Wer Testfahrer werden will, braucht mehr als überdurchschnittliches Fahrtalent. Er sollte Techniker oder Ingenieur sein, braucht viel Gefühl und ein gutes Gehör.
München - Testfahrer - das klingt nach Spaß, nicht nach Knochenarbeit. Nach heißen Autos und qualmenden Reifen. Doch die Realität sieht anders aus, trocken, arbeitsintensiv. Manche Testfahrer legen Hunderte Kilometer pro Tag zurück, bewerten dann das Fahrzeug und protokollieren ihre Eindrücke. Die Autohersteller unterscheiden zwei Arten von Testfahrern: Dauerlauf-Testfahrer und Versuchsingenieure. Die Dauerläufer spulen bestimmte Fahrprofile ab, teilweise 600 Kilometer pro Tag. Anschließend wird die Haltbarkeit der Teile bewertet. Die Fahrer kommen aus den Werkstätten der Versuchsabteilungen. Üblicherweise haben sie eine Ausbildung als Mechaniker, Mechatroniker oder Techniker absolviert. Interne AusbildungsprogrammeDirekt nach der Ausbildung ins Auto steigen und es abstimmen, das funktioniert nicht. Die Unternehmen beobachten die Bewerber bis zu einem Jahr. Bei BMW stehen jungen Testfahrern erfahrene Ingenieure als Mentoren zur Seite. Bei Mercedes und Volkswagen gibt es interne Ausbildungssysteme. In verschiedenen Stufen lernen die Testfahrer über Jahre schnelles, gleichmäßiges und sicheres Fahren, dicht am Limit. "Nur dann kann man das Auto richtig abstimmen", sagt Pfundmeier. Wie verhält sich ein Auto, wie federt es? Was muss sich ändern, damit sich die Fahreigenschaften verbessern? Eine komplexe Komponente wie die Feder-Dämpfer-Einheit für eine ganze Baureihe können Versuchsingenieure erst nach drei bis vier Jahren selbstständig abstimmen. Schwierig sei es, innerhalb eines Modells mit den unterschiedlichen Motoren unter ökonomischen Gesichtspunkten die beste technische Lösung zu finden. "Den richtigen Hebel finden, sodass in der Gesamtentwicklung das beste Ergebnis herauskommt, das ist kompliziert", sagt Pfundmeier. Da helfe nur fahren, fahren, fahren. Überdurchschnittlich gute Fahrer "Testfahrer müssen generell überdurchschnittlich gute Autofahrer sein, komplexe Systeme im Fahrzeug verstehen", sagt Koert Groeneveld von Mercedes, "ein gutes Gehör und ein Gefühl für das Auto haben und kritische Situationen im Straßenverkehr antizipieren können." Sie arbeiten teilweise im Dreischichtbetrieb und sind bis zu 80.000 Kilometer im Jahr auf Teststrecken oder im Straßenverkehr unterwegs. Ihre Aufgabe ist, die Ergebnisse von Prüfstandstests oder Simulationen zu bestätigen. "Die einzelnen Aufgaben werden über Systeme im Fahrzeug überwacht. Die Ergebnisse aus dem Fahrzeug werden online in unserem Entwicklungszentrum in Sindelfingen gesammelt und ausgewertet", sagt Groeneveld. Objektiv oder subjektivAuch bei Autozulieferern und Reifenherstellern wie Continental steuern Ingenieure mit automobiltechnischem Hintergrund die Testfahrzeuge. "Testfahrer müssen disziplinierte, präzise, teamfähige und ergebnisorientierte Fachleute für ihre jeweilige Testdisziplin sein", sagt Enno Pigge von Continental. Dazu müssen sie vorurteilsfrei ihre Fahreindrücke und -ergebnisse festhalten sowie Prüfobjekte wie Reifen, Bremsen oder Assistenzsysteme gut kennen. Der Zulieferer bietet für die nötige Qualifizierung den internen Ausbildungsgang Testfahrer an. Zwischen zwei und drei Jahren werden die Kandidaten auf die Feinheiten und die präzise Beurteilung von Reifen geschult. "Testfahrer sind eher hart arbeitende, nüchterne Prüfingenieure als Rennfahrer", sagt Enno Pigge. Die Bezeichnung Rennfahrer sei für die meisten Testfahrer eine Abwertung ihrer Arbeit. |
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