Köln - Der Aufschlag der beiden neuen Automarken war das Highlight der Detroiter Automesse. Die Besucher scharrten sich um die Limousinen, und in den Medien wurden Lexus und Infiniti weit über den grünen Klee gelobt. Die Limousinen aus Japan seien super, ein Mercedes-Schreck, echter Luxus. 2014 jährt sich die Premiere der Premium-Töchter von Toyota und Nissan zum 25. Mal. Ein Rückblick.
Die Präsentation der japanischen Achtzylinder war nicht nur ein Messeerfolg. Sie rüttelte auch ein wenig an Das erste Modell von Lexus: Der LS 400, den die Japaner 1989 auf der Autoshow in Detroit präsentierten Quelle: Lexus
den seit Jahrzehnten festgefügten automobilen Hierarchien. Zumindest in Amerika. Hier übertrafen die Absatzerfolge von Lexus alle Erwartungen. In Europa blieb ein vergleichbarer Erfolg aus. Bis heute sind Infiniti und Lexus dort nur Nischenmarken. Und mit diesem Schicksal sind sie nicht allein: Acura von Honda floppte genauso wie die Mazda-Tochter Xedos.
Das beste Auto der Welt
Die Stoßrichtung für die Edeloffensive gab 1983 Toyota-Chef Eiji Toyoda vor, als er die Entwicklung des besten Autos der Welt forderte. Japans Nummer zwei, Nissan, folgte zwei Jahre später mit der Einrichtung des Entwicklungsteams „Horizon“. Dort wollte man ermitteln, wie die Mercedes-Benz S-Klasse und der BMW 7er übertroffen werden können.
Lexus wollte nicht weniger als die Perfektion des Luxus - kein Wunder, dass sich die Japaner für einen Namen entschieden haben, der förmlich nach Luxus schreit. Lexus wollte zufriedene Kunden und eine darauf basierende Erfolgsstory. Das erste Modell, der LS 400 mit 4,0-Liter-V8, wurde zu Kampfpreisen ab 35.000 US-Dollar angeboten.
Damit war der LS 19.000 Dollar preiswerter als ein BMW 735i mit profanem Sechszylinder. Noch krasser war der Preisunterschied gegenüber Mercedes: Hier kostete der eine Klasse kleinere 300E immer noch 10.000 Dollar mehr als der Nippon-V8, der überdies eine vierjährige Garantie mit sich brachte.
4,5 Liter großer V8
In Europa blieb die Toyota-Tochter bis heute eine Nischenmarke. Hier: Ein Lexus L Sab von 1994 Quelle: Lexus
Auch das Infiniti Q45 genannte Nissan-Spitzenmodell stand für sensationell günstige 38.000 Dollar in der Liste. Dafür bot die knapp 5,10 Meter lange Limousine einen 278 PS starken 4,5-Liter-V8 mit innovativer Vierventiltechnik und Allradlenkung.
Mit dem Q45 wollte die Marke zeigen, dass sie auch dynamische Autos bauen kann. Jedes Exemplar wurde vor der Auslieferung ausführlich getestet, die Prüfstände arbeiteten mit einer Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h. Im streng reglementierten Amerika griff bei (bereits illegalen) 240 km/h ein Begrenzer ein. Als sensationell galt die Spurtfreudigkeit des Infiniti, der beim Standardsprint die 100-km/h-Marke nach sieben Sekunden passierte und sogar die Zwölfzylinder-Modelle von BMW und Jaguar auf Distanz hielt.
Es fehlt die Tradition
Doch günstige Preise und motorische High-Performance alleine genügen nicht, um in der Prestigeklasse gegen renommierte Wettbewerber zu punkten. Eine Luxusmarke lebt auch von Exklusivität und Tradition. An Letzterem fehlte es den japanischen Newcomern zwangsläufig. Deshalb wagten sie zunächst nur den Sprung in die neue Welt und erst später nach Europa.
Ein Coupé aus Infinitis G-Reihe (ab 2003) Quelle: Infiniti
Exklusivität boten die Marken durch außergewöhnliche Qualität und beispielhaften Service. So bauten Lexus und Infiniti neue Autohäuser, in denen die Fahrzeuge wie Kunstwerke präsentiert wurden. Ein hehrer Anspruch, der aufgegeben wurde, als diverse Händler einen Teil ihres Toyota-Schauraums für Lexus-Fahrzeuge freiräumten.
So oder so waren die Amerikaner begeistert. In Untersuchungen zur Kundenzufriedenheit lagen Lexus und Infiniti von Beginn an ganz vorn und die Verkaufszahlen waren rekordverdächtig. Daran änderten auch die eilig nachgeschobenen, profaneren Sechszylinder-Modelle Lexus ES 250 und Infiniti M30 nichts.
Nummer eins der Oberklasse-Importeure
Die Erfolgsgeschichte in Amerika dauert bis heute. Schon 1991 war Lexus in den USA mit über 71.000 Zulassungen die Nummer eins der Oberklasse-Importeure. Mit dem Ausbau der Modellpalette – 1991 kam das Coupé SC, 1993 folgte die von Stardesigner Giugiaro gezeichnete Limousine GS und 1996 kam das SUV LX – überholte Lexus 1997 sogar die einheimischen Platzhirsche Cadillac und Lincoln.
Der Deutschlandstart von Lexus verlief hingegen zäh. Hier begeisterten sich Presse und Kunden zwar für Zuverlässigkeit, Service, Garantieleistungen, perfekte Verarbeitung und die serienmäßige Komplettausstattung. Doch was fehlte und bis heute fehlt sind flächendeckende Händlernetze sowie eine gewisse Bekanntheit und noch wichtiger: die Faszination.
Mit Sebastian Vettel als Markenbotschafter will Infiniti auch in Europa mehr Kunden gewinnen. Hier eine Vettel-Edition des QX70 FX Quelle: Infiniti
In den ersten 20 Jahren fand Lexus gerade einmal 43.000 deutsche Kunden, weniger als Mercedes heute in zwei Monaten verkauft. Und es wird nicht einfacher. 2013 kamen gerade einmal 1.653 deutsche Lexus-Zulassungen zusammen. Infiniti – hierzulande erst seit 2009 vertreten - bleibt sogar auf dem Niveau italienischer Supersportwagen.
Auch Sebastian Vettel konnte es nicht richten
Daran konnten auch all die neuen Modelle nichts ändern: weder der kompakte Lexus IS (ab 1998) noch der Hybrid Lexus CT 200h (ab 2011) oder die SUV Lexus RX, Infiniti EX und FX. Auch andere Maßnahmen brachten nicht den gewünschten Erfolg, weder die Hybridoffensive in allen Fahrzeugklassen noch die speziell für Europa lancierten Dieselmodelle oder der Supersportwagen Lexus LFA. Selbst die 2011 begonnene Partnerschaft zwischen Infiniti und dem Formel-1-Team Red Bull Racing mit Sebastian Vettel als Infiniti-Markenbotschafter holte die Marke nicht aus ihrem Nischendasein.
Deutschland bleibt für Premiummarken der härteste Prüfstein der Welt und genau deshalb wollen Lexus und Infiniti hier bestehen. Dazu wuchern sie mit einem Pfund, das am Ende die Entscheidung bringen könnte: Niemand hat so einen langen Atem wie diese beiden unermüdlichen japanischen Autobauer.