"Wann kommt der Sommer?" - "der war am Mittwoch da". Solche Witze passten zum Sommer 1996. Trotz vieler neuer Cabrios wie Mercedes SLK, Suzuki X90 oder Porsche Boxster.
Köln - Kalte Tiefausläufer wechselten abrupt mit Hitze-Hochs und heftigen Gewittern. Kommt bekannt vor? So war es auch 1996, als Hits wie Macarena, Coco Jamboo und Lemon Tree in den Musikcharts vorn standen. Mindestens das Wetter war ärgerlich für Frischluftfans, denn die Autohersteller hatten eine beeindruckende Auswahl an attraktiven Cabrios im Sortiment. Gut, wer da alle Sonnenstrahlen nutzte und über ein elektrisches Verdeck verfügte wie im neuen Chrysler Stratus - oder mit dem automatischen, zweiteiligen Variodach des Mercedes SLK für Aufmerksamkeit bei Passanten beeindruckte. Andere Roadster setzten weiter auf die simple Einhand-Verdeckbetätigung: BMW Z3, Fiat Barchetta und MGF. Und: Die Industrie wagte sich an schräge Crossover aus Cabrio und Geländewagen. Diese Modelle waren rund ein Drittel billiger als klassische Kleinwagen-Cabrios und passten deshalb ins sparsame Jahr 1996. Klassische Briten und "gemächliche" ZwölfzylinderQuelle: PorscheImmerhin kürten Sprachforscher den Begriff „Sparpaket“ zum Wort des Jahres, dicht gefolgt von den Worten „Haushaltslöcher“ und „Lohnfortzahlung“. Eine pessimistische Grundstimmung, das Wetter machte es nicht besser. Dabei war die Cabriolandschaft nie so vielfältig. Nie zuvor gab es mehr Abwechslung bei den Verdeckkonstruktionen. Ganz klassisch kamen sturmdurchtoste Zweisitzer von den britischen Inseln: Der Morgan 4/4 erlebte zum 50-jährigen Produktionsjubiläum endlose Lieferzeiten, während der ultraflache Caterham Super Seven den Lotus Seven aus den 1950er Jahren zitierte und AC die giftige Cobra trotz PS-Schwund am Leben hielt. Ginetta, Marcos, Reliant und TVR setzten auf Plastikflitzer, die teils sogar über Versandhäuser geliefert wurden. Modernere Roadster kamen von der Rover Group, die mit dem Mittelmotormodell MGF an die Zeiten des MG B anknüpfen wollte - was nixcht gelang. Dafür diente der 1,8-Liter-Vierzylinder aus dem MGF der 675 Kilogramm leichten Lotus Elise als Antrieb. 120 PS genügten dem Lotus, um schneller zu beschleunigen als der fast doppelt so starke, neue Porsche Boxster. In der Oberklasse zählte Speed weniger als stilvoller Fahrgenuss. Weshalb ein Mercedes SL 600 trotz feudaler V12-Power 7,0 Sekunden den Sprint auf 100 Kilometer benötigte. Wichtiger: Bei Regenwetter konnte man wählen zwischen Stoffverdeck, Hardtop oder Panorama-Hardtop. Neu war auch ein Windschott, das die Zugluft und die Windgeräusche reduzierte. Schnell, schneller, DiabloQuelle: DaimlerIn England provozierte Prinzessin Diana mit ihrem SL der Baureihe R 129 den Unmut der Briten, Gatte Charles dagegen machte mit dem Aston Martin DB7 Volante alles richtig. Der Sechszylinder kostete mit 237.000 Mark fast doppelt so viel wie das Jaguar XK8 Cabriolet. „The cat is back“, tönte die Jaguar-Werbung selbstsicher zum Deutschlandstart. Und tatsächlich waren die Bestelleingänge für den Jaguar beachtlich, auch, weil der XK8 mit Qualität überzeugte. Auch Bentley investierte in Qualität und entließ das Azure Convertible erst mit einem Jahr Verspätung in die Serienfertigung. 551.000 Mark – so viel wie ein respektables Einfamilienhaus – kostete das 5,34 Meter lange und knapp 250 km/h schnelle Cabrio. Teurer ging es damals nicht - aber schneller. Der Lamborghini Diablo Roadster erreichte 325 km/h Höchstgeschwindigkeit, und das offen. Zum Vergleich: Der schnellste Ferrari F 355 GTS erreichte maximal 295 km/h, die Corvette mit 5,7-Liter-V8 und der Porsche 911 "nur" 275 km/h. Suzuki X90: Schräger geht's nichtQuelle: AutodromMit Extremgeschwindigkeiten nichts zu tun hatte man in zahlreichen neuen, offenen Geländewagen. Heute würde man wohl Crossover dazu sagen. Man erfreute sich stattdessen an gemächlichen Klettertouren durch Berge oder Dünen – oder einfach an der damals billigsten Art, offen zu fahren. Heute fast vergessen, gab es damals offene Geländegänger von Opel (Frontera), Mahindra aus Indien oder Daihatsu (Feroza). Daneben natürlich von Jeep oder Land Rover. Besonders kontrovers: Der Suzuki X-90, eine Mischung aus Zweisitzer und Allrad-Geländewagen mit herausnehmbarem, zweigeteiltem Glasdach (T-Roof), keckem Heckspoiler und auffälligen Farben. Schriller konnte man damals nicht vorfahren. Astra, 3er, 306: Offene FamilienwagenFamilienautos ohne Dach passten super in die Autokorsos, die im Frühsommer 1996 den Gewinn der Fußball-EM in England feierten. Zu den etablierten VW Golf und Ford Escort mit Überrollbügel gesellten sich der bei Bertone gebaute Opel Astra, der von Pininfarina gezeichnete Peugeot 306, die zweiten Generationen von BMW 3er und Saab 900, das Mercedes E-Klasse Cabrio und der erst zwei Monate zuvor geöffnete Renault Mégane. Übrigens folgte auf den wechselhaften Sommer ein milder Herbst, und dazu passend debütierten schöne Cabrios für 1997 auf dem Pariser Auto Salon. Darunter der Vorbote des ersten Volvo C70 Cabriolets und offene Geländegänger für die Wintersonne. Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht Quelle: SP-X (Wolfram Nickel) |