• Online: 3.097

Verkehrsminister: Fiat-Abschalteinrichtung unzulässig - Dobrindt greift Fiat an

verfasst am

Fiats Abschalteinrichtungen hält das Verkehrsministerium nach Tests für unzulässig. Das geht aus einem Schreiben von Alexander Dobrindt an die EU-Kommission hervor.

Laut dem Bundesverkehrsministerium soll Fiat eine illegale Abschalteinrichtung in einige seiner Dieselfahrzeuge eingebaut haben Laut dem Bundesverkehrsministerium soll Fiat eine illegale Abschalteinrichtung in einige seiner Dieselfahrzeuge eingebaut haben Quelle: picture alliance / dpa

Berlin - Im Streit um manipulierte Abgaswerte erhebt das Bundesverkehrsministerium neue Vorwürfe gegen Fiat. In einem Schreiben an die EU-Kommission wirft Alexander Dobrindt dem Autohersteller vor, bei einigen Modellen mit Hilfe einer "unzulässigen" Abschalteinrichtung deutlich zu viel schädliche Abgase ausgestoßen zu haben.

Fiat wehrte sich gegen die Vorwürfe. Es handele sich um ein internes Schreiben, das dem Unternehmen selbst nicht vorliege, sagte eine Sprecherin der Deutschland-Niederlassung. "Wir bleiben dabei, dass unsere Fahrzeuge die Anforderungen erfüllen und keine Abschalteinrichtung besitzen", hieß es. Im übrigen wolle man sich in die Arbeit der Behörden nicht einmischen.

Fiat erteilte Dobrindt eine Absage

Alexander Dobrindt sieht nach den Untersuchungsergebnissen des KBA den Nachweis für eine unerlaubte Abgasreinigung bei Fiat als erbracht Alexander Dobrindt sieht nach den Untersuchungsergebnissen des KBA den Nachweis für eine unerlaubte Abgasreinigung bei Fiat als erbracht Quelle: picture alliance / dpa

Nach Informationen des Magazins ist es das erste Mal nach dem Fall Volkswagen, dass eine Behörde bei einem Autohersteller eine solche mutmaßlich gezielte Manipulation bei der Abgasbehandlung beanstandet. Bisher hatte nur VW eingeräumt, bei Abgastests getäuscht zu haben - dies hatte die Diesel-Affäre mit Milliarden-Rückstellungen bei Deutschlands größtem Konzern und millionenfachen Rückrufen ausgelöst.

Nach Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) hatte es im Frühjahr bei 22 von 53 getesteten Dieselwagen Zweifel daran gegeben, ob das Herunterregeln der Abgasreinigung bei niedrigeren Temperaturen wirklich nur mit dem Schutz von Motorbauteilen zu tun hat. Betroffen davon war auch Fiat Chrysler. Einen Termin mit der von Dobrindt infolge des VW-Abgas-Skandals eingesetzten Untersuchungskommission ließ das Unternehmen im Mai platzen. Kurz darauf schaltete das Ministerium italienische Behörden und die EU-Kommission ein - verbunden mit dem Aufruf, eigene Maßnahmen zu ergreifen.

Abgasrückführung schaltet nach 22 Minuten ab

Anschließend führte das KBA Untersuchungen an weiteren vier Fahrzeugen des Fiat-Chrysler-Konzerns durch, wie es nun in dem Schreiben des Verkehrsministeriums hieß. Die Ergebnisse zeigten ein "qualitativ ähnliches Verhalten im Anstieg von NOx-Emissionen" - also dem Ausstoß von gesundheitsschädlichen Stickoxiden.

Die Werte seien bis auf das 9- bis 15-Fache des Grenzwerts gestiegen. Das liege unter anderem an einer Abschaltung der Abgasrückführung nach 22 Minuten. "Damit ist aus unserer Sicht der Nachweis des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung erbracht", hieß es in dem Papier. Und: "Die Ansicht der italienischen Typengenehmigungsbehörde, die Abschalteinrichtung werde aus Gründen des Motorschutzes verwendet, kann Deutschland nicht teilen."

Kritik von Umweltorganisation

Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup erklärte: "Damit ist endlich amtlich, was Beobachter längst vermuteten. Der VW-Skandal ist ein Branchenskandal." Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Abgas-Skandal im Bundestag, Herbert Behrens (Linke): "Es ist längst klar, dass es sich um ein Branchenproblem und nicht um ein VW-Problem handelt."

Von daher reiche es nicht aus, "dass Verkehrsminister Dobrindt nach Gutsherrenart einige Hersteller an den Pranger stellt und andere letztlich unbehelligt lässt". Behrens ergänzte: "Fiat markiert jedoch die Spitze der Dreistigkeit, denn hier wurde nicht nur bei der Abgasnachbehandlung gespart, sondern auch noch billige Betrugssoftware verwendet." Der Autobauer äußerte sich dazu nicht.

UPDATE: Dobrindt sieht Zuständigkeit bei EU

Brüssel muss aus Sicht des Ministers nun Untersuchungen bei Fiat durchsetzen. "Die EU-Kommission hat jetzt die Verantwortung, dass die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt am Freitag der dpa. Sie müsse dafür sorgen, dass die Zulassungsbehörde in Italien Dieselautos von Fiat untersucht.

Die Kommission verwies dagegen auf die Verantwortung der nationalen Stellen. "Nach den derzeitigen Regelungen zu Typzulassungen ist der Mitgliedsstaat, in dem eine Typzulassung erteilt wurde, dafür zuständig, Fehlverhalten abzustellen", betonte eine Sprecherin. Wenn die Entscheidungen eines Landes von einem anderen in Frage gestellt würden, könne die Kommission zwar zurate gezogen werden. Die EU-Behörde habe aber die "Rolle eines Vermittlers, nicht eines Schiedsrichters".

Dobrindt sagte, Fiat habe sich geweigert, dazu vor der deutschen Untersuchungskommission aufzutreten. Deshalb müsse nun in Italien untersucht werden. Zu den Vorwürfen aus der Opposition und von Umweltschützern wollte Dobrindt sich auf der Elektronikmesse IFA in Berlin nicht äußern.

 

Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht

 

Quelle: dpa

Avatar von MOTOR-TALK (MOTOR-TALK)
436
Hat Dir der Artikel gefallen? 9 von 11 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
436 Kommentare: