1965 galt Deutschland als gelobtes Land der Automobilbranche: 79 Importfabrikate konkurrierten mit 13 bundesdeutschen und zwei DDR-Marken. Mit unterschiedlichem Erfolg.
Köln - Dabei sein war alles: Vor einem halben Jahrhundert war nahezu die ganze Autowelt in Deutschland vertreten. Es dominierten zwar deutsche Marken. Aber: Der deutsche Automarkt boomte und galt längst als ultimativer Härtetest für alle Hersteller. Denn das Land war groß, wohlhabend und hatte einen handfesten Vorteil: Es gab keine strikte Abschottung durch Zollschranken, wie in so vielen anderen Ländern mit eigener Autoindustrie. Deshalb stand nicht nur für den Konzernchef Soichiro Honda fest: Wer Europa erobern wollte, musste in Deutschland beginnen. So gründete Honda schon 1961 in Hamburg die erste Niederlassung. So mutig waren nicht alle Asiaten: Datsun/Nissan, Isuzu und Prince wagten sich wie viele Amerikaner zunächst nur zaghaft über kleine Importeure in das Land. Gerade erst war mit Borgward der erste einheimische Automobilgigant gescheitert. Das begeisterte zwar Menschen mit Benzin im Blut, veränderte die Kaufentscheidungen aber kaum: Sechsstellige Stückzahlen erzielten von den Importeuren nur Renault und Fiat. Wobei die Italiener durch die Marke NSU-Fiat und in Heilbronn montierte Modelle wie den Jagst 2 einen Heimvorteil hatten. Starke Franzosen, schwache BritenBeachtlich war die anhaltende Affinität der Deutschen zum französischen Automobil. Marken wie Citroen, Peugeot, Panhard und Simca, aber auch Facel-Vega und Alpine liebten die Deutschen. Sie schafften eine beachtliche Präsenz auf den mittlerweile staugeplagten Autobahnen zwischen Hamburg und München. Davon konnten die 27 englischen Autobauer nur träumen. Sogar eine Ostblockmarke zeigte der angelsächsischen Autoindustrie, wie man den Deutschen Autos verkauft: Skoda kombinierte bei 1000 MB und Felicia günstige Preise mit schönen Formen und robuster Technik. Mit dem Ergebnis, dass vor 50 Jahren drei Mal so viele Skoda in Deutschland zugelassen waren wie Austin. An fehlendem Innovationsgeist der Briten lag es nicht: Alec Issigonis hatte soeben mit dem Mini und der kompakten Frontantriebsklasse 1100/1300 sowie dem größeren 1800 der Autowelt gezeigt, wie moderne Modelle aussehen können. Die Franzosen dagegen vermarkteten zukunftsweisende Konzepte erfolgreich als Volksfahrzeuge. Zuerst die Jahrhundert-Limousine Citroen DS (ab 1955), dann den Kleinwagen Renault 4 mit Heckklappe und Frontantrieb (ab 1961) und ab 1965 den Renault 16, der die Attribute Fastback und fünf Türen in der Mittelklasse etablierte. Erschwerte Bedingungen für US-MarkenEinen schweren Stand hatten dagegen Autos aus den USA. Nicht weniger als 19 (!) US-Marken traten in Deutschland an, wo heimische Marken wie BMW, Glas und Mercedes ebenfalls mit V8-Power punkten konnten. Mercedes störte nicht, dass der Excalibur, der mit 38.900 Mark fast so viel kostete wie acht VW Käfer, ganz unverfroren den Mercedes SSK von 1928 zitierte. Fast ein Sonderangebot war für 16.850 Mark der Ford T5, der in Deutschland nicht Mustang heißen durfte: Krupp und Kreidler hielten die Namensrechte. Trotzdem war der erste Mustang zu teuer: Er kostete fast so viel wie Porsche 911 und Mercedes 230 SL. Der Dollar-Wechselkurs benachteiligte US-Exporte, und die hubraumstarken Motoren litten unter der in Deutschland üblichen Steuer nach Kubikzentimetern. Das musste auch Renault lernen - bezogen die Franzosen ihre Flaggschiffe für Europa damals doch von AMC-Rambler. Viele Fans fanden dagegen die heißblütigen Heckmotor-Zwerge auf Fiat-500-Basis, Steyr-Puch in Österreich baute. Trotzdem: Die Österreicher hatten 1965 gerade einmal 2.600 Autos auf deutschen Straßen. Verglichen mit 2,6 Millionen VW, war das fast nichts. Automobilbestand in Deutschland vor 50 Jahren
Quelle: SP-X/W. Nickel |
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