Weissach – Über die gesamte Modellfamilie des sechsten Elfers zu schreiben dauert länger, als sich eine Probefahrt mit einem der gebrauchten Modelle zu sichern. So viel hat Porsche während der achtjährigen Bauzeit an dem Wagen geändert.
Doch bevor wir einen kurzen Blick auf neue und alte Technik werfen, stoppen wir kurz bei der Gretchenfrage des Modells. Was ist bei einem Sportwagen wie dem 911er eigentlich wichtiger? Das Aussehen oder der Antrieb?
Augen sind wichtiger als Pferde
Porsche beantwortete die Frage damals einfach. Das Aussehen! Technisch war der 997er kein Überflieger, als er 2004 auf den Asphalt rollte. Das Auto war schwerer geworden, die Leistung stieg vergleichsweise zaghaft um mindestens 20 PS. Dazu neigte der Wagen zum Schlucken. Doch trotz dieser Kritikpunkte wurde das Auto gefeiert wie ein Supercar.
Auch die Basis kann überzeugen. Der einfache Carrera in Weiß. Diese Farbe kostete keinen Aufpreis. Quelle: Porsche
Warum? Weil der Wagen schön war. Der erste schöne, neue 911er seit den Zeiten des 996. Vorbei die Zeit der schmalen Hüften, vergangen die Tage mit Spiegelei-Scheinwerfern, verschwunden das Yuppie-Design. Der 997 war ein Elfer wie gemalt. Nah am Ur-Modell, näher am 964er – ein Auto, das mit seiner Form überzeugte. Zunächst mehr als mit seiner Technik.
325 PS genügen
Dabei muss man beachten: 2004 waren die Benzinpreise noch niedlich im Vergleich zu heute, die Ökodiskussion wurde noch leise und mild geführt und die mindestens 325 PS im Carrera genügen noch heute, um die Mundwinkel bis zu den Ohren zu ziehen.
Das Basismodell beschleunigte in 5,0 Sekunden auf 100 km/h und erreichte 285 km/h Spitze. Das war zwar kaum besser als beim 996. Aber auch nicht langsam. Zumal der 997er auf der Rennstrecke je nach Fahrwerk deutlich schnellere Zeiten erzielte als noch der Vorgänger.
Das Standardfahrwerk gefällt nicht jedem
Cockpit des 911 Targa 4S, u. a. mit PDK-Sportlenkrad, Sport-Chrono-Paket Plus und Porsche-Communication-Management (PCM) Quelle: Porsche
Dabei galt es zu unterscheiden zwischen dem verhältnismäßig weich abgestimmten Serienfahrwerk, dem ab Carrera S eingebauten PASM (Porsche-Active-Stability-Management) und dem Sportfahrwerk.
Das Letztere war natürlich mit Abstand das Beste, aber auch mit dem PASM setzte der 911er Rundenzeiten, die beeindruckten. Das lag nicht nicht nur an dem verbesserten Zusammenspiel zwischen Federn und Dämpfern, sondern auch an der direkteren Lenkung, den besseren Bremsen und einer verfeinerten Aerodynamik. Zusätzlich hat jeder Porsche, und dieser ganz besonders, die nicht sichtbare, aber spürbare
Komponente Röhrl. Der Rallye-Champ ist die Seele der Porsche-Sportwagen und beim 997 war er es noch mehr als heute.
Röhrl lebt Porsche - manchmal mehr als der Chef
Was das bedeutet, erzählt diese kurze Anekdote, die von Röhrl selbst stammt: Weil der damalige Porsche-Chef Wiedeking den 997er als Konkurrenten zum Mercedes SL sah und ältere Kunden mit mehr Komfort locken wollte, waren die ersten 997er sehr weich auf der Vorderachse.
Eine unsinnige Entscheidung, die von dem bereits zitierten Regensburger zeitnah mit einem gewaltigen Grollen vom Tisch gefegt wurde. Denn Röhrl fuhr mit einem dieser Wagen zu einem Werbedreh. Als er nach einer langen Testfahrt die Fuhre abstellt, echauffierte er sich lang und lautstark über die seines Erachtens nach defekten vorderen Stoßdämpfer.
Bis sein Techniker ihm kleinlaut erklärte, die seien nicht defekt, das sei Absicht mit der weichen Auslegung, wegen des SL, die Konkurrenz und so. Was folgte, waren ein paar lautstarke Telefonate, Konferenzen und was es sonst eben so bedurfte, um Menschen umzustimmen. Einer blieb sich nämlich treu. Der Walter. Entweder der 997 fuhr immer wie ein Porsche, also auch mit Standardfahrwerk, oder er, Röhrl, stehe nicht weiter zur Verfügung.
Wie die Geschichte endet, weiß jeder, der einen 997 fährt. Und Röhrl repräsentiert bekanntlich immer noch die Sportwagen aus Zuffenhausen.
Quelle: MOTOR-TALK