Köln – Dieses Auto hätte eigentlich den Oscar als beliebtester Nebendarsteller verdient. Der Mazda MX-5 trat in mehr als 350 Filmen auf. Auf der Straße übernahm er die Rolle des Retro-Roadsters und besetzte die Lücke, die die offenen Sportwagen hinterlassen hatten.
Mit großem Erfolg. Der bezahlbare Miata alias MX-5 war anfangs begehrter als mancher Supersportler aus Maranello und wurde weltweit in größeren Stückzahlen verkauft als jeder andere offene Zweisitzer. Bis heute hat Mazda rund 936.000 MX-5 in drei Generationen ausgeliefert.
Dabei eroberte das kleine Kultcabrio nicht nur die Herzen der Amerikaner. Sogar für überzeugte Blechdachliebhaber wie die Japaner ließ das Modell als „Eunos“ die Sonne aufgehen. In England stieß er Roadster-Ikonen wie MG B und Triumph Spitfire vom Bestseller-Sockel.
1984 fiel das Startsignal
Die Geschichte des MX-5 begann mit einer Skizze von Bob Hall im Jahr 1979 Quelle: Mazda
Die große Idee begann mit ein paar kleinen Strichen: 1979 zeichnete der amerikanische Motorjournalist Bob Hall mit Kreide die Skizze eines erschwinglichen Roadsters auf eine Tafel und zeigte dies dem damaligen Entwicklungsleiter von Mazda, Kenichi Yamamoto. Die Form des Autos orientierte sich an englischen Kult-Roadstern à la Lotus Elan und MG B. Technisch sollte der Wagen aber so zuverlässig sein, wie es damals nur Pkw aus dem Land der aufgehenden Sonne waren.
Fünf Jahre und mehrere Sportwagenstudien später gab Mazda das offizielle Startsignal zur Entwicklung des offenen Zweisitzers. Inzwischen hatte der bekennende Roadster-Fan Yamamoto die Führung der Mazda Motor Corporation übernommen und Bob Hall zum Produktplaner im neuen kalifornischen Mazda-Entwicklungszentrum Irvine ernannt. Hier wurde auch das klassische Zweisitzer-Layout mit Frontmotor und Heckantrieb im Retrodesign entworfen.
Das Projekt mit dem Geheimcode 729 LWS sollte von Anfang an sportlich und komfortabel zugleich sein. Deshalb kombinierte Mazda eine spritzige Leichtbaukarosserie mit einem wetterdichten Verdeck, einer Klimatisierung und später sogar einer wenig beliebten, weil unsportlichen Getriebeautomatik.
Die Reaktionen waren überwältigend
Kurz: Der Mazda MX-5 wurde ein Auto, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte. Ein offenherziger Traum mit verführerischen Linien und modischen Klappscheinwerfern für relativ kleines Geld. Welche Wirkung er entfaltete, davon konnte sich Mazda-Chefdesigner Shigenori Fukuda mit ersten Prototypen im Roadster-Paradies Kalifornien überzeugen.
Schon kurz nach der Präsentation des ersten MX-5 im Jahr 1989 betrug die Lieferzeit bis zu eineinhalb Jahre Quelle: Mazda
„Die Reaktion war überwältigend. Wir wurden von Fahrern in Camaros und Porsches verfolgt“, erzählte Fukuda später über seine Testfahrten. „Schließlich flüchteten wir in den Garten eines Privathauses, nur um unseren Verfolgern zu entkommen. Da kam ein grauhaariger Mann herausgestürzt. Wir versuchten unser Eindringen zu entschuldigen, aber er winkte mit seinem Scheckbuch und wollte unbedingt das Auto kaufen“.
35.500 Mark für einen Roadster
Das war der Anfang eines Roadster-Rauschs, der mit der Premiere des Serienautos auf der Chicago Motor Show im Februar 1989 begann. Im ersten Jahr hatte Madza 35.000 Roadster für amerikanische und japanische Käufer vorgesehen – das war viel zu wenig.
Bereits ein paar Tage nach dem Marktstart betrug die Lieferzeit anderthalb Jahre – so etwas akzeptierten die Amerikaner bis dahin nicht einmal bei Supersportwagen. Das Debüt des MX-5 auf der IAA im September 1989 infizierte dann auch die Europäer. Damit hatte kaum ein Mazda-Manager gerechnet.
Nach den anfänglichen Grauimporten aus den USA rollten im Frühjahr 1990 die ersten Roadster zu den deutschen Händlern. Das Jahreskontingent war da allerdings bereits ausverkauft. Und für zuteilungsreife Kaufverträge und junge Gebrauchte wurde ein Aufpreis von bis zu 50 Prozent gezahlt. Eigentlich kostete der MX-5 35.500 Mark. Damit war er deutlich günstiger als ein Alfa Romeo Spider und kaum teurer als ein offener Kleinwagen wie der Peugeot 205 CTI.
Trotz Konkurrenz blieb der MX-5 unschlagbar
Als 1997 die zweite Generation des MX-5 auf den Markt kam (Serie NB von 1997-2005), musste sie sich Mazda MX-5 Quelle: Mazda
gegen einige Rivalen behaupten. Alfa Spider, Audi TT, BMW Z3, Daihatsu Copen, Fiat Barchetta, Ford (Mercury) Capri, MG TF oder Toyota MR-2 erzielten respektable Platzierungen in den Zulassungsstatistiken. Doch sie alle konnten dem Champion nichts anhaben. Der blieb fast unverändert gefragt, auch dank limitierter Sondermodelle und einer permanenten liebevollen Modellpflege.
Als Anfang 2006 die dritte, geringfügig größere Auflage des MX-5 auf den Markt kam, stand das Modell bereits seit sechs Jahren als erfolgreichster offener Zweisitzer der Automobilgeschichte im Guinness-Buch der Rekorde. Die erste Rekordzahl von 531.890 Einheiten musste bis heute immer wieder nach oben korrigiert werden. Jetzt ist die Millionen-Marke fast erreicht.
Im Jahr 2007 stellte Mazda dem Roadster ein Coupé mit faltbarem Hardtop zur Seite – das ist einzigartig in der Welt der günstigen Roadster. Doch diese Alleinstellungsposition muss sich der MX-5 in der nächsten Generation mit einem anderen Modell teilen. Denn dann läuft der Alfa Spider als italienisches Schwestermodell von den Bändern, in Hiroshima.