Mit dem XT4 will Cadillac in Europa endlich aus der Nische fahren. Die Ansätze sind gut, doch an mancher Stelle besteht noch etwas Feintuning-Bedarf für das USA-SUV.
Seattle/USA - Felix Weller hat ein Problem: Seine Marke kennt fast jeder, doch seine Autos kauft kaum einer. Gerade einmal 944 Neuzulassungen kann der Europa-Chef von Cadillac deshalb fürs letzte Jahr vermelden, mehr als die Hälfte davon rollt auf deutschen Straßen. Zu exotisch sind Limousinen wie der CT6 und zu groß Geländewagen wie der Escalade, als dass sich damit in Europa Masse machen ließe. Doch wenn Weller ein Jahr weiter blickt, geht ein Lächeln über sein Gesicht. Quelle: Cadillac Denn ab Ende 2019 nimmt er zu Preisen ab etwa 35.000 Euro Bestellungen für ein Auto entgegen, das für Cadillac eher untypisch ist, dafür aber umso besser ins Straßenbild passt: Den XT4. Mit 4,60 Metern fast schon kompakt und ausgesprochen vernünftig motorisiert, zielt er auf das boomende Segment der handlichen Luxus-SUV. Ein hierzulande stark umkämpftes Segment, dass sich bei uns vor allem Audi Q3 und Q5, BMW X1 und X3 sowie Mercedes GLA und GLC teilen. Dafür setzen die Amerikaner wie immer auf ein markantes Design, das mit seinen auffälligen Front- und Rückleuchten und dem betont kantigen Schnitt angenehm heraussticht aus dem europäischen Einerlei. Es gibt viel Platz auf allen Plätzen und im Fond mehr Beinfreiheit als bei der Konkurrenz. Die Aussicht ist auch für die Fahrgäste auf der Rückbank angenehm und bei der Ausstattung wird nicht gespart: Sitzklimatisierung, Abstandsregelung und Spurführung, Head-Up-Display, eine kabellose Ladeschale fürs Smartphone und vorne wie hinten Steckdosen für USB-A und erstmals auch für USB-C. Viel gut Gemeintes schlecht umgesetztDavon abgesehen wirkt das Ambiente des Außenseiters aus Amerika etwas altbacken: Wo alle Welt auf digitale Cockpits setzt und Cinemascope-Bildschirme einbaut, schraubt Cadillac noch zwei vergleichsweise schlichte Rundinstrumente hinters Lenkrad, der Touchscreen über der Mittelkonsole ist zu klein und nicht sonderlich schön ins Cockpit integriert, dass Cadillac die iDrive-Kopie auf dem Mitteltunnel als Innovation feiert, ist fast schon Ironie. Schließlich werden Systeme mit Dreh-Drück-Steller woanders eher ausgemustert. Quelle: Cadillac Ansonsten ist der XT4 ein stimmiges Auto, das durchaus als amerikanische Alternative zu den immer gleichen SUV aus dem deutschen Süden taugt. Zumal Cadillac auch unter dem Blech europäische Maßstäbe angelegt hat. Lenkung und Fahrwerk sind gut abgestimmt, bei der Fahrdynamik muss der XT4 sich nicht vor Audi oder Mercedes verstecken. Und mit einem 2,0 Liter großen Turbo-Benziner ist man bei uns auch besser bedient, als mit den üblichen Sechs- oder gar Achtzylindern, die sie bei Cadillac sonst gerne verbauen. Erst recht, wenn der Vierzylinder bei Teillast noch zwei Töpfe abklemmt und nur noch auf zwei Flammen brennt. Das dürfte den Verbrauch auf deutlich unter acht Liter drücken. Allerdings darf man von dem Motor nicht zu viel erwarten. Zumindest mit dem amerikanischen Setup der ersten Testwagen kommt das Triebwerk zwar auf knapp 240 PS und bis zu 350 Nm, bringt davon aber längst nicht alles auf die Straße. Irgendwo in der neunstufigen Automatik oder dem angehängten Allradantrieb gehen gefühlte 20 Prozent der Leistung verloren, so dass man dem XT4 nicht viel mehr als 200 km/h zutraut. Und der helle, heisere Klang macht die Sache nicht besser, wenn man aufs Gas tritt. Alle sechs Monate ein neues ModellQuelle: Cadillac Die lange Wartezeit bis zum Marktstart lässt den Ingenieuren ein bisschen Zeit für Feintuning. Am Motor müssen sie in Sachen Otto-Partikelfilter noch einmal Hand anlegen. Und wo sie gerade dabei sind, werden sie gleich auch noch einen knapp 200 PS starken 2,0-Liter-Diesel applizieren. Wenn Cadillac schon mal mit Tabus bricht, dann richtig. Die Amerikaner sehen bei uns noch immer gute Chancen für den Selbstzünder. Ein bisschen anders als die anderen, 10.000 Euro billiger als das bislang günstigste Modell der Marke und ein Maß für die Masse: Selbst wenn es die Amerikaner auch mit dem XT4 bei uns nicht vollends aus der Nische schaffen werden, spricht vieles dafür, dass der kleinste Cadillac zum größten Erfolg der Amerikaner wird und sich der Bekanntheitsgrad der Marke endlich auch ein wenig in den Verkaufszahlen niederschlagen könnte. Zumal der XT4 nur der Anfang ist, sagt Weller: „Denn in den nächsten drei Jahren kommt alle sechs Monate ein neues Modell“. Technische Daten Cadillac XT4
Quelle: Sp-x
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