Die Restaurierung eines Citroën DS Coupé Le Dandy bescherte seinem Besitzer Andreas Golz viele Überraschungen. Mit großer Eigenleistung baute er den von Chapron karossierten Zweitürer wieder neu auf. Die wahre Autoleidenschaft von Andreas Golz wird beim Besuch in seinem Büro deutlich. Dort steht neben Schreibtisch und Besuchersessel eine Citroën DS. Oder besser gesagt: eine halbe Citroën DS. Der Länge nach aufgesägt, lehnt sich die Limousine an die Wand, als sei sie geradewegs von der Mauer zweigeteilt worden. Wo sich einst im Innenraum die Sitze befanden, dient jetzt eine Ablage als Parkplatz für Miniaturmodelle. In Sachen Citroën DS macht Andreas Golz ansonsten keine halben Sachen. Die private Oldtimerflotte des 40-jährigen Inhabers von zwei Peugeot-Autohäusern im beschaulichen Binzen bei Lörrach umfasst eine ganze Armada an D-Modellen, aber eines hebt sich aus den Tiefen seiner Hydropneumatik ganz besonders empor: ein Citroën DS Coupé. Nicht ab Werk erhältliche Rarität Das elegante Citroën DS 19 Coupé wurde in dieser Form nie vom Werk angeboten, sondern entstand bei dem französischen Carrossier Henri Chapron im Pariser Vorort Levallois. In den Fünfzigern und Sechzigern schuf Chapron eine Vielzahl verschiedener Coupés und Cabriolets auf Basis der Citroën DS, und auch das ab Werk erhältliche Cabriolet stammt aus der Werkstatt des Karosseriespezialisten. Seine Kreationen versah Chapron stets mit eigenen Zusatznamen. Das Citroën DS 19 Coupé von Andreas Golz trägt die Bezeichnung Le Dandy und zeichnet sich durch einen markanten Dachaufbau ohne hintere Seitenfenster aus, der im Innenraum hinter den Vordersitzen nur noch Platz für zwei kleine Notsitze lässt. Angesichts der Gesamtlänge von 4,84 Meter verursacht dies eine fast nicht enden wollende Heckpartie mit einem riesigen Kofferraumdeckel. "Ich habe das Citroën DS 19 Coupé Anfang 2006 bei dem französischen Oldtimer-Händler Philippe Losson in Tournus gekauft, der sich auf DS spezialisiert hat", erinnert sich Golz. Einen echten Chapron hatte der DS-Liebhaber bis dahin noch nicht in seiner Citroën DS-Sammlung. Der Citroën DS 19 Coupé Le Dandy schien zwar auf den ersten Blick vollständig zu sein, fristete aber schon seit zehn Jahren ein Dasein in teilzerlegtem Zustand. Gerade dies sorgte für unangenehme Überraschungen. Die schicke Citroën DS 19 Coupé-Karosserie ruhte nämlich auf einem falschen Chassis. "Zwischen der ersten und zweiten Modellgeneration gibt es Unterschiede bei Querträgern, Motoraufhängung und Spritzwand", erklärt Golz. Daher ließ sich der vorhandene, aber nicht eingebaute Motor überhaupt nicht installieren. "Ich habe daher ein passendes Chassis gesucht, auf das ich die Coupé-Karosserie aufsetzen konnte", erzählt Golz. Eine gewagte Totaloperation am Citroën Golz schweißte in den Coupé-Aufbau seines Citroën DS 19 Coupé Le Dandy Verstärkungen ein, um diesen anschließend an den A-, B- und C-Säulen vom Chassis zu trennen. Durch Schablonen abgestützt, wartete das Coupé-Dach in der Werkstatt auf einen neuen Unterbau. Sowohl dessen Zustand als auch jener der Karosserie war - wie so oft im Oldtimer- Leben - schlechter als erwartet, sodass zunächst umfangreiche Schweißarbeiten anstanden. Als gelernter Bankkaufmann verfügt Golz zwar nicht über eine technische Ausbildung, nimmt aber leidenschaftlich gern das Schweißgerät in die Hand. In monatelangem Samstag- und Abend-Einsatz brachte der 40-jährige das Citroën DS 19 Coupé wieder in Form - mit einem sehr hohen Anteil an Eigenleistung. Lediglich sein Vater ging ihm bei manchen Karosseriearbeiten unterstützend zur Hand. Die im eigenen Betrieb angestellten Mechaniker wurden jedoch bestenfalls mal um Rat gefragt. "Das Restaurieren bedeutet für mich eine mentale Erholung vom anstrengenden Alltag im Autohaus", ist Golz überzeugt. Gelernt hat er das Schweißen übrigens an einem völlig maroden Fiat Spider. Anfang der neunziger Jahre stürzte er sich erstmals in ein Abenteuer mit einer hoffnungslosen Citroën DS. Chaprons Karosseriebaukunst Beim Blick auf die Karosserieformen des Citroën DS 19 Coupés kommt Golz ins Schwärmen. "Was Chapron damals gemacht hat, ist wahre Karosseriebaukunst", stellt der Enthusiast fest. Er erneuerte die von Chapron geschaffenen Verstärkungsbleche und fügte, genau wie es seinerzeit auch der legendäre französische Carrossier getan hatte, aus einem hinteren Kotflügel und einer hinteren Limousinen-Tür den riesigen Heckkotflügel des Coupés zusammen. Dieses Bauteil erreicht aufrecht eine beeindruckende Länge von rund zwei Metern. Nach fünf Monaten waren die Schweißarbeiten an der Karosserie des Citroën DS 19 Coupé abgeschlossen. Bei der Technik des Citroën DS 19 Coupés, die der der Citroën DS 19 Limousine entspricht, widmete Golz vor allem der Hydropneumatik besonderes Augenmerk. Diese ist sowohl für die Steuerung der Fahrwerksdämpfung als auch für die Bremsanlage und die Hydraulikunterstützung der Lenkung zuständig. Das Citroën DS 19 Coupé besaß ursprünglich die ältere, anfällige Hydraulikanlage mit rotem Hydrauliköl. Ab 1966 verwendete Citroën eine neue Generation mit grüner Flüssigkeit. Golz rüstete das Coupé kurzerhand auf diese pflegeleichtere und zuverlässige Version um. Besonders knifflig war es allerdings, für das alte Vierganggetriebe des Citroën DS 19 Coupé Dichtungen zu finden, welche die grüne Hydraulikflüssigkeit verkraften konnten. Golz behalf sich einer unkonventionellen Methode und ließ die Gummis von einem Lebensmittelchemiker auf ihre exakte Zusammensetzung analysieren. Daraufhin rekonstruierte er die nötigen Formate und ließ die Gummidichtungen genau nach Rezept anfertigen. "Ich habe bei meinen Citroën DS nie Probleme mit der Hydropneumatik", beteuert Golz. Windschutzscheibe musste gekürzt werden Eine weitere große Herausforderung tat sich mit dem Instrumentenbrett des Citroën DS 19 Coupé Le Dandy auf, das mit seiner schwungvollen Form noch zur frühen, geradezu legendären Generation gehört. Die bildschöne Instrumententafel fehlte beim Citroën DS 19 Coupé komplett und musste mit Hilfe von verschiedenen Teileträgern wieder rekonstruiert werden. Komplett überholt wurde auch der 1,9 Liter große Vierzylindermotor, der sich beim Citroën DS 19 Coupé in einer weit nach hinten versetzten Einbauposition hinter der Vorderachse befindet. Golz erneuerte Kolben und Laufbuchsen, schliff die Ventile neu ein und sorgte für eine neue Abdichtung des Triebwerks. Auch der Kabelbaum des Coupés wurde komplett erneuert. Eine große Hürde war die Windschutzscheibe des Citroën DS 19 Coupés, die beim Restaurierungsobjekt einen Riss aufwies. Chapron hatte seinerzeit die Serien-Frontscheibe der Limousine um etwa sieben Zentimeter gekürzt, um die niedrigere Dachlinie zu realisieren. Diesen Schritt heute zu wiederholen, scheitert schlicht daran, dass es kaum noch Glasspezialisten gibt, die diese Kunst beherrschen. Golz fand bei einem Glasbauunternehmen einen Rentner, der ihm eine Limousinen-Scheibe auf das nötige Coupé-Maß zurechtstutzte. Ein neues Citroën DS-Projekt ist schon in Arbeit Seit Dezember 2007 ist das hübsche Citroën DS 19 Coupé nach rund eineinhalbjähriger Restaurierungsphase fertiggestellt. "Ich habe das Citroën DS 19 Coupé so restauriert, wie es dem Auto gebührt", sagt Golz. Wunderschön im Anblick und genau richtig für gelegentliche Ausfahrten am Rand des Schwarzwalds. Um seine mentale Erholung, die ihm das Restaurieren von Oldtimern bringt, braucht sich Golz auch in Zukunft keine Sorgen zu machen. Er hat bereits mit dem nächsten Projekt begonnen und restauriert ein von Chapron kreiertes Citroën DS Cabriolet Le Caddy. Derweil hängt die zweite Hälfte der Büro-Citroën DS als Dekoration in der Halle, in der die verschiedenen Citroën DS von Golz parken.
Quelle: Motor Klassik |
verfasst am 19.07.2011
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