Dubai/Vereinigte Arabische Emirate - Sonderlich schmuck ist die Gegend nicht. Selbst das Gebäude, drei Straßen hinter der mächtigen Magistrale, die Dubai und Abu Dhabi verbindet, ist alles andere als repräsentativ. Doch wer hinter den hohen Mauern erst einmal den Eingang in den dunklen Würfel aus Glas und Beton gefunden hat, dem gehen schnell die Augen über: Ein Bugatti, ein Saleen, zwei potente G-Klassen, ein Viano als Luxusshuttle und ein E-Klasse-Coupé mit mehr als 700 PS stehen da. Vor einer riesigen Ledersitzgruppe und einer Wand voll Felgen.
Vom Showroom ins Spielzimmer
Eine Schiebetür weiter geht es in die Werkstatt, in der sich die Scheichs fühlen wie in einem gigantischen Spielzimmer: Auf dem guten Dutzend Arbeitsplätzen stehen die stärksten, schnellsten und teuersten Mercedes-Modelle, die man für Geld und gute Worte kaufen kann, Schließlich ist das nicht irgendeine Werkstatt, sondern die Middle-East-Zentrale von Tuninggigant Brabus, der am Golf zu den erfolgreichsten Spielwarenherstellern für die ganz großen Jungs zählt. Merke: Der Scheich, der mag seinen G. Punkt. Quelle: SP-X
Brabus baut in der Wüste statt in Bottrop
Eröffnet hat Brabus die Filiale am Golf vor gut zwei Jahren. „Damals haben wir eigentlich nur an eine Werkstatt gedacht“, sagt Andreas Ridder. „Unsere Kunden hatten kein sonderlich großes Vertrauen zu den lokalen Service-Technikern von Mercedes“.
Doch obwohl Brabus viele Autos in den Emiraten verkauft hat, war die mit vier Mann besetzte Werkstatt nicht ausgelastet. „Deshalb haben wir angefangen, Autos direkt hier umzubauen.“ Meist kauft Brabus dafür Neuwagen vom Mercedes-Händler, der ist nur ein paar Kilometer entfernt. Wenn dagegen wirklich Eile geboten ist, weil der Scheich drängt, werden die Wagen aus Deutschland eingeflogen.
Aus dem G63 wird ein G V12
Doch, doch, auch in Dubai sieht es an wenigen Ecken orientalisch aus Quelle: SP-X
„Ganz hoch im Kurs steht natürlich die G-Klasse“, sagt Ridder und zeigt in die Werkstatt. Acht große Gelände-Benz werden hier bearbeitet. Links ein schwarzer G 63, der gerade zum Widestar umgebaut wird, rechts ein zweites Modell in Dunkelgrau mit orangenem Leder, in das der Prinz ein Krönchen und den Namen seiner Prinzessin hat einsticken lassen. Daneben ein Maybach und vorn auf Platz 1 steht eine weitere G-Klasse, die bis vor Kurzem noch ein G 63 war. „Doch jetzt will der Scheich einen V12-Motor“ sagt Ridder. Und nach nur 1.500 Kilometern fliegt der alte Achtzylinder raus. Die Mechaniker haben zu tun.
Qualität made bei Germans
Sie alle kommen aus Deutschland und genießen bei den Scheichs höchsten Respekt. „Wir bieten die gleiche Qualität wie die Kollegen in Bottrop“, schwärmt Radwan Ogali, der die Filiale leitet. Stolz schweift sein Blick durch die blitzsaubere Werkstatt. Am meisten wird allerdings nicht an den Hebebühnen gearbeitet, sondern in einem Separee am Ende der Halle. Dort sitzt der Sattler, der die maßgeschneiderten Leder-Interieurs für die Brabus-Flotte näht. „Der hat so viel zu tun, dass er seit dem ersten Tag Überstunden macht“, sagt Ogali, „trotzdem ist er auf Monate ausgebucht.“ Dabei schneidert und näht er allerdings nicht nur für Brabus-Modelle. „Eigentlich veredeln wir ja nur Mercedes und Maybach“, sagt Ogali. „Aber wenn ein Stammkunde mit einem Dutzend Brabus-Modellen dann mal mit dem Leder in einem anderen Auto unzufrieden ist – würden Sie den dann wegschicken?“ fragt der Chef und erklärt so den Bugatti und den Saleen draußen im Showroom. Wenn Auffallen wichtiger als Schönheit ist: Die Brabus E-Klasse mit sehr rotem Innenraum Quelle: SP-X
Warten auf die S-Klasse
Bislang war es vor allem das G-Modell, das die Werkstatt beschäftigte. „Jetzt warten wir händeringend auf die neue S-Klasse, die verkauft sich am Golf wie geschnitten Brot“, sagt Ogali. Und steht das erste Auto vor dem Palast eines Scheichs, will der nächste auch eines – nur eben schneller, schöner und teurer, beschreibt Ogali den Automatismus, der ihm und seinem Team so viel Arbeit beschert. Wie gut, dass Brabus auf der IAA gerade eine Super-S-Klasse mit 850 statt 585 PS präsentiert hat. Ein ideales Spielzeug für die Scheichs. Gut möglich also, dass die Mannschaft hier in den nächsten Wochen wieder ein bisschen mehr als das durchschnittlich eine Auto pro Woche aufbauen muss.
Warten ist der Horror für einen Scheich
Denn warten, das mögen die sonst so gemütlichen und gemächlichen Scheichs gar nicht. Dafür ist ihre kindliche Begeisterung für schnelle Autos zu ungestüm – selbst wenn man nirgends im Land schneller als 140 km/h fahren darf und die Polizei so scharf ist, dass sie sogar Supersportwagen wie den Ferrari Enzo kurzerhand konfisziert.
Wer das nicht glaubt, muss nur einmal mit einem Brabus durch Dubai oder Abu Dhabi rollen – selbst wenn es ein vergleichsweise unauffälliger B63-620 auf Basis des CLS ist. Schon wenn der auf 620 PS aufgebohrte V8 beim Anlassen in der Hotelvorfahrt sein Donnergrollen hören lässt und bei den Umstehenden der Kaftan flattert, sieht man begeisterte Blicke. Und immer wieder trifft man auf Leute, die einem das Auto am liebsten unter dem Hintern weg kaufen wollen. Der Concierge steckt einem deshalb regelmäßig Visitenkarten anderer Hotelgäste zu. Auf offener Straße drängen weiße Luxus-Geländewagen einen in die Parkbucht, weil die Fahrer über das Auto plaudern und einmal den Auspuffsound hören wollen. Und wenn man nicht schnell genug weiterfährt, wedelt der Gesprächspartner plötzlich mit einem Bündel Bargeld, das sicher dick genug ist für die 860.000 Dirham (ca. 172.000 Euro), die Brabus für den Boliden aufruft.
Handeln ist gut, nur nicht öffentlich
Doch weil solche Geschäfte auf offener Straße nicht ratsam sind, erst recht nicht mit einem geliehenen Auto, bleibt den begeisterten Herren nichts übrig, als selbst in das staubige Gewerbegebiet zu fahren. Und den schmucklosen Zweckbau zu besuchen. Mit dessen Lage ist Statthalter Ogali gar nicht zufrieden.
Aber das hat sich wohl bald erledigt. Denn in ein paar Monaten muss der Manager wieder Kisten packen. Nicht für den Heimweg nach Deutschland. Sondern weil Brabus umzieht. In einen neuen Showroom, direkt an der Seikh-Zayed-Road, der schillernden Automeile von Dubai. „Wer nicht dort residiert, der ist für viele Kunden überhaupt nicht vorhanden“, sagt Ogali und schwärmt schon von den neuen Räumlichkeiten mit der repräsentativen Adresse. Gut möglich, dass Werkstattmeister Andreas Ridder und seine Kollegen dann noch ein bisschen mehr zu tun bekommen. Aber wenn die Neuwagen ausziehen, haben sie ja auch ein bisschen mehr Platz.