Ein Billigauto für jedermann sollte er werden, der Tata Nano. Doch eine falsche Produktstrategie und anhaltende Qualitätsprobleme beenden nun seine Geschichte.
Köln - Zehn Jahre hat der Tata Nano mit Ach und Krach überlebt. Nun endet die Produktion des einst „billigsten Autos der Welt“. Statt den Start einer nie gesehenen Massenmobilisierung zu markieren, wurde der indische Kleinstwagen zum Flop. Es wirkte wie eine geniale Idee: Anfang 2008 stellte der indische Autobauer Tata Motors auf der New Delhi Auto Expo ein Fahrzeug vor, das das Potenzial zum Weltrevolutionär zu haben schien. Der Tata Nano war gerade einmal 3 Meter lang und umgerechnet keine 1.500 Euro teuer, aber sicherer, trockener und viel komfortabler als die ansonsten in Indien genutzten Motorräder und Roller. Gerade deren Fahrer hatte der Chef des Mutterkonzerns, Ratan Tata, im Blick – für sie sollte der Kleinstwagen der Einstieg in die Welt des Autos sein und gleichzeitig den gesellschaftlichen Aufstieg markieren. Gerade der Boulevard feierte das Billigmobil daraufhin als Beispiel für clevere Autobaukunst jenseits des teuren, westlichen Perfektionismus. Verbunden mit der leicht hämischen Frage, warum VW und Co. vergleichbares nicht fertig brächten. Tatsächlich war das seinerzeit ein wunder Punkt bei den Wolfsburgern, die unbedingt ein Billigauto für Asien bauen wollten, aber nicht den passenden technischen Ansatz oder den richtigen Partner vor Ort fanden. Auf weniger als das Wesentliche reduziertTatas Ansatz zur Kostensenkung war einer der radikalen Reduktion. Auf Komfortextras wie Klimaanlage und Servolenkung wurde verzichtet, große Teile des Fahrzeugs wurden aus geklebten Plastik- statt aus geschweißten Blechteilen gefertigt, Sicherheit war zweitrangig, Airbags und ABS nicht zu haben. Zudem fehlte in der Basisvariante die Kofferraumklappe, der Gepäckraum war nur über die umgeklappte Rücksitzbank erreichbar. Und auch beim Antrieb herrschte Minimalismus: Ein 0,62 Liter kleiner Zweizylinder mit 38 PS benötigte volle 30 Sekunden, den Kleinstwagen auf Tempo 100 zu beschleunigen. Der wohl schwerste Schlag für das kleine Auto waren jedoch die Qualitätsprobleme, die im Herbst 2009, kurz nach Marktstart, auftraten. Offenbar war die Elektrik fehlerhaft, so dass es bei zahlreichen Autos zu verschmorten Plastikteilen und starker Rauchentwicklung kam. Möglicherweise sind einige Fahrzeuge auch ganz ausgebrannt. Öffentlich bestätigt hat Tata das jedoch nie. Dass das Minimobil auch in Crashtests nicht unbedingt glänzte, half gleichsam wenig bei der Kundensuche. Tata hat sich beim Klientel verschätzt Der Nano verkaufte sich in Indien von Anfang an schleppend. In zehn Jahren wurden gerade einmal 300.000 Fahrzeuge verkauft – so viele, wie es eigentlich in einem Jahr hätten sein sollen. Zuletzt sind nur noch gut 200 Autos pro Monat gebaut worden, im Juni war es nur noch ein einziger. Für den Konzern ist das einstige Lieblingskind längst zum Verlustbringer geworden. Gebaut wird er nur noch aus emotionalen Gründen, wie Tata-Motors-Präsident Cyrus Mistry unlängst gegenüber der „Economic Times India“ eingestand. Tata reagierte zu spät Für Tata Motors war der Nano-Flop durchaus schmerzhaft. Das Scheitern der Pläne gilt unter Analysten als einer der Gründe für die bis heute anhaltende Schieflage des Unternehmens, dessen Autoproduktion sich in den vergangenen sieben Jahren fast halbiert hat. Durch das Produktionsende des Nano fehlt der Marke nun auch noch der Titel des billigsten Autos weltweit. ***** In eigener Sache: Du willst regelmäßig die besten Auto-News lesen? Dann abonniere unseren wöchentlichen E-Mail-Newsletter oder täglichen Whatsapp-Newsletter (Mo-Fr). Es dauert nur 1 Minute.
Quelle: Sp-x |
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