Seit gut einem Jahr hat die Discovery-Familie ein neues Mitglied. Das trägt den Sport mehr im Namen als auf die Straße. Dafür punktet der kleine Disco mit seiner Größe.
Berlin – Das Abenteuer fährt immer mit, so rein gefühlsmäßig. Davon lebt Land Rover. Vom Image der Überall-hin-Marke, mit deren Autos man Wüsten und Wälder durchqueren, Gebirge und Geröllhalden überwinden könnte. Wenn man wollte. Macht man nur nicht. Auch nicht mit dem Discovery, den Fans und Fahrer liebevoll Disco nennen. Seit Anfang 2015 ergänzt der Discovery Sport die Disco-Familie und sieht mehr nach Diskothek als nach Dachstein (ein Alpen-Gebirgsmassiv) aus. Eher wie eine Mischung aus Evoque und Range Rover Sport. Nicht so kantig wie der große Discovery, schon gar nicht rustikal wie ein Defender. 1. Gang: Die BasisFreelander – das hört man bei Land Rover nicht so gerne im Zusammenhang mit dem Disco Sport, dabei tritt er dessen Nachfolge an. Allerdings ist er groß geworden. Um neun Zentimeter überragt er den Vorgänger. Auf den Range Rover Evoque hat er fast 22 Zentimeter Vorsprung. Mit dem hippen Kompakt-SUV teilt er sich viel Technik, legt aber viel mehr Wert auf praktische Qualitäten. Seine Mehrlenker-Hinterachse spart Platz. Er bringt auf knapp 4,60 Metern Länge bis zu sieben Personen unter. Das schaffen BMW X3 oder Mercedes GLC nicht. Unser Test-Landy kam ohne dritte Sitzreihe, dafür aber mit einer tiefen, leeren Höhle unter dem Kofferraumboden. Darin ließe sich ein vollwertiges Ersatzrad versenken. Fürs Abenteuer. Fürs Einkaufserlebnis passen bis zu 1.698 Liter in den Kofferraum. Viel mehr als bei Audi Q5 (bis 1.560 Liter), deutlich mehr als bei BMW und Mercedes (bis 1.600 Liter). 2. Gang: Das BesteDie Kompetenz abseits befestigter Straßen – vermutlich. Der Disco Sport kann alles, was man von einem Land Rover erwartet. Das Terrain Response System kommt mit allen Untergründen klar, egal ob Matsch, Schnee oder Sand. Böschungswinkel (vorne 25, hinten 31 Grad), Bodenfreiheit (21,2 Zentimeter) und Wattiefe (60 Zentimeter) erlauben auch dort die Weiterreise, wo andere aufgeben müssen. Das konnten wir schon erfahren. Quelle: MOTOR-TALK Nun sind deutsche Straßen ganz schön mies. Trotzdem hatte der Landy es während der zwei Wochen Alltag eher leicht. Er musste fiese Schlaglochpisten im Brandenburger Outback überwinden, grobes Kopfsteinpflaster in Pankow und scharfkantige Tram-Schienen in Prenzlauer Berg. Alles kein Problem. Jedoch gehört der Disco nicht zu den komfortabelsten SUVs. Man spürt fast immer, dass die Federung mit den großen, schweren Reifen so ihre Probleme hat. Sanft abrollen geht anders. Und leichter lenken könnte er im Stadtverkehr auch. So ist es natürlich kerniger. 3. Gang: Das SchwächsteMan traut seinen Augen nicht in diesem Auto. Der Touchscreen des Infotainmentsystems ist zwar schön groß (acht Zoll), aber von so grobschlächtiger Pixelqualität. Playstation 1 statt HD. Das passt nicht zu einem Touchscreen aus 2016. Immerhin, die Menüführung ist gut gelöst und übersichtlich. Der Homescreen vereint Kacheln für wichtige Funktionen, auf einem weiteren finden sich die weniger oft genutzten. Darunter auch das, was Land Rover InControl nennt. Um Apps wie Parkopedia, Stitcher oder iHeartRadio zu nutzen, muss man die entsprechende Land-Rover-App herunterladen. Wer andere, viel gängigere Programme auf seinem iPhone oder Android-Handy nutzen will, hat Pech. Apple Carplay oder Android Auto gibt es nicht. 4. Gang: Das ÜberflüssigsteSprachbedienung soll das Leben erleichtern. Die im Disco Sport ist ungefähr so geschwätzig wie Daniela Katzenberger, aber schwerer von Begriff. Land, Stadt, Straße, Hausnummer – zu jeder Angabe wird man einzeln aufgefordert. Bis das erledigt ist, hat man selbst den Ort Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch in Wales per Hand eingegeben (kein Witz, den gibt es wirklich). Quelle: MOTOR-TALK Ähnlich aufdringlich und seltsam ignorant: der Gurtwarner. Der moniert laut piepend, dass der Beifahrer nicht angeschnallt sei - obwohl man ihn gerade an der Straßenecke abgesetzt hat. Manchmal stimmt auch die Rücksitzbank mit leicht quietschendem Geknarre in das Gepiepe ein. Irgendwo rieb sie sich offenbar an der Karosserie. Vermutlich weil sie sich ein ordentliches Stück verschieben lässt, wodurch sich der Kofferraum oder Beinfreiheit vergrößern lassen. 5. Gang: Das WissenswerteDer Motor im getesteten TD4 war der neue 2,0-Liter-Diesel der Ingenium-Serie. Die Aggregate hat Jaguar Land Rover selbst entwickelt. Wie schon im Jaguar XF punktet der Vierzylinder mit 180 PS und 430 Newtonmetern Drehmoment nicht gerade durch Laufruhe. Das Gegrummel passt jedoch besser in einen Landy als in einen Jaguar. Dass der Motor arbeiten muss, merkt man an der Tankstelle. Während der Jaguar mit dem gleichen Motor und acht Gängen 4,3 Liter laut Norm verbraucht, genehmigt der Landy sich einen vollen Liter mehr. Kein Wunder: Er wiegt fast 200 Kilo mehr und baut ganz schön hoch. Bei moderatem Tempo auf der Autobahn sind etwas mehr als acht Liter möglich, bei null Grad in der Stadt auf kurzen Strecken und vielen Ampeln kann es zweistellig werden. Unser Testverbauch lag mit gut 8,5 Litern ungefähr einen Liter höher als mit dem Jaguar. 6. Gang: Das BesondereLand Rover hat bei Außen- und Innendesign eine ganz eigene Sprache gefunden. Klare Linien, einfache Formen, klassische Instrumente. Die klassische Aufteilung funktioniert, sieht solide aus und fühlt sich ganz überwiegend auch so an. Hier und da wäre etwas mehr Feinarbeit schön gewesen – zum Beispiel dort, wo das Alu in den Türen ans Leder stößt. Insgesamt fühlt man sich gut aufgehoben im Disco Sport. Die Knöpfe haben einen guten Klick, man dreht gern an den Reglern. Über den weichen Bezug des Armaturenbretts streicht man liebevoll mit der Hand. Auf dem Cognac-Leder im Testwagen lässt man sich gern nieder. Allerdings war unser Disco ein HSE Luxury für mindestens 55.500 Euro. Dazu das Panoramaglasdach, Keyless-Entry, Fahrerassistenz-Paket, Meridian-Surround-Anlage, InControl-Apps und noch ein paar Kleinigkeiten – schon landet man bei knapp 70.000 Euro. So teuer fühlt er sich dann doch nicht an. Ausrollen: FazitBMW X3, Audi Q5 oder Mercedes GLC mögen nicht so kompetent im Gelände sein wie der Discovery Sport. Was Durchschnittsfahrer an Offroad-Talent brauchen könnten, liefern sie aber auch. Dass der Land Rover Discovery Sport mehr Geländewagen bietet als andere SUVs, spricht also vor allem den inneren Abenteurer an. Zum Glück liefert er mit dem großen Gepäckabteil und der verschiebbaren Rückbank genug Argumente für die Abenteuer des Alltags. So gesehen ist er fast ein vernünftiges Auto. Technische Daten: Land Rover Discovery Sport TD4
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