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30 Jahre Renault 19 - Ein Renault, der richtig abräumte

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Mit dem R19, dem letzten Renault mit einer Ziffer am Heck, machten die Franzosen alles richtig. Egal ob Schräghecklimousine oder Cabriolet, der Renault 19 war ein Siegertyp.

Renault 19 nach dem Facelift 1992 Renault 19 nach dem Facelift 1992 Quelle: Renault

Köln - Dem R19 gelang etwas, das nur wenige schaffen: Er verkaufte sich phasenweise besser als der Konkurrent VW Golf - in Deutschland. Das war kurz nach der deutschen Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern.

„Der VW Golf war unser Vorbild, das es zu schlagen galt“, wurde bereits bei der Pressevorstellung des Renault 19 kommuniziert. Große Worte, aber es klappte. In Testberichten der Fachpresse und teilweise sogar bei den Verkaufszahlen. Allein in Deutschland wurden 1989 bis 1995 über 460.000 Fahrzeuge zugelassen, vier Jahre in Folge war der Renault 19 das meistverkaufte Importauto.

Ein Titel, den er erst zu Zeiten der Abwrackprämie an den Skoda Fabia abgab. Weltweit lieferten neun Werke den Renault 19 aus, insgesamt wurden 3,2 Millionen gebaut.

Stufenheck: Renault 19 Chamade ab1989 Stufenheck: Renault 19 Chamade ab1989 Quelle: Renault Der Weg dahin war nicht leicht für Renault. Kleinwagen wie R4 und R5 waren vielfache Produktionsmillionäre, und ab 1984 hatte man mit dem Renault 25 sogar ein Erfolgsmodell in der gehobenen Mittelklasse. In der Kompaktklasse klappte es dagegen nicht. Der kurios geformte Renault 14 von 1976 konnte sich ebenso wenig durchsetzen wie der Renault 11 von 1983.

Giugiaro setzt sich durch

Entsprechend motiviert ging Renault in die Entwicklung des Nachfolgers mit dem Prototypencode X-53. Die frühen Entwürfe für den Renault 19 – der von manchen Medien als Renault 13 angekündigt worden war – stammten vom Hausdesigner Alain Jan, das endgültige Konzept kam 1985 vom Italiener Giorgetto Giugiaro. Giugiaros Formen überzeugten die soeben erneuerte französische Konzernführung – George Besse hatte den bisherigen Renault-Präsidenten Bernard Hanon abgelöst. Giugiaro hatte bereits den Golf I gezeichnet, durfte jedoch beim Golf II nicht mehr mitwirken.

Fast zwei Milliarden Mark hat der Renault 19 gekostet, als er im Sommer 1988 endlich auf den Markt kam. In Deutschland dauerte es ein halbes Jahr länger. Denn vor der hiesigen Markteinführung setzte Renaults neuer President Levy eine Revolution um, die er zuerst am französischen Markt testen wollte: Der R19 sollte nach japanischen Qualitätskriterien produziert werden.

Kein Bügel, kein Körbchen: Renault 19 Cabrio ab 1991 Kein Bügel, kein Körbchen: Renault 19 Cabrio ab 1991 Quelle: Renault

Qualität wie aus Japan

Dazu setzte Renault auf die Kompetenz eines eigenen Instituts für Qualität. Tatsächlich erwiesen sich die Japaner als gute Lehrmeister. So konnte sich der Renault 19 in Qualitäts- und Pannenstatistiken weit besser platzieren als seine Vorgänger. Schon das Exterieurdesign mit präzisen Spaltmaßen und ein hochwertiges Interieur ohne französisches „Laissez-faire“ verblüfften - und sorgten dafür, dass die Kunden bereitwillig die hohen Preise des Renault 19 bezahlten.

Zum Kassenknüller wurde der Renault 19 aber auch durch andere Faktoren. Spritzige, durchzugsstarke und sparsame Benziner begeisterten Presse und Publikum - mehr als mancher Golf-Motor, dem der Renault in einigen Vergleichstests Paroli bieten konnte. Hinzu kam das große Gepäckabteil, mit asymmetrisch umklappbarer Rücksitzlehne - heute selbstverständlich, damals hoch innovativ.

Renault: Vorreiter im Osten

Sogar den Golf GTI attackierte Renault, mit dem 135 PS starken und über 210 km/h schnellen Renault 19 16V (ab Herbst 1989). Und pünktlich zum Mauerfall folgte die Stufenhecklimousine Renault 19 Chamade: Stufenhecks waren (und sind) im früheren Ostblock beliebt. Kaum war die Mauer am neunten November 1989 gefallen, begann Renault mit dem Aufbau eines Vertriebs- und Servicenetzes in der DDR und sicherte sich einen Vorsprung, den die meisten Konkurrenten erst allmählich aufholten.

1992 gewann der Renault 19 das goldene Lenkrad 1992 gewann der Renault 19 das goldene Lenkrad Quelle: Renault Noch eine Karosserieversion verankerte den Renault 19 im Bewusstsein der deutschen Kunden: Im Oktober 1991 folgte das Renault 19 Cabrio. Die Rohkarosse baute Karmann in Osnabrück, die Endmontage übernahm das Renault-Werk Maubeuge. Im Unterschied zu Ford Escort, Opel Kadett und VW Golf verzichtete der Frischluft-Renault auf einen feststehenden Überrollbügel - optisch ein unschlagbarer Vorteil.

Heute eine Rarität

Erstmals seit 1979 erreichte Renault jetzt in Deutschland wieder einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent. Auch auf dem französischen Heimatmarkt ging es dank des R19 steil nach oben.

Nach fünf Jahren war der R19 noch frisch. Ein Facelift im Jahr 1992 genügte, bis nach sieben Jahren der Nachfolger Mégane bereitstand. Der wurde, weltweit gesehen, zu einer noch größeren Erfolgsgeschichte. Initiiert vom Renault 19, der das Image der Marke massiv poliert hatte. Was den R19 jedoch wie alle Massenmodelle nicht davor bewahrte, am Ende verbraucht, verschlissen und vergessen zu werden. Nur noch fünf Prozent aller in Deutschland verkauften Renault 19 sind noch beim KBA registriert.

Chronik: Renault 19

  • 1983: Unter der Codenummer X-53 beginnt die Entwicklung des Nachfolgers von Renault 9 und 11
  • 1984: Die ersten Designstudien werden im November vorgestellt
  • 1985: Giorgetto Giugiaro präsentiert die entscheidenden Entwürfe für den Renault 19
  • 1988: Im Mai feiert der 4,16 Meter lange Fünftürer Premiere. Für Europa wird der Renault 19 in den Werken Douai, Maubeuge, Valladolid und Setúbal produziert
  • 1989: Markteinführung in Deutschland. Auf der Frankfurter IAA debütiert die Stufenhecklimousine Renault 19 Chamade (deutsch: „Herzflimmern“). Sportliches Spitzenmodell wird der anfangs ausschließlich dreitürige Renault 19 16V
  • Nur einen Monat nach dem Fall der Mauer beginnt Renault mit dem Aufbau eines Vertriebs- und Servicesnetzes in der damaligen DDR
  • 1991: Im Oktober erlebt das Renault 19 Cabrio seine deutsche Markteinführung
  • 1992: Im Juni gründliches technisches und optisches Facelift für alle Renault 19
  • 1993: Der Renault 19 Chamade erhält in Deutschland die Bezeichnung Renault 19 Bellevue nach dem Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten
  • 1994: Im Herbst entfällt die 58-PS-Motorisierung aus dem deutschen Lieferprogramm
  • 1995: Der Renault Mégane ersetzt im Herbst den Renault 19
  • 1997: Ablösung des Cabriolets
  • 2001: Einstellung der Produktion in Südamerika

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