Maserati wird in diesem Jahr 100: Eine Marke, die in einem Atemzug mit Lamborghini und Ferrari genannt wird und doch ganz anders ist. Wir schauen zurück.
Köln - Einst füllte die Fehde zwischen Ferrari und Maserati jeden Montag die Sportseiten der Presse. Sonntags lieferten sich die Racer der verfeindeten Marken aus der Provinz Modena heftige Duelle auf der Rundstrecke. Am Morgen danach sann der jeweils unterlegene Rennstall bereits auf Revanche. Die Rivalität ging so weit, dass Enzo Ferrari noch in den 1980er Jahren den italienischen Staatspräsidenten Sandro Pertini nicht empfangen wollte, weil dieser in einem Maserati in Maranello vorfuhr. Entsprechend groß war der Schock bei allen Tifosi und den Fans von Maserati, als die beiden Sportwagenlegenden 1993 durch die Maserati-Übernahme des Fiat-Konzern zu Partnern wurden. Allerdings war dies nur die vorläufig letzte verblüffende Wendung in der heute 100-jährigen Historie der Marke. Ein Familienunternehmen startet durchZur Stil-Ikone wurde Maserati erst nach 1945. Zunächst war es vor allem die Leidenschaft für automobile und flugtechnische Innovationen, die Alfieri Maserati am 1. Dezember 1914 eine Werkstatt im norditalienischen Bologna gründen ließ. Maserati glaubte, mit der Entwicklung und Produktion von Zündkerzen für Autos und Flugzeuge eine Marktlücke gefunden zu haben. Zuvor war Alfieri zusammen mit seinem älteren Bruder Carlo beim Mailänder Rennwagenhersteller Isotta-Fraschini als Autoschlosser und Rennfahrer tätig gewesen. 1920 kann Alfieri Bruder Mario zur Mitarbeit im Familienunternehmen gewinnen: er wird von Alfieri mit der Kreation eines Markenzeichens beauftragt, das Stärke und Macht symbolisiert. Mario wählt dazu den Tridente, den Dreizack der Neptunstatue auf der Piazza Maggiore im Herzen von Bologna. Das Logo bewährt sich bereits ein Jahr später als Glücksbringer: Beim Rennen Susa-Moncenisio siegt Alfieri Maserati auf einem Isotta Fraschini Speciale, den er durch einen halbierten Hispano-Suiza-V8-Flugmotor aufgerüstet hatte. Die ersten MaseratiDie ersten eigenen Rennwagen mit Maserati-Logo und der Bezeichnung Tipo 26 entstanden jedoch nicht vor 1926. Schon beim Premierenrennen des Tipo 26 gewann Alfieri Maserati die 1,5-Liter-Klasse der Targa Florio - der Anfang für einen Jahrzehnte währenden motorsportlichen Triumphzug der Marke. Ob Privat-Fahrer oder Werkspiloten, die Maserati-Cockpits zählten zu den begehrtesten Arbeitsplätzen für Grand-Prix-Fahrer. Allen voran Tazio Nuvolari, der in den 1930er Jahren Maserati zum wichtigsten Konkurrenten von Alfa Romeo, Auto Union und Mercedes machte. Später folgte Juan Manuel Fangio, der 1957 einmal mehr von Ferrari auf Maserati wechselte und seinen fünften und finalen Formel-1-WM-Titel errang. Nachdem Alfieri Maserati 1932 den Spätfolgen eines Rennunfalls erlag, verkauften seine Brüder das Unternehmen an den italienischen Stahl-Industriellen Adolfo Orsi. Nun wurde Modena neuer Sitz von Maserati. Neben der profitablen Produktion von Lastwagen mit Elektroantrieb entstand dort 1946 der Typ A6 als Urahn künftiger Maserati-Seriensportwagen. Richtig in Fahrt kam die Serienfertigung mit dem Maserati 3500 GT, der 1957 debütierte. Er setzte auch einen technischen Meilenstein: 1961 war sein Sechszylinder der erste mit Benzindirekteinspritzung in einem italienischen Auto. Die V8-Version zählte außerdem zu den teuersten Autos der Welt. Es kommt Wind in die SacheAuf dem Turiner Salon 1963 präsentierte Maserati gleich zwei Modelle, die eine neue Ära im Supersportwagenbau einleiteten. Während der Gran Turismo Mistral als erster Maserati nach einem schnellen Wind benannt wurde, debütierte der Quattroporte als schnellster Viertürer der Welt. Ein Rang, der ihm erst zehn Jahre später durch den Jaguar XJ 12 streitig gemacht wurde. Zu dieser Zeit setzten Ferrari und Lamborghini längst auf das Prestige von V12-Maschinen. Maserati dagegen stand zum V8. Erstes Kultmodell wurde 1966 der Ghibli. Dieser von Giorgetto Giugiaro gezeichnete 270-km/h-Bolide avancierte prompt zu einem der beliebtesten Accessoires der amerikanischen High-Society. Sogar Henry Ford war erklärter Ghibli-Fan. Trotz allem: Genug Geld verdiente Maserati noch immer nicht und so musste sich die Familie Orsi 1968 von Maserati trennen. Neuer Eigentümer wurde Citroen und der legendäre Citroen SM mit Maserati-Motor war im Jahr 1970 das erste Kind dieser Ehe. Auch der Mittelmotor-Racer Maserati Merak – ab 1972 Sechszylinder-Einstiegsmodell unterhalb des superschnellen Bora – zeugte von der französischen Wahlverwandtschaft. Chrysler greift nach dem DreizackWenige Monate nach Vorstellung des Khamsin 1974 war die Ära Citroen allerdings schon wieder vorüber. Am 22. Mai 1975 meldete Citroen den Konkurs des Officine Alfieri Maserati an. Die weltweite Ölkrise hatte den Markt für Supersportwagen zusammenbrechen lassen. Retter in der Not waren dieses Mal das italienische Staatsunternehmen Gepi und der Autobauer Alejandro de Tomaso, unter dessen Führung die Produktion von Khamsin, Merak und Quattroporte wieder anlief. Nicht unerwähnt bleiben darf die kurze Kooperation zwischen Chrysler und Maserati, die 1984 begann. Eine Allianz, die Chrysler „Built by Maserati“ hervorbringen sollte, aber nach nur einem Modell, dem Chrysler TC, auslief. Die Ära des BiturboZum meistverkauften Maserati-Modell aller Zeiten wurde in den 1980er Jahren der Biturbo. Dieser kompakte Sechszylinder blieb als Zwei- und Viertürer, sowie als Spyder bis 1993 auf dem Markt. Jenem Jahr, in dem Fiat das Ruder bei Maserati übernahm. Was folgte, war die Restrukturierung der Marke unter Fiat-Führung. Zwar stand Maserati nun unter Ferrari-Management, aber mit dem 3200 GT als erstem Modell mit Maranello-Motoren startete die Marke zum Comeback. Während neue Quattroporte-Generationen auf Direktions- und Präsidialparkplätzen Position bezogen, zeigen die jüngsten Konzepte sowie Ghibli und Quattroporte mit Dieselmotor eine Innovationsfreude, wie sie vielleicht sogar Alfieri Maserati gefallen hätte. |