben wird. Daimler und BMW zahlen den Rabatt bis Ende Juni 2018, Ford unbefristet „auf Widerruf“. Wer stellt wann um?Wir haben die Hersteller gefragt: Welche Benziner mit Otto-Partikelfilter sind rechtzeitig erhältlich? Als Stichtag wählen wir den 31. März 2018. Die Autohersteller gehen die Umrüstung mit unterschiedlichem Tempo an. Volvo, PSA (Peugeot, Citroën, DS), BMW, Mercedes und Ford haben im März bereits mehrere Benziner mit Partikelfilter im Angebot. Opel stellt den Astra im März 2018 um. Bei Audi, VW und Lexus erfüllen bisher vereinzelte Modelle die neue Norm. Skoda kündigt an, alle betroffenen Benziner gleichzeitig mit einem Partikelfilter auszurüsten. Die Autos sind erst ab Mai 2018 bestellbar und werden ab Juli 2018 ausgeliefert. Der Toyota-Konzern will ab April 2018 bei weiteren Fahrzeugen Partikelfilter einbauen. Mercedes plant, bis Mitte 2018 alle Autos umgestellt zu haben. VW Nutzfahrzeuge stellt die Pkw-Version des Caddy im Juli 2018 um. Der Kasten-Caddy hat ein Jahr länger Zeit. Was mit dem Transporter in allen Karosserievarianten passiert, ist ungewiss. Der Benzin-Anteil lag 2017 in Deutschland bei fünf Prozent. Viele Hersteller bieten bis zum 31. März 2018 keine Partikelfilter für Benzinmotoren an. Seat, Porsche, Bugatti, Nissan, Honda, Jaguar, Land Rover, Mitsubishi, Renault, Dacia, Infiniti, Chevrolet, Cadillac, Fiat, Chrysler, Jeep, Alfa Romeo, Suzuki und Kia stellen erst später um. Für alle gilt: Ab dem 1. September 2018 müssen die Benziner die neue Partikelgrenze einhalten. Quelle: Ford Mazdas hochverdichtende Saugmotoren sollen die neuen Normen ohne zusätzliche Filter schaffen. Die Entstehung der Rußpartikel werde direkt im Motor reduziert. Mazda baut dafür neue Einspritzdüsen ein und ändert die Form des Brennraums. Zudem erhöht der japanische Hersteller den Kraftstoffdruck und setzt eine Mehrfacheinspritzung ein. Zwei Maßnahmen, die VW beim Diesel-Update nutzt. Mit diesen Änderungen soll der Partikelausstoß aller Benzinmodelle auf das erlaubte Maß sinken. Sie sind im März 2018 bestellbar, die Auslieferung startet im Sommer. Einzige Ausnahme: Im Mazda3 kommen die überarbeiteten Motoren nicht zum Einsatz. Der Nachfolger kommt 2019, eine Umrüstung mit Typisierung lohnt sich nicht mehr. Übersicht: Benzin-Pkw mit Otto-Partikelfilter, erhältlich bis 31. März 2018Alfa Romeo
Audi
Audi gibt keine Auskunft über zukünftige Fahrzeuge, sondern nur über aktuell erhältliche Modelle (Stand: 08.01.2018) BMW
Die Motoren 220i und 225i in den Van-Modellen erreichen derzeit die Abgasnorm Euro 6c. Die Umstellung auf Partikelfilter folgt im Juli 2018 (220i) bzw. Anfang 2019 (225i). Cadillac
Chevrolet
Dacia
DS
Fiat
Ford
Der Fiesta folgt im April 2018. Im Sommer 2018 startet die neue Generation des Focus mit Partikelfilter. Honda
Infiniti
Jaguar
Jeep
Kia
Land Rover
Lexus
MazdaMazda setzt keinen Otto-Partikelfilter ein. Folgende Fahrzeuge erreichen die Abgasnorm Euro 6d-Temp mit innermotorischen Veränderungen:
2019 folgen die Motoren im neuen Mazda3 nach gleichem Prinzip. Mercedes
Alle anderen Pkw folgen bis Mitte 2018 Mitsubishi
Nissan
Opel
Peugeot
Der Peugeot 208 PureTech 82 erreicht Euro 6d-Temp ohne Partikelfilter Porsche
Renault
Seat
Skoda
Vollständige Umstellung der Palette zum Juli 2018 Smart
Subaru
Der Subaru Outback 2.5i erfüllt die Norm Euro 6d-Temp ohne Partikelfilter Suzuki
Toyota
Volkswagen
Volkswagen Nutzfahrzeuge
VW Caddy ab Juli 2018 Volvo
Saugrohreinspritzer: Euro 6d-Temp ohne PartikelfilterEinige Autos schaffen die neuen Normen ganz ohne mechanische Änderungen. Erdgasfahrzeuge sind in der Regel nicht betroffen. Sogenannte Saugrohreinspritzer sprühen den Kraftstoff nicht in die Brennräume, sondern in den Ansaugkrümmer. Das verhindert weitestgehend die Entstehung von Rußpartikeln. Solche Motoren müssen für die Umstellung auf Euro 6c bzw. Euro 6d-Temp lediglich neu geprüft werden. Toyota sagt, dass zwei Drittel der hauseigenen Benzinmotoren, darunter alle Hybride, ohne Partikelfilter auskommen. Der Peugeot 208 mit 82-PS-Benziner erfüllt bereits die Norm Euro 6d-Temp (Pflicht ab 9/2019). Im VW-Konzern werden zum Beispiel die Kleinstwagen VW Up, Skoda Citigo und Seat Mii bis 75 PS die Norm ohne Änderungen schaffen. Fahrverbote für Direkteinspritzer-Benziner ohne Partikelfilter?Quelle: Lexus Die aktuelle Diskussion um Fahrverbote in Innenstädten betrifft Benziner nicht unmittelbar. Im Fokus stehen Stickoxidemissionen, die ein Problem der Dieselmotoren sind. Dennoch: Die Partikelbelastung in Innenstädten war vor rund einer Dekade der Grund für die Einrichtung von Umweltzonen. Nicht auszuschließen ist daher, dass Fahrzeuge mit erhöhtem Partikelausstoß künftig wieder in den Fokus geraten. Aber ist das wahrscheinlich? Mit Blick auf die EU-weit gültigen Grenzwerte der Luftbelastung scheint die Feinstaubbelastung kein akutes Problem mehr. An „Deutschlands schmutzigster Straße“, dem Stuttgarter Neckartor, wurden die Grenzwerte 2017 insgesamt deutlich unterschritten. Auch in Berlin wurden die zulässigen 35 Tage mit Überschreitung der Grenzwerte nicht gerissen. Zudem gelten Fahrzeugmotoren längst nicht mehr als Hauptursache von Partikelbelastung. Ein Gutachten der Stadt Stuttgart im Zusammenhang mit der Erstellung des Luftreinhalteplans stellt klar: Ein Ersatz älterer Dieselfahrzeuge durch Fahrzeuge mit Abgasminderungstechnik würde „nahezu keine Änderung der Feinstaubbelastung“ erreichen, da „der Großteil der Feinstaubemissionen durch Abrieb und Aufwirbelung verursacht wird und nur zu einem geringen Anteil durch Abgas“. Nur bei einer insgesamt niedrigeren Verkehrsbelastung werden positive Effekte erwartet. Das Bundesverwaltungsgericht soll am 22. Februar entscheiden, ob sogenannte „Dieselfahrverbote“ nach aktueller Rechtslage zulässig sind. Vermutlich muss dafür eine fünfte Schadstoffklasse in die „Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung“ aufgenommen werden. Diese fünfte Klasse ist umgangssprachlich bekannt als „blaue Plakette“. Gäbe es die, könnten Kommunen zeitlich oder räumlich begrenzte, zusätzliche Fahrverbote aussprechen. Umweltverbände fordern Otto-PartikelfilterQuelle: Opel Dass eine „blaue Plakette“ irgendwann kommt, ist wahrscheinlich. Selbst der scheidende Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, geht davon aus. Ob Direkteinspritzer-Benziner ohne Partikelfilter diese Plakette erhalten würden? Das kann heute niemand beantworten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte 2014 gemeinsam mit anderen Umweltverbänden Kriterien für die Erteilung einer "blauen Plakette" vorgeschlagen. Auf Nachfrage von MOTOR-TALK erläutert eine Sprecherin die aktuelle Forderung des Verbands: Direkteinspritzer-Benziner sollen demnach für die Erteilung einer blauen Plakette einen Partikelfilter benötigen - also die Abgasnorm Euro 6c erfüllen. Also doch Fahrverbote für Benziner ohne Filter? Umweltverbände beschließen nicht die Gesetze. Am weitesten bei der rechtlichen Ausgestaltung von Fahrverboten war die Stadt Stuttgart. Dort waren Fahrverbote für Diesel im Luftreinhalteplan bereits vorgesehen, bis die Stadt darauf verzichtete – weil es an der bundesrechtlichen Grundlage fehle. Der Vorschlag des Landes Baden-Württemberg zur „blauen Plakette“ sah keine Aussperrung aller Direkteinspritzer-Benziner vor, die nicht die Schadstoffnorm Euro 6c erfüllen. Demnach sollten Diesel ab Euro 6 und Benziner ab Euro 3 eine blaue Plakette erhalten, ebenso Fahrzeuge mit Erdgasantrieb und Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor (z. B. Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeuge). Kaufen oder warten?Fazit: Umweltpolitisch spricht wenig für die Ausdehnung möglicher Dieselfahrverbote auf Benziner mit Direkteinspritzer, die noch nicht die ab September 2018 für Neuwagen verpflichtende Abgasnorm Euro 6c erfüllen. Umweltverbände fordern dies zwar. Aber: Die Grenzwerte für Partikel werden in deutschen Städten heute überwiegend eingehalten. Und: Die Partikelbelastung entsteht nur zu einem sehr kleinen Teil aus Abgasen. Wer trotzdem auf Nummer sicher gehen will, dem kann nur empfohlen werden: Bei geplanter Neuanschaffung eines Direkteinspritzer-Benziners auf eine aktualisierte Variante des Wunschfahrzeugs warten, die spätestens zum 1. September im Handel sein wird. Auch, wenn es dann keinen Diesel-Umtauschrabatt mehr geben sollte. Oder zu einem Modell greifen, das mit der neuen Norm keine Probleme bekommt.
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