Ein großes Heck, ein Dieselmotor und ein günstiger Einstiegspreis: Kia baut endlich ein Auto nur für Europa. Erste Fahrt im Kia Optima Sportswagon.
München – Es geht um Europa. Nicht um die USA oder China, sondern allein um die alte Welt. Rund zwei Drittel der Autos in der Mittelklasse werden hier mit Kombiheck ausgeliefert. In Deutschland sind es fast 90 Prozent. Davon gehen wiederum 90 Prozent an Gewerbekunden. Wer in der Mittelklasse mitreden will, braucht ihn also, den Kombinationskraftwagen. Kia will, und Kia hat jetzt einen. Und weil Kombi inzwischen offenbar kaum noch ohne Sport vorstellbar ist, heißt er Optima Sportswagon. Gut sieht er aus, nicht übertrieben auffällig, aber eigenständig. Mit 4,86 Metern ist er genauso lang wie die Limousine, aber eine Spur höher wegen der Dachreling. In den Kofferraum passen 552 bis 1.686 Liter Gepäck oder Handelswaren – es ist ja ein Vertreter-Segment. Kia Optima Sportswagon: Viel Platz und ein toller InnenraumWeil Kia aber eher eine Privatkäufermarke ist (mehr als 40 Prozent der 56.000 in Deutschland verkauften Kia gingen 2015 in private Hand), interessieren uns die Sitze hinten. Ordentlich Platz gibt es da. Gefühlt ähnlich wie im Skoda Superb, um mal einen direkten Konkurrenten zu nennen. Gute 2,80 Meter Radstand zahlen sich aus. An praktische Details haben die Ingenieure auch gedacht. Die Rückenlehnen lassen sich im Verhältnis 40:20:40 umlegen, bequem per Zughebel aus dem Kofferraum. Die Ladefläche wird dann nicht ganz eben, aber es entsteht nur eine ganz kleine Stufe. Die Abdeckung fürs Gepäckfach ist in einer Schiene geführt, lässt sich eingerollt einfach aushaken und passt dann genau in eine dafür vorgesehene Vertiefung im zweiten Ladeboden. Die Gepäckhaken links und rechts sitzen da, wo sie sollen. Vorne sitzt man ebenfalls prima. Das schlichte Interieur ohne Firlefanz gefällt uns. Alle Elemente sind klar strukturiert und gut verarbeitet. Das erwartet man inzwischen von Kia. Bei Materialien und Oberflächen fehlt in manchen Modellen noch der letzte Schliff. Im Optima allerdings nicht. Der weiche Kunststoff auf dem Armaturenbrett, die aufgesetzten Nähte oder die satinierte Zierleiste sehen gut aus und fühlen sich gut an. Allerdings beginnt das Hartplastik direkt unterhalb der silbernen Spange bei der Handschuhfachklappe. Ein bisschen schade, aber nicht ungewöhnlich. Mit Android Auto, bald mit Apple CarPlayDas Infotainment-Angebot ist ebenfalls auf dem modernsten Stand. Apple Carplay für die Smartphone-Verbindung ist in Vorbereitung, Android Auto schon an Bord. Ein Navi mit sieben Zoll Touchscreen gibt es ebenfalls - serienmäßig, selbst in der einfachsten Ausstattungsvariante. Eins mit 8-Zoll-Bildschirm ist ab der dritten Ausstattungsvariante inklusive. Nicht inklusive aber verfügbar sind die meisten Assistenzsysteme. Die Notbremse mit Fußgängererkennung zum Beispiel, ein Querverkehrswarner für sicheres Rückwärtsausparken oder ein aktiver Spurhalteassistent. Letzter könnte etwas feinfühliger reagieren. Statt unauffällig zu unterstützen wirkt er bei höheren Geschwindigkeiten etwas übergriffig. Er lenkt gefühlt zu oft und zu stark, so dass man etwas in der Spur pendelt. Der Abstandstempomat mach seine Sache besser, er regelt meist feinfühlig und früh genug runter, um zu harte Bremsmanöver zu vermeiden. Zwei Benziner und ein Diesel im Optima SportswagonVorerst bietet Kia nur drei Motoren im Sportswagon an: einen 2,0-Liter-Benziner mit 163 PS, einen gleichgroßen Motor im sportlichen Topmodell GT mit 245 PS und einen Diesel. Mit 1,7 Litern Hubraum, 141 PS und 340 Newtonmetern Drehmoment sortiert der Optima-Diesel sich eher im unteren bis mittleren Bereich des Segments ein. Trotzdem wird der 1.7 CRDi sicher der begehrteste Sportswagon sein. Reicht ja auch. Der Optima legt damit zwar nicht sehr enthusiastisch los, aber angenehm leise und kräftig genug für die meisten Lebenslagen. Wir sind den Kombi mit dem neuen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe gefahren, das die alte Sechsgang-Automatik ersetzt. Dessen Abstimmung ist gut gelungen. Kein Zögern beim Anfahren und gerade im unteren bis mittleren Drehzahlbereich hat der Optima immer genügend Kraft. Kia hat sich für relativ geringe Bedienkräfte von Gaspedal und Lenkung entschieden, was Vor- und Nachteile hat. Beim Anfahren und bei Zwischensprints wirkt der Optima dadurch recht leicht, bei normaler Fahrt auf kurvigen Strecken auch. Wenn die Geschwindigkeiten höher werden, Straßen und Kurven enger, vermittelt die Lenkung zu wenig Gefühl. Das sorgt nicht für Vertrauen. Ein Kia für EuropaSchade eigentlich, das Fahrwerk haben die Ingenieure nämlich gut hingekriegt. Der Optima federt verbindlich, relativ straff, aber nie unangenehm hart, jedenfalls mit dem optionalen adaptiven Fahrwerk. Aber für flotte Ausflüge ist ja ohnehin der GT zuständig. Der dürfte mit seinem 245-PS-Benziner und einem Einstiegspreis von 41.790 Euro aber nur für wenige Käufer interessant sein. Der Diesel ist mit einem Basispreis von 28.290 Euro deutlich günstiger und praktischer, nach dem ersten Eindruck relativ sparsam und harmoniert prima mit dem Doppelkupplungsgetriebe. Damit steigt der Preis allerdings um 2.000 Euro. Wer das komplette Assistenzpaket inklusive Abstandstempomat, Parkpilot und Verstellfahrwerk ordert, legt nochmal 1.990 Euro drauf – und muss mindestens die ordentliche Spirit-Ausstattung nehmen, womit der Preis des Optima SW 1.7 CRDi allerdings schon auf 35.090 Euro steigt. Macht immer noch weniger als 40.000 Euro für einen gut gelungenen Mittelklasse-Kombi. Wir wagen eine Prognose: Der Sportswagon dürfte die Absatzzahlen des Optima vervielfachen. Das ist allerdings kein Kunststück - bis Juni wurden von der Limousine nur 564 Exemplare neu zugelassen. Vom VW Passat waren es mehr als 40.000. Überwiegend Kombis. Kia Optima Sportswagon 1.7 CRDi: Technische Daten
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