Bis zu sieben Personen als Pkw, oder eine Tonne als Nutzfahrzeug: An den Kerntugenden des Fiat Doblò ändert sich beim Facelift nichts. Erste Fahrt im italienischen Caddy.
Turin - Tatü, tata. Auch wenn der Polizei-Doblò, den Fiat mitgebracht hat, nur ein Prototyp ist und kein Nicht-Polizist ihn fahren darf: Für viel Alarm braucht der neue Fiat Doblò keine Sirene. Dabei geht es streng genommen nur ums Facelift eines Nutzfahrzeugs, nach fünf Jahren im Einsatz. "Ich sehe doppelt", bewirbt Fiat den Doblò. Nutzfahrzeuge im Familienlook heißen beim Kraftfahrtbundesamt „Utility“, und genau den Spagat zwischen Nutzfahrzeug und Pkw bewältigt der Doblò mit vielen, vielen Varianten: Die Preisliste zur „Cargo“-Version misst 48 Seiten, beim Pkw sind es nur 12. In punkto Komfort und Raumangebot glänzte der Fiat schon immer, als Familien- oder Fahrradträger, Handwerkerauto oder Polizeieinsatzfahrzeug. Hinzu kommen nun neben neuem Design ein neues Cockpit und weiterentwickelte Motoren. Platz ist in der kleinsten TurnhalleQuelle: FiatDas macht aus einem Pragmatiker natürlich keinen Lifestyle-Hipster. Der Fiat Doblò bleibt zuallererst nützlich. Der bedeutet zunächst: Platz mag in kleinsten Hütten sein, der Doblò ist eher eine Turnhalle. In breiten, gut gepolsterten Sitzen fühlen sich auch sehr dicke Handwerker oder dick eingepackte Normalgewichtige wohl. Hinten sitzt man steiler und härter, aber: Die Kopffreiheit reicht zum Übereinander sitzen, und angesichts von mindestens 790 (!) Liter Kofferraum werden alle Caddys und Berlingos blass um den Kühlergrill. Das neue Cockpit sieht schick und modern aus, besonders im neuen Zweifarb-Look (nur in der Lounge-Ausstattung). Ist aber komplett abwaschbar (praktisch!) und sehr übersichtlich (noch praktischer!). Wer sich für das Uconnect-Multimediasysystem entscheidet stellt fest: Fünf Zoll Bildschirmdiagonale sind nicht viel, aber genug. Vorteil FahrwerkNicht genug für fünf Sterne im Crashtest sind dagegen vier Airbags plus ESP. Ein Notbremsassistent oder Spurwechselwarner sind nicht lieferbar, der Tempomat aufpreispflichtig. Bisher hat Euro NCAP die aktuelle Doblò-Generation nicht getestet. Seine "Bi-Link" Hinterachse mit Einzelradaufhängung verschafft dem Doblò einen Komfort-Vorteil gegenüber den meisten Konkurrenten: Im VW Caddy rumpelt sogar eine Starrachse. 525 bis 675 Kilo Zuladung (je nach Version) erfordern allerdings eine straffe Grundeinstellung. Für echte Pkw-Fahreigenschaften steht der Doblò außerdem zu hoch im Wind. Hoch sitzt auch der Fahrer, und überblickt mühelos die vier Ecken seiner Turnhalle. Lenken und Schalten geht leicht von der Hand – nicht ganz so leicht wie in einem Fiat 500 zwar. Trotzdem fehlt der Doblò-Lenkung etwas Genauigkeit um die Mittellage. Mehr Durchzug, weniger LärmEin absoluter Volltreffer waren Fiats Maßnahmen zur Geräuschdämmung. Rechnerisch wurde es im Doblò 3db leiser, praktisch heißt das: Wer hinten sitzt, kann jetzt auch auf der Autobahn mit dem Fahrer sprechen. In dieser Klasse bisher völlig unbekannt: Ein dritter Sitz in der ersten Reihe. Kundenwunsch, sagt Fiat, und liefert nun für 273,70 Euro Aufpreis, leider nur in der Cargo-Variante. Wer einen sehr schlanken oder faltbaren Kollegen hat, kann ihn hier mitnehmen. Aus sechs Motoren und drei Getrieben fuhren wir den mittleren Diesel (105 PS) und den großen Benziner (120 PS) in der CNG-Variante. Beide erlauben sport-aber auch stressfreies Fahren, der Benziner mit etwas besserer Geräuschkultur. Der Diesel liefert auch beladen und am Berg genug Drehmoment. Für eine Aussage zum Verbrauch war die Fahrstrecke zu kurz. Viel Luft nach obenIm deutschen Markt hat der Fiat Doblò noch viel Luft nach oben. Gerade einmal 1.162 Stück konnte Fiat 2014 verkaufen. 30.154 Kunden griffen lieber zum angejahrten VW Caddy. Preislich spielt der Doblò in einer Liga mit Citroen Berlingo oder Renault Kangoo, bleibt aber einige Tausender unter VW Caddy und Ford Tourneo Connect – erst recht ausstattungsbereinigt. Und, a propos Ausstattung, wo sonst im Hochdachkombi-Land gibt es Ventilkappen mit Fiat-Logo oder einen schnuckeligen Duftspender? Sicher nicht im Polizei-Doblò – aber bei Fiats angeheirateter Zubehör-Tochter Mopar. Eine letzte Frage: Was macht eigentlich Opel? Deren Combo basiert auf dem bisherigen Doblò. Bei Fiat heißt es: Das Werk in Bursa (Türkei) baut den bisherigen Combo vorerst weiter. Mittelfristig wird Opel wahrscheinlich sein kleinstes Nutzfahrzeug mit dem neuen Partner PSA bauen. Technische Daten: Fiat DoblòDer einfachste Pkw
Der lange Pkw mit Spritspar-Diesel
Der einfachste Transporter
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