Oldtimer sind angesagt wie nie zuvor - und immer mehr Fans liebäugeln mit einem Klassiker, der robust genug für den Alltag ist. Dagegen spricht nur wenig, sofern ein paar grundsätzliche Dinge beachtet werden. Wir sehen sie vor dem Supermarkt, Eltern bringen in ihnen ihre Kinder zur Schule, und andere wollen nicht einmal auf dem Weg zur Arbeit auf sie verzichten - die Rede ist von Autos mit H-Kennzeichen, die immer öfter auf den Straßen anzutreffen sind. Der Trend geht dabei klar in eine Richtung: Besonders alltagstaugliche Oldtimer sind angesagt. Oldtimer haben immer die Sympathie auf ihrer Seite Die Gründe, sich solch ein Auto zuzulegen, sind vielfältig. An erster Stelle dürfte jedoch der ganz besondere Fahrspaß stehen, den ein Klassiker bietet - und auf den viele inzwischen selbst im Alltag nicht mehr verzichten wollen. Bei dem einen oder anderen mag es sich zudem um ein Statement gegen die Gleichförmigkeit und Unnahbarkeit moderner, technologisch hochgerüsteter Autos handeln. Der sympathischen Ausstrahlung eines Oldtimers kann sich ohnehin selten jemand entziehen. Dabei spielt es praktisch kaum eine Rolle, in welcher Preisliga sich das Auto befindet. Fragen Sie einmal Ihre Kinder oder die in der Nachbarschaft, ob sie lieber mit einem aktuellen Mittelklasse-Kombi oder mit einem Volvo Amazon, einem Strich 8 oder VW Käfer zum Sportunterricht gebracht werden wollen. Spätestens bei Autos vom Schlage eines Triumph TR 4, eines Porsche 911 oder einer Pagode wächst der Kreis derer, die klammheimlich bei Ihnen mal mitfahren würden, um den Faktor X. Wichtiger Faktor: Die Finanzen Für viele dürfte am Ende auch bei einem täglich genutzten Oldtimer der finanzielle Aspekt eine Rolle spielen. Stichwort Wertanlage: Anders als Neuwagen, die in den ersten beiden Jahren rapide an Wert verlieren, gelten Oldtimer als relativ sichere Bank. Gute Behandlung vorausgesetzt, dürfte kaum ein H-Kennzeichen-Auto beim Wiederverkauf einen größeren Verlust einfahren. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für viele angesagte Youngtimer, was dieses Thema für immer mehr Menschen interessant macht. Doch vor dem Kauf eines Klassikers, der den harten Anforderungen des Alltags genügen muss, sollte sich ein potenzieller Besitzer erst einmal darüber im Klaren sein, welches Auto überhaupt zu ihm passt ? eine Beziehung funktioniert nun einmal nicht ohne Emotionen. Und natürlich macht es Sinn, genau zu wissen, welche Aufgaben auf das neue Auto warten. Wer tagtäglich allein oder maximal zu zweit unterwegs ist, dem genügt ein zweisitziger Sportwagen oder ein schickes Coupé. Familienväter werden sich dagegen vielmehr nach einer Limousine umschauen, um den anstehenden Aufgaben gerecht werden zu können. Welche Autos eignen sich als Alltags-Klassiker? Um die Auswahl zu erleichtern: Vorkriegs- Boliden machen im Stadtverkehr allein schon wegen ihres umständlichen Handlings kaum Spaß und scheiden unter praktischen Gesichtspunkten von vornherein aus. Ausländische Exoten gehören ebenfalls auf die Index-Liste, selbst wenn das Herz an so einem Auto hängt und niedrige Marktpreise förmlich nach einem Deal schreien. Dennoch Finger weg von einem Ferrari 400 i, einem Jaguar XJ 12 oder Rolls-Royce Silver Shadow. Unterhalt, Wartungs- und Ersatzteilkosten stehen in keiner Relation zum Kaufpreis. Weitaus unproblematischer meistern einstige Großserien-Modelle aus heimischer Produktion die Anforderungen des modernen Alltags. Unterm Strich verfügen die meisten der in Frage kommenden Modelle von Mercedes-Benz ab der Ponton-Baureihe sowie die Fahrzeuge von BMW ab der sogenannten Neuen Klasse über eine vergleichsweise solide Technik und eine gute Verarbeitung. Zudem gilt die Ersatzteilversorgung dieser beiden Premium-Marken sowie die von Porsche als geradezu vorbildlich, was jedoch seinen Preis hat. Über ein zu kleines Händler- und Werkstattnetz können sich Besitzer von Fahrzeugen dieser Hersteller ebenfalls nicht beklagen. Wichtige Regel: Zustand geht vor Ausführung und Ausstattung Über eine ähnlich gute Servicelage dürfen sich jedoch auch Opel-, Ford- und VW-Fans freuen. Und Kadett, Manta, Monza, Capri, Escort, Käfer oder Golf glänzen ebenfalls mit nahezu vorbildlicher Alltagstauglichkeit. Dank einer regen Clubszene und des großen Engagements vieler Spezialisten und Händler hat sich in den vergangenen Jahren die Ersatzteilsituation vieler anderer Marken wie Alfa Romeo oder Triumph drastisch verbessert - genau genommen war sie noch nie so gut wie heute. Wer ohne Exotenstatus leben kann und sich mit vergleichsweise robusten wie praktischen "Allerwelts-Klassikern" vom Schlage eines BMW 628 CSI, eines Volvo Amazon oder Mercedes-Benz W 123 zufriedengibt, wird sich also im Ernstfall über kalkulierbare Reparaturkosten freuen - und darüber, dass sich viele Arbeiten selbst erledigen lassen. Wer sich jetzt auf die Suche nach einem entsprechenden Klassiker macht, sollte beim Kauf folgende Regel unbedingt berücksichtigen: Zustand geht vor Ausführung und Ausstattung. Folglich ist eine gepflegte Buchhalterversion einer vollausgestatten Wanderbaustelle immer vorzuziehen, bei der jeden Moment mit einem Defekt zu rechnen ist. Geld sparen: Zulassung und Versicherung Jetzt fehlen für den täglichen Einsatz nur noch das Kennzeichen sowie die passende Versicherung. Zahlreiche Gesellschaften haben inzwischen eigene Oldtimer-Sparten eingerichtet und locken mit vergleichsweise günstigen Sondertarifen, weil sie bei Besitzern von Klassikern eine geringe Schadensquote voraussetzen. Allerdings sind die Verträge in der Regel mit einer jährlichen Kilometerbeschränkung verbunden. Wer mit seinem Oldie zum Beispiel mehr als 5.000 Kilometer pro Jahr zurücklegen möchte, sollte dies mit seiner Agentur vorab klären. Über spezielle Angebote verfügen beispielsweise die ADAC Classic Car Versicherung, Oldie Car Cover oder die Württembergische Versicherung. Sofern das Auto 30 Jahre und älter ist und sich weitestgehend in einem guten Originalzustand befindet, steht einem H-Kennzeichen (Steuersatz 191,73 Euro) nichts im Weg. Anders als mit einem roten 07-Kennzeichen, welches nur Probefahrten und Besuche bei Oldtimerveranstaltungen gestattet, wird das H-Kennzeichen ohne Nutzungsbeschränkung zugeteilt. Eine Feinstaubplakette entfällt. Für sogenannte Youngtimer gelten hingegen die gleichen Bedingungen wie für alle anderen Kraftfahrzeuge. Ohne Kat kann die fällige Kfz-Steuer ein kleines Vermögen betragen, zudem sind die Umweltzonen tabu. Wer mit so einem Auto liebäugelt, sollte sich zuvor bei einem ausgewiesenen Spezialisten oder in der Clubszene darüber informieren, ob es eine Nachrüstlösung gibt. Zur Sicherheit: Gurte, Reifen, Stoßdämpfer Bevor man sich jetzt jedoch mit seinem Klassiker in das Abenteuer Alltag stürzt, sollte das Auto sich technisch in einem einwandfreien Zustand befinden. Ein Satz neuwertiger Reifen sowie neue Stoßdämpfer und Bremsen wirken sich positiv auf Straßenlage und Bremsweg aus. Falls keine Warnblinkanlage am Bord ist, empfiehlt sich aus Sicherheitsgründen ein Nachrüstkit aus dem Fachhandel. Gleiches gilt für Sicherheitsgurte, die bei einigen Autos, die vor Einführung der Gurtpflicht (1970) zugelassen wurden, nicht vorhanden sind. Eine Nachrüstung gehört umso mehr zum Pflichtprogramm, wenn Fahrten mit Kindern vorgesehen sind: Bis zu einem Alter von 36 Monaten dürfen diese grundsätzlich nicht in gurtlosen Fahrzeugen mitfahren, anschließend sind Kindersitze der beste Platz für den Nachwuchs. Wer möglichst lange Zeit Freude an seinem Auto haben möchte, wird es in einer Garage parken, regelmäßig waschen und Kurzstrecken möglichst vermeiden. Zudem ist eine Hohlraumversiegelung inklusive Unterbodenschutz sinnvoll, um Rostschäden vorzubeugen. So geschützt steht dem täglichen Einsatz eines Oldtimers im Straßenverkehr grundsätzlich nichts im Weg. Und vielleicht ist es gar nicht schlecht, sich ab und an in Erinnerung zu rufen, das diese Autos einst letztendlich just für diesen Zweck gebaut worden sind.
Quelle: Motor Klassik |
verfasst am 18.02.2011
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