Ein Roadtrip in geheimer Mission: MOTOR-TALK überführt einen Aston Martin, den vorher kein Journalist fahren durfte. Auto-Brexit mit acht Zylindern und 510 PS.
Einen Gran Turismo erlebt man am besten auf langen Strecken. Wir fuhren im Aston Martin DB11 V8 deshalb besonders ausführlich: Unsere Testfahrt führte uns vom Aston-Werk in Gaydon nach Barcelona. 1.231 Kilometer Luftlinie, 510 PS, 48 Stunden Zeit, keine festgelegte Route. Was wir erlebt haben, lest Ihr hier. Gaydon – Zwei schwarze DB11 parken am VIP-Eingang der Aston-Martin-Zentrale in Gaydon. Ein neues Modell mit V8-Motor, mit dem wir die nächsten Tage verbringen werden. Und eine stärkere Version mit 5,2-Liter-V12 als Referenz. Die ist schon seit einem Jahr auf dem Markt. Ein Aston-Verkäufer nutzt die Gelegenheit und drängelt sich gemeinsam mit zwei Interessenten zwischen uns und die Autos. Die Gentlemen möchten bitte den Motorsound vergleichen. Davon hänge ab, ob sie sich für acht oder zwölf Zylinder entscheiden. Das muss man verstehen. Für diese Gentlemen baut Aston Martin diese Autos schließlich. Soundcheck vor dem Aston-Werk Zwei glückliche Herren in Tweed sind sich einig: Der V8 klingt besser und wird gekauft. Rund 100 PS Unterschied sind Nebensache – ein Aston ist sowieso schnell genug für englische Landstraßen. Zumal der kleine Motor rund 115 Kilogramm Gewicht auf der Vorderachse einspart. Deshalb liegen die Fahrleistungen der beiden DB11-Motorisierungen nah beieinander. Die Preise nicht: V12-Souveränität kostet bei Aston Martin 21.000 Euro Aufpreis. Vielleicht auch ein Argument. Darüber schweigen die Männer, steigen in ein Jaguar-Cabrio und brausen vom Hof. So schön können Klischees sein. Wir packen unsere Gänsehaut ein und brechen auf. Vor uns liegen 1.650 Kilometer - wenn wir dem direkten Weg folgen. Das wollen wir unter allen Umständen vermeiden. Denn einerseits müssten wir uns dann durch den Hauptstadtverkehr von Paris quälen. Dabei hat Frankreich so viel mehr zu bieten als Champs Élysées und Arc de Triomphe. Zum Beispiel den Ort eines brandaktuellen Aston-Triumphs: Ein Vantage GTE gewann dieses Jahr beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans die GT-Pro-Klasse – übrigens mit einem V8. Unauffällig im Aston? Geht nicht Zufällige Passanten sehen das weit lockerer. Ein Aston Martin lässt sich nicht geheim halten. Er verschwindet nur in Filmen unauffällig auf dem Parkplatz. Im echten Leben glotzen die Leute, als würde Daniel Craig persönlich darin sitzen. Unsere Fahrt im neuen DB11 landet in den sozialen Medien, bevor wir an London vorbeirauschen. An der Küste fliegen wir vollständig auf: Ein Brite erkennt die fehlenden Hutzen auf der Motorhaube und identifiziert unseren DB11 als V8. Ein Profi: Er fuhr einst Rennen gegen den späteren Le-Mans-Sieger Andy Wallace. Das erzählt er beiläufig, während wir seine Scheinwerfer auf den Rechtsverkehr vorbereiten. Dann steigt er auf den Beifahrersitz seines SUVs und überlässt seiner Frau das Steuer. Wir zirkeln unseren Aston auf den Autozug nach Coquelles. Neben der Geheimhaltung unsere schwierigste Aufgabe: Die Fahrrinne baut nur fünf Zentimeter breiter als die Spur des DB11. Viel Geduld unserer Hintermänner rettet die Felgen vor engem Kontakt. Ein Gentleman und Zehnkämpfer Ausgerechnet die französischen Tempolimits bringen eine der besten Seiten am Aston Martin hervor: Komfortabel und sanft gleiten kann er besonders gut. Der Tempomat schiebt uns entspannt an Blitzern und Streifenwagen vorbei. Bis wir in Le Mans dort entlang rollen, wo im Frühling regelmäßig Rennwagen 300 km/h schnell brettern. Wir leider nicht. Flanieren auf der Mulsanne-Geraden. Unnötige Aggeressivität oder Nervosität hat der DB11 nicht nötig. Stattdessen federt und lenkt er angenehm, verbindlich und straff. Zumindest, solange er im Fahrprogramm GT rollt. Wir wechseln selten, schnell fahren geht ja nicht. Nur ganz kurz, nach den Maut-Stationen: Vollgas bis Tempo 130. Laut, beeindruckend und brutal klingt das. Der Aston tritt so stark an, dass Kreditkarte und Quittungen durchs Auto fliegen. Bei Perpignan, kurz vor der spanischen Grenze, weichen wir vom Weg ab. Wir verlassen die Autobahn und steuern in die Pyrenäen. Flott, laut und im Sport-Modus. Auf den kurvigen Straßen streckt sich der DB11 gewaltig. Er spannt seine Dämpfer an, öffnet die Auspuffklappen, hält den Ladedruck und schaltet zackig. Dass er in jeder Kehre 1,7 Tonnen durch den Knick wuchtet, lässt er sich nicht anmerken. Er zieht traumhaft ums Eck und brüllt mit zärtlichen ESP-Eingriffen die nächste Gerade hinauf. Ganz viel Gaydon und einiges aus StuttgartIn diesen Momenten fühlt sich der Aston Martin nicht mehr nach Gran Turismo an, sondern nach Sportwagen. Nur eben luxuriöser. Feines Leder und bequeme Sportsitze (aus eigener Produktion) gibt’s serienmäßig im DB11. Und auch sonst alles, was das Fahren angenehm macht. Zum Beispiel Tempomat, Parkpiepser, Klimaautomatik, LED-Licht und Alcantara-Dachhimmel. Das Navi und viele Bedienelemente des DB11 stammen von Mercedes. Aston bemüht sich, die Verwandtschaft zu verbergen. Mit Knöpfen für die Fahrstufen statt eines Automatik-Wählhebels. Und mit einem eigenen digitalen Tacho. Spätestens bei Menüführung und Blinkerhebel fällt es dann doch auf. Einige Details macht Aston dafür besser als jeder Volumenhersteller dieser Welt. Zum Beispiel den Lack: Hier polieren die Briten die Orangenhaut in aufwändiger Kleinstarbeit weg. Wo auf einer S-Klasse gespiegelte Kanten schrumpeln, glänzt auf dem DB11 eine klare Linie. Als wir kurz vor Barcelona am Ziel ankommen, liegt Staub auf dem Lack des feinen Coupés. Insekten sind zahlreich an Frontscheibe und Scheinwerfern gestorben, getrocknetes Wischwasser zeichnet dunkle Markierungen über das Dach. Die Spuren von fast 1.800 Kilometern Fahrt durch drei Länder. Wir geben den Schlüssel ab. Ein bisschen Wehmut ist dabei, aber es ist keine Zeit zum Trauern. Unsere 48 Stunden sind vorbei. Das Flugzeug wartet. Fazit Mit einem Basispreis von 184.000 Euro kostet der Aston Martin DB11 V8 rund 10.000 Euro mehr als ein Porsche 911 Turbo (540 PS) und 24.000 Euro weniger als ein (ausgelaufener) Bentley Continental GT V8 S (528 PS). Sein größter Konkurrent wird jedoch der V12 in gleicher Karosserie sein (204.900 Euro). Trotz aller Liebe zu Hubraum und Zylindern: Die beiden Herren in Tweed haben alles richtig gemacht. Aston Martin DB11 V8: Technische Daten
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