In der 911er-Baureihe gilt der GTS als das Beste aus zwei Welten. Kein Elfer beherrscht Alltag und Rennpiste so gut wie er. Jetzt kommt auch er mit Turbo. Erste Fahrt.
Von Michael Specht Kapstadt - Er trägt Schwarz statt Chrom, er hat ein breites Kreuz auch ohne Allradantrieb und er „fährt auf der Rennstrecke auf GT3-Niveau“. Letzteres behauptet immerhin August Achleitner. Er ist Chef der 911er-Baureihe und damit auch für dieses Modell verantwortlich - das vielleicht das Beste aus zwei Welten bietet. Zum Beispiel die Rennstrecke. Nicht irgendeine, sondern die Nordschleife. Hier soll der GTS dem normalen Carrera S vier Sekunden abnehmen. Er umrundet sie in 7:26 Minuten statt in 7:30 Minuten. Was will man mehr? Zumal: Der GTS kostet mit 124.451 Euro auch nicht so astronomisch viel wie der Turbo S. Kann beides: Ins Büro und auf die PisteFindet auch Walter Röhrl. Die Rallye-Legende war mit uns auf der Rennstrecke von Killarney bei Kapstadt unterwegs. Um den Grenzbereich der neuen Elfer-Version ein wenig auszuloten. „Mit dem GTS kann ich meine Frau vormittags zum Einkaufen schicken“, sagt Röhrl. „Und nachmittags mit dem Wagen über die Nordschleife des Nürburgrings knallen. Diesen Spagat schafft kein anderer Sportwagenhersteller.“ Interessant ist der Carrera GTS also vor allem für jene Kunden, denen ein Turbo S zu viel des Guten und ein GT3 eine Idee zu rennsportmäßig abgestimmt ist. Der GTS bietet nahezu die gleiche Dynamik, und trotzdem lassen sich zur Not auch mal die Kinder auf den Rücksitzen unterbringen. Die „Porsche Track Precision App“ zeichnet alles aufAusschließlich für die Rennstrecke hat Porsche eine App fürs Smartphone entwickelt. Sie nennt sich „Track Precision“ und beinhaltet rund 130 Rennkurse weltweit. Auf dem Handy werden unter anderem Rundenzeiten und Beschleunigungskräfte (G-Force) aufgezeichnet. Die Übertragung funktioniert per WLAN mit dem Bordsystem. Auch lässt sich ein sogenanntes Ghost-Car definieren, beispielsweise jenes mit der schnellsten Rundenzeit. An ihm kann sich der Fahrer dann messen. Selbstverständlich können in Zeiten von Social-Media alle Daten auch auf Facebook gepostet oder an den heimischen Computer geschickt werden. Die Track Precision App soll künftig für alle Porsche-Sportwagenmodelle zu haben sein. Größere Lader, mehr Drehmoment, weniger VerbrauchModerne Zeiten? Klar, auch unter der Haube. Die Zeiten des Saugmotors sind für den GTS vorbei. Wie in den anderen neuen Elfern sitzt ein Bi-Turbo im Heck. 450 PS drückt Porsche so aus 3,0 Litern Hubraum. Das sind 30 mehr als im 911 Carrera S und 20 mehr als in der der Vorgängerversion. Der Sechszylinder-Boxer-Biturbo wird intern 9A2 genannt. Die höhere Leistung (Drehmoment 550 Nm) wurde hauptsächlich durch größer dimensionierte Turbolader erreicht. „Wir hätten auch den Ladedruck erhöhen können“, sagt Motoren-Entwickler Matthias Hofstetter, „doch dann hätten wir viele Peripherie-Bauteile, die Einfluss auf die Thermodynamik nehmen, neu dimensionieren müssen, wie beispielsweise die Ladeluftkühlung oder die Injektoren.“ Zudem wollte und musste Porsche mit dem Verbrauch runter. Handgeschaltet gibt das Werk 9,4 Liter an, mit Doppelkupplungsgetriebe (rund 4.000 Euro Aufpreis) sind es nur 8,3 Liter auf 100 Kilometer. „Wir konnten so den Normwert um bis zu 0,6 Liter senken“ sagt Hofstetter. Auch Nicht-Profis schaffen schnelle RundenIm Alltag steigt der Verbrauch schnell in den zweistelligen Bereich. Das wird kaum einen Carrera-Fahrer überraschen. Aber dafür gibt es einen Gegenwert: beeindruckende Fahrleistungen. Besonders agil zeigt sich die Version mit Heckantrieb, da sie 45 Kilogramm weniger auf die Waage bringt als der ebenfalls erhältliche Allrader. Wer möchte, kann beim Coupé sogar die Rücksitze abbestellen, um noch mehr Gewicht zu sparen. Der GTS spricht spontan und souverän auf Gas an und lässt sich geschmeidig bis knapp 7.000 Umdrehungen hochjubeln. Um ihn zügig um die Rennstrecke zu feuern, muss man kein Profi sein. Der GTS lenkt ungeheuer präzise ein, liegt sicher und stabil in der Kurve. Und wie herrlich er herausbeschleunigt - das gibt es sonst nirgendwo in der Form serienmäßig. Dabei erkauft Porsche den Fahrspaß nicht mal mit übertriebener Fahrwerkshärte. Solch eine Ausgewogenheit bieten nur wenige Sportwagen. Fünf GTS-Versionen: 20 Derivate des ElfersDer GTS gilt in der Szene als gutes Package. Entsprechend hoch dürfte – wieder einmal – die Nachfrage sein. Das zeigten bereits die Vorgängermodelle. Achleitner: „Jedes Mal, wenn wir die GTS-Serie auflegen, entscheiden sich bis zu 50 Prozent der 911er-Kunden für diese Variante.“ Seinen Teil dazu beitragen wird sicher auch der Innenraum. Er ist weitgehend ausgeschlagen mit Alcantara. Sogar Lenkrad, Mittelarmkonsole und die Armauflagen in den Türen. Porsche bietet den neuen GTS in fünf Versionen an, als Coupé und Cabrio, jeweils auch mit Allrad, außerdem als Targa, der immer über alle vier Räder angetrieben wird. Damit wächst die 911er-Baureihe auf 20 unterschiedliche Derivate. Das Ende der Fahnenstange ist damit aber nicht erreicht. Es fehlt unter anderem noch der GT3. Ihn will Porsche Anfang März in Genf zeigen. Technische Daten Porsche 911 Carrera GTS
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