Coupé oder Cabrio, Sechs- oder Vierzylinder? Der Cabrio-Aufpreis ist bei BMW so hoch, dass man sich entscheiden muss. Wir haben es versucht. Erste Fahrt im 4er-Facelift.
Berchtesgaden – Man wird ja mal fragen dürfen: Was macht das 4er Cabriolet von BMW so viel besser als das 4er Coupé? Für 52.800 Euro bekommt man ein 440i Coupé mit Sechszylinder-Benziner und Sport-Line-Ausstattung. Offenfahrer kriegen für das Geld nicht mal einen identisch ausgestatteten 430i. Der kostet schon 55.600 Euro. Bei gleicher Motorisierung und Ausstattung ist das Cabrio rund 7.000 Euro teurer. Es ist natürlich überhaupt kein Vergleich. Cabrio oder Coupé, das ist eher eine Glaubensfrage. Luft und Sonne bekommt man nur offen, die maximale Fahrdynamik nur geschlossen. Vor allem, wenn ein schweres Blechklappdach das Gewicht treibt, wie beim 4er Cabrio. BMW hatte zu den ersten Fahrten im 4er Facelift allerdings 430i Cabrio und 440i Coupé dabei. Wie soll man da nicht vergleichen? Nachgeschärftes Fahrwerk beim 4er CoupéWir springen zuerst ins 440i Coupé. 3,0 Liter Hubraum, sechs Zylinder in Reihe, 326 PS, 450 Newtonmeter Drehmoment. So muss ein sportlicher BMW sein. Mit dem Facelift hat BMW Fahrwerk und Lenkung geändert. Etwas straffer federt das Coupé, die Dämpfer wurden anders abgestimmt, dazu der Schleuderschutz DSC. Zu hart wurde der 4er nicht. Erstaunlich komfortabel rollt er im Comfort-Modus über Kanten und durch Schlaglöcher. Angenehm leise und ohne störende Wirbel lassen sich auf der Autobahn Kilometer abreißen. Der Sechser zieht sämig durch, nicht brachial aber souverän und kräftig. Die 326 PS liegen bei 5.500 Umdrehungen an, und so hoch dreht man ihn gerne. Er sägt unverkennbar wie ein Reihensechser. Das klingt vor allem von außen toll, innen würden wir uns mehr Präsenz wünschen. BMW bietet fast alle Motoren im 4er mit Allrad an, unser 440er wird nur von den Hinterreifen beschleunigt. Gut so. Im Sport-Plus-Modus entspannt sich das DSC ein wenig. Es wechselt in den Traction-Modus. Jetzt verlieren die Hinterräder leichter die Haftung. Serpentinen sind willkommen: sauber einlenken, voll aufs Gas – das Heck drängt nach außen. Und wird sicher wieder eingefangen. Ungefähr in dem Moment, wo man ohnehin vom Gas geht. Weil: Öffentlicher Straßenverkehr. Das passiert alles unaufdringlich, nie nervig und sehr sicher. Wie bei BMW üblich lässt sich das ESP auch vollständig deaktivieren, dann driftet der 4er auch fröhlich. Quelle: BMW Wie schon der M550i, rollten auch die 4er auf Winterreifen, und auf 18-Zoll-Felgen. Das hilft dem Abrollkomfort, betäubt aber das Handling ein wenig. Die Lenkung fühlte sich nicht so scharf und präzise an, wie wir das von unserer letzten Ausfahrt im 3er in Erinnerung haben. Ohne den Vergleich hätte man womöglich nichts vermisst. Wenig Änderungen am BMW 4er CabrioBeim Cabrio lässt BMW das Fahrwerk unangetastet. Es federt eine Spur nachgiebiger als das Coupé. Es rollt etwas sanfter ab. Nicht viel, aber spürbar. Das Lenkgefühl ist ähnlich. Nicht weniger träge, aber etwas weniger präzise. Sommerreifen und größere Felgen hätten auch hier geholfen. Wichtiger: Das Cabrio ist auch in der Struktur weicher. Auf welligem Asphalt windet sich die Karosserie mehr. Kein Drama, schon gar nicht für ein viersitziges Cabrio, aber es fehlt ein wenig an Präzision und Schärfe. Dieses sichere Gefühl, satt und voll kontrolliert bis an den Grenzbereich gehen zu können, vermittelt das 4er Cabrio nicht im gleichen Maß wie das Coupé. Wo das Coupé noch neutral durch die Kurven schneidet, fängt das Cabrio an zu schieben. Die Vorderräder wimmern zuerst. Beim Coupé tun alle vier Reifen es meist im Chor. Trotz des größeren Gewichts auf der Vorderachse durch den Sechser in der Front. Außerdem lässt sich Schlupf vorne dank 326 PS besser mit mehr Gas und Schlupf hinten kontern. Quelle: BMW Unfair, klar. Das Cabrio fährt mit dem 2,0-Liter-Vierzylinder und bringt 185 Kilo mehr auf die Waage. Doch Leistung und Drehmoment fehlen wirklich nur für diese Übung, nicht generell. 252 PS und 350 Nm sind mehr als man in den meisten Lebenslagen braucht. Und BMW bekommt es besser hin als die meisten, einem Turbo-Vierzylinder beim Sound ein wenig Charakter mitzugeben. Mit dem Reihensechser kann er natürlich nicht konkurrieren. Der Vierer passt zum Cabrio, der Sechser zum CoupéMuss er nicht. Das Cabrio bietet dafür Luft und Licht für bis zu vier Personen. Wir waren mit Windschott unterwegs, wo sonst die Passagiere sitzen. Selbst bei 160 km/h auf der Autobahn stürmt es nicht auf dem Fahrersitz. Die Mütze blieb unten, die dicke Jacke war überflüssig. Gemütlich das Drehmoment des Vierzylinders nutzen, zügig dahingleiten, Wind und Sonne genießen - genau so will man das Cabrio fahren, genau das macht der 430i möglich. Und zu zweit lässt sich auch offen anständig reisen. Dann kann man die Rücksitze als Gepäckablage nutzen. Das komplizierte Blechklappdach schränkt den eigentlichen Kofferraum arg ein. Immerhin lässt sich das Ungetüm fürs Beladen elektrisch anheben, doch mehr als zwei Handgepäckkoffer passen nicht unter die Abdeckung. Und ehrlich gesagt: Geschlossen sieht das 4er Cabrio zumindest bei hellen Farben seltsam aus. Zu viele Fugen stören die Linie. Cabrio-Kunden wird das egal sein. Für sie schlagen die emotionalen Vorteile die konstruktiven Nachteile. Wir würden uns ein Stoffdach wünschen, doch für 21 Prozent der 4er-Käufer scheint das Blechdach genau richtig zu sein. So viele entscheiden sich weltweit fürs Cabrio. In Deutschland sind es sogar 25 Prozent. Das Coupé wollen hier nur 15 Prozent haben. Der Rest geht den Weg der Vernunft und wählt das Gran Coupé. Auch kein Vergleich. Technische Daten BMW 440i Coupé
Technische Daten BMW 430i Cabrio
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