Der Ausbau der deutschen Ladeinfrastruktur zieht sich. Statt geplanten 1.400 öffentlichen Schnellladeplätzen stehen erst 290. Jetzt soll es steil nach oben gehen.
Berlin – Es ist ein Trauerspiel. Zum Stichtag 1. Januar 2017 waren laut dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) gut 34.000 reine Elektroautos in Deutschland zugelassen. Lächerlich im Vergleich zum Gesamtbestand von 55,6 Millionen Kraftfahrzeugen (Anhänger ausgenommen). Und lächerlich im Vergleich zum Ziel für 2020. Dann sollen eine Millionen Elektroautos auf den Straßen sein. Plug-in-Hybride eingeschlossen. Selbst wenn man die hinzurechnet, ist derzeit noch nicht mal ein Zehntel erreicht. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) waren Ende 2016 nur 77.000 Autos mit Lademöglichkeit auf deutschen Straßen unterwegs. Das sind nicht viele, aber trotzdem zu viele für das derzeitige Ladenetz. Das Nadelöhr der Elektromobilität. Ladeinfrastruktur 2017: Zehn E-Mobile pro LadepunktQuelle: dpa/Picture Alliance Der Zuwachs von 33,4 Prozent am Bestand rein elektrischer Fahrzeuge zeigt immerhin: Es geht aufwärts mit der E-Mobilität. Auf niedrigem Niveau. Nur: Der Ausbau an Stromzapfanlagen geht schleppender voran. Von einigen Hotspots abgesehen ist das Netz noch immer spärlich. Anders als das Tankstellennetz, das laut dem ADAC mehr als 14.000 Stationen mit zahlreichen Säulen umfasst. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gab es Ende 2016 in Deutschland 7.407 öffentlich zugängliche Ladepunkte, verteilt auf 3.206 Ladestationen. An 292 Anschlüssen konnte schnell geladen werden. Macht seit Mitte 2016 einen Zuwachs von immerhin 20 Prozent bei den Schnellladern, die normalen Säulen legten um 11 Prozent zu. Die Zahl der E-Mobile steigt stärker (siehe oben), das Verhältnis von Auto zu Anschluss wird also schlechter. Aktuell kommen 10,3 Elektroautos und Plug-in-Hybride auf eine Lademöglichkeit - wenn sie nicht zugeparkt ist. Mitte 2015 teilten sich noch 6,7 Fahrzeuge einen Anschluss, zwei Jahre davor waren es 2,4. Dabei sind die regionalen Unterschiede erheblich. Während es in Berlin umgerechnet auf 1.000 Quadratkilometer 601 Ladepunkte gibt, sind es in Brandenburg 2, in Mecklenburg-Vorpommern 3, in Sachsen-Anhalt 4, in Thüringen und Schleswig-Holstein 7. Selbst Bayern kommt nur auf 15 Ladepunkte pro 1.000 Quadratkilometer. Der Bedarf: E-Mobilisten sind unzufriedenQuelle: dpa/Picture Alliance Problematisch ist vor allem die Unterversorgung mit Schnellladesäulen. Ladezeiten von mehreren Stunden mögen E-Mobilität fürs Heimladen und den städtischen Verkehr praxistauglich machen. Als Erstfahrzeug taugen E-Mobile damit nicht. Das „Schaufenster Elektromobilität“, ein Initiative der Bundesregierung, hat E-Mobilisten oder –Interessenten zur Zufriedenheit mit der Infrastruktur gefragt. Und: Sie sind nicht zufrieden. Nicht mit der Lage, nicht mit der Anzahl und nicht mit der Leistung der Ladepunkte. Das überrascht nicht. Die regierungsnahe „Nationale Plattform Elektromobilität“ (NPE) prognostizierte noch Mitte 2015 ein Netz von 1.400 Schnellladeanschlüssen für 2017. „Wenn die bestehenden öffentlichen und privaten Vorhaben konsequent realisiert“ würden. Wurden sie offenbar nicht. Bei den gewöhnlichen Ladesäulen sieht es auch nicht besser aus. Nicht mal eine relativ gut versorgte Stadt wie Berlin liegt im NPE-Soll, mit aktuell rund 540 öffentlich zugänglichen Ladepunkten. Hier hätten schon nach 2015 allein 650 Ladepunkte mit bis zu 22 kW Leistung stehen sollen. In Hamburg sollten zum gleichen Zeitpunkt 590 solcher Anschlüsse vorhanden sein, aktuell sind es gut 290. Die Zukunft: Ziele, Projekte und FörderungQuelle: dpa/Picture Alliance Es sieht nicht danach aus, als würde diese Lücke in naher Zukunft kleiner werden. Der Plan der Bundesregierung, bis 2020 rund eine Million Elektroautos auf den Straßen zu haben, gilt jedoch weiterhin. Die NPE plant mit einem Bedarf von 7.100 Schnellladepunkten bis 2020 und 43.000 normalen Ladestationen. Ab 2017 sollte der Ausbau rasant ansteigen. Ob die Ziele für 2020 ähnlich weit verfehlt werden wie die für 2017? Immerhin gibt es erste Anzeichen, dass der Ausbau von Schnellladern Fahrt aufnimmt. Daimler, BMW, Ford und die VW-Töchter Audi und Porsche haben angekündigt, noch 2017 insgesamt 400 Schnellladestationen mit bis zu 350 kW Leistung zu errichten. Allerdings europaweit an den wichtigsten Verkehrsachsen. Mitte Februar hat die Bundesregierung das OK aus Brüssel für einen Förderplan bekommen. Die Richtlinie „Ladeinfrastruktur Elektrofahrzeuge in Deutschland“ sieht vor, von 2017 bis 2020 300 Millionen Euro bereitzustellen. 200 Millionen davon sind für 5.000 öffentlich zugängliche Schnelllader mit mehr als 22 kW Leistung gedacht. Die restlichen 100 Millionen für rund 10.000 Normallladestationen. Bis zu 40 Prozent der Kosten für die Errichtung werden ersetzt. Bei Normallladestationen dürfen das maximal 3.000 Euro sein, bei Schnellladern unter 100 kW bis zu 12.000 Euro, bei Chargern mit mehr als 100 kW Leistung bis zu 30.000 Euro. Auch der Netzanschluss vor Ort wird mit bis zu 40 Prozent subventioniert. Weitere regionale oder kommunale Förderprogramme gibt es ebenfalls. Ob das reicht? Die Betreiber müssen in der Lage sein, ihre Säulen kostendeckend zu betreiben. Nur dann lohnt der Aufwand. Dafür braucht es vor allem: Elektroautos. Und Fahrer, die bereit sind, Geld fürs Laden und mehr Geld fürs Schnellladen auszugeben. Hier weiterlesen: Diese Elektromodelle planen deutsche Hersteller |