Die Ducati Scrambler will mit Reminiszenzen aus den 1970er-Jahren frischen Wind in die Motorrad-Szene bringen. Und zwar ohne viel Leistung. Erste Fahrt mit der Scrambler.
Palm Springs - Die State Route 74 in Südkalifornien windet sich vom Städtchen Palm Desert durch felsiges Gelände bergauf in die Santa Rosa Mountains. „Pines to Palms Highway“ heißt sie deswegen auch. Der Name passt, denn unten in Palm Desert stehen die Palmen dichtgedrängt, und in mehr als 1.000 Metern Höhe bedecken die Föhren weite Flächen. Diese Bergstrecke ist ideal für ein kurvenfreudiges Motorrad. So eins wie die neue Ducati Scrambler. Auf der neuen Maschine ruhen große Hoffnungen bei der Audi-Tochter, auch wenn wichtige Teile wie Motor und Getriebe von der seit Jahren produzierten Monster 796 übernommen wurden. Die Scrambler will ein ursprüngliches Motorrad sein. Eines ohne Fahrassistenz-Systeme, eines zum Aufsteigen, Losfahren und Wohlfühlen. Ein logischer Nachfolger der Ende der 1960er Jahre vorgestellten und 1976 eingestellten Scrambler-Modelle. Erlebnis vor TechnikAn diese Zeiten will Ducati anknüpfen. Nicht die Technik steht im Mittelpunkt, sondern das Erlebnis. Das gefällt heute vor allem den Fahrern zwischen 25 und 35, und so könnte diese Ducati der oft beklagten Vergreisung der Motorradszene entgegenwirken. BMWs enorm erfolgreiche R nineT zielt, wie auch die Classic-Modelle von Triumph, in dieselbe Richtung. Emotionen erfordern liebevolle Details. Deshalb finden sich an der Scrambler eine feine Schwinge aus Aluminiumguss, ein hübsch gestalteter Rundscheinwerfer mit kreisrundem LED-Tagfahrlicht, eine abgesteppte Sitzbank für Zwei oder – in der Classic-Version beispielsweise – Kotflügel aus Blech statt Kunststoff. Zur Technik ist weniger zu sagen: Der 803 Kubikzentimeter große Zweizylinder leistet 75 PS. Das reicht angesichts von 186 Kilogramm Leergewicht für lässiges „Scramblen“ vollauf. Für Highspeed eignet sich so ein unverkleidetes Motorrad ohnehin nicht. Dank des breiten Lenkers lässt sich die Scrambler leicht einlenken, vermittelt großes Vertrauen. Das Sechsganggetriebe fordert Gewöhnungszeit, bis die Zahnräder widerstandslos ineinandergreifen. Die riesig dimensionierte Einscheibenbremse vorn verzögert gut, das ABS schützt nicht nur vor Radblockaden, sondern hält im Notfall auch das Hinterrad am Boden. Gut so. Kleinigkeiten trennen die VariantenMindestens 8.390 Euro kostet die Scrambler . Zu diesem Preis kommt sie als Icon-Version mit Leichtmetall-Gußrädern, Kunststoff-Kotflügeln und einer recht einfach gemachten Sitzbank. Aufwendiger ist die Classic-Ausgabe: Speichenräder, Blech-Kotflügel und eine gesteppte Sitzbank kosten 1.400 Euro Mehrpreis. Die „Full Throttle“ (Vollgas)-Version weist einen zierlichen Termignoni-Sportauspuff auf, die „Urban Enduro“ einen hochgelegten Front-Kotflügel. Nur Kleinigkeiten unterscheiden die Varianten voneinander, und doch beeinflussen sie den Charakter stark. Hier hat Ducati überlegt strukturiert. Auch eine hochgelegte Auspuffanlage ist erhältlich. Was bleibt nach ersten, zu kurzen Begegnung mit der Ducati Scrambler? Primär der Wunsch, sie länger probieren zu können. Mit ihr mal übers Wochenende in die Alpen zu brausen, einen Feldweg unter die gut profilierten Pirelli-Reifen zu nehmen, eine Bergwiese anzusteuern und sich dort ins Gras zu lümmeln. Die 75 PS reichen fürs Fahrvergnügen allemal, die Ducati Scrambler fährt sich authentisch, aber nicht altmodisch. Das gilt selbst bei neun Grad Celsius und Regen. Ja, so war das auch in jenen Zeiten, in denen man „einfach so“ Motorrad gefahren ist. Ducati Scrambler: Technische Daten
Quelle: SP-X |