Eine Runde mit Strietzel, eine allein: Wir waren mit dem VW Golf GTI Clubsport S auf der Nordschleife unterwegs. Was wir erlebt haben, lest Ihr hier.
Nürburgring – Egal, was gerade auf seiner Visitenkarte steht, Hans Joachim „Strietzel“ Stuck bleibt Rennfahrer. Manchmal nimmt er Passagiere mit, zeigt ihnen schnelle Autos und die Grüne Hölle. Dabei trägt sein Markenzeichen: den blauen Helm mit weißen Sternen, dazu Handschuhe. Und ein Lächeln, wenn er das Auto richtig fliegen lassen darf. Nicht jeder Beifahrer vertrage das, sagt er. Heute darf er, klar, wir fahren ein Rekordauto: den VW Golf GTI Clubsport S. VLN-Profi Benny Leuchter hat in diesem Golf im April 2016 eine neue Bestzeit für frontgetriebene Serienfahrzeuge auf der Nordschleife aufgestellt. 7:49,21 Minuten für 20.600 Meter Eifel-Piste. Schneller als Honda Civic Type-R (7:50,63), Renault Mégane Trophy-R (7:54,36) und Seat Leon Cupra 280 (7:58,44). Heute macht der 28-Jährige den Fahrersitz frei für die Legende. Quelle: Volkswagen Strietzel fährt scharf. Er zieht den Golf eng über die Curbs und geht im Scheitelpunkt voll aufs Gas. 212 km/h vor der Hohen Acht, 170 Sachen in der Linkskurve in Metzgesfeld. Unsere Helme gehören dazu auf der Nordschleife. Unsere Sonnenbrillen? Ungewöhnlich für die Eifel. Strietzels Lieblingsmoment: Im SUV den 911 Turbo überholtStucki sitzt locker am Lenkrad, routiniert und cool. Nebenbei moderiert er die Strecke. Er redet, als wäre er innerorts unterwegs. Auf der Nordschleife hat er viel erlebt: 1970 gewann er das erste 24h-Rennen, später folgten zwei weitere Titel. Sein Lieblingsmoment war aber ein anderer. Vor ein paar Jahren überholte er auf der Döttinger Höhe mit einem getunten SUV einen Porsche 911 Turbo. Heute ist es kein „Ritt auf der Rasierklinge“, sagt Strietzel. Ich rutsche derweil von einer Sitzwange zur anderen. Er lenkt entspannt in die nächste Links-rechts-Kombination, lobt die Lenkung des Clubsport S, außerdem die Differenzialsperre. Durch sie fahre sich der Golf nicht wie ein Fronttriebler. Kein Untersteuern, viel Speed am Kurvenausgang. Strietzel fährt schnell, aber nicht auf Zeit. Rekordjagd geht nur allein. Stucki lässt den Clubsport auf der Döttinger Höhe ausrollen. Entspannung für Bremsen, Öle und mich. Die Schalensitze bieten viel Halt, auf dem Ring fehlen dann aber doch die Renngurte. Ein Video unserer Runde auf der Nordschleife könnt Ihr Euch auf Facebook ansehen. Golf Clubsport S: 310 PS und 380 Nm DrehmomentStrietzel macht Pause, ich bin dran. Gleiche Strecke, viel weniger Erfahrung. Der Golf verzeiht eine Menge, sogar auf dem Ring. Eine spezielle Dämpfer-Abstimmung fängt die gröbsten Stöße ab, die Karosserie wankt nur wenig. Die Stabilitätskontrolle regelt spät - aber rechtzeitig. 310 PS und 380 Newtonmeter Drehmoment zerren ausschließlich an der Vorderachse. Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe sind zu schwer, sie bringen keine Vorteile auf der Nordschleife. Den Clubsport S verkauft VW nur mit manuellem Sechsgang-Getriebe und der mechanischen Differenzialsperre aus dem Golf GTI Performance. Es gibt ihn ausschließlich als Zweitürer, auf Wunsch ohne Klimaanlage. Weniger Komfort, weniger Gewicht. Kompromissloser und stärker als der GTI Clubsport (ohne S). Den hat VW bereits im vergangenen Jahr am Wörthersee vorgestellt. Optisch gleichen sich die beiden Clubsport-Modelle, Spoiler und Schürzen sind identisch. VW verspricht für beide Autos echten Abtrieb, zum ersten Mal bei einem Golf. Bei 265 km/h soll der Fahrtwind mit 25 Kilogramm auf die Karosserie drücken. Zum Vergleich: Bei 250 km/h wirken auf einen normalen Golf GTI 60 Kilogramm Auftrieb. Weniger Leistung, keine Semislicks am Clubsport ohne SQuelle: Volkswagen Trotz gleicher Karosserie unterscheiden sich Clubsport und Clubsport S deutlich. Natürlich durch die Leistung (265, kurzzeitig 290 PS im Clubsport), die Reifen (Semislicks am Clubsport S) und die Nordschleifen-Abstimmung des Fahrwerks. Hinzu kommt ein größerer Rohrdurchmesser zwischen Vor- und Endschalldämpfer (65 Millimeter beim Clubsport S) und dadurch ein kräftigerer Sound. Tiefer, lauter und mit feinem Frotzeln im Schubbetrieb. Beide Varianten bremsen mit Einkolben-Sätteln und 350er-Scheiben, der Clubsport S bekommt aber schärfere Beläge und zweiteilige Scheiben mit einem Alu-Topf. Es fehlen Rückbank und Dämmung, die Batterie wird kleiner, Schalensitze ersetzen Sportsitze. Dann wären da noch ein paar Details, die man nicht sieht. Zum Beispiel der geänderte Radsturz an beiden Achsen. Der Clubsport S bleibt dadurch in schnellen Kurven länger neutral und beim starken Bremsen stabiler. Zudem macht ihn ein Hilfsrahmen aus dem Audi A3 auf der Vorderachse leichter. Ausstattungsbereinigt spart er gegenüber dem Clubsport 30 Kilogramm ein, laut EU-Norm wiegt er 1.375 Kilogramm. Viele Details, doch auf der Nordschleife lohnt sich das. Der Clubsport S jagt spielerisch alle Steigungen hinauf, lenkt genau und leichtfüßig. Seine Kraft merkt man kaum im Lenkrad, dafür umso mehr in der Beschleunigung. 100 Exemplare des Golf GTI Clubsport S für DeutschlandQuelle: Volkswagen Seit 2013 schraubt und entwickelt VW am Projekt Nordschleifen-Rekord. Zunächst mit einem serienmäßigen Golf GTI Performance. Der bekam später einen Motor aus dem Golf R, große Spoiler und eine eigene Fahrwerksabstimmung. Das Verbot für Rekordfahrten auf dem Ring bremste den Clubsport S aus. Doch die Ingenieure berechneten schon damals: Eine Zeit um 7:50 Minuten ist möglich. Zum 40. GTI-Geburtstag gibt es 400 Exemplare des Golf GTI Clubsport S. 100 von ihnen kommen nach Deutschland, für je 40.000 Euro. Einen Golf R gibt es für das gleiche Geld. Der sprintet eine knappe Sekunde flinker auf Tempo 100, fährt auf der Nordschleife aber rund 25 Sekunden hinterher. VW Golf GTI Clubsport S: Technische Daten
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