Stuttgart - Eine Fußgängerin überquert die Straße, das Auto stoppt abrupt. Ein "Sorry" leuchtet am Kühler auf - darauf folgt ein Smiley an der Windschutzscheibe. Das könnte es in Zukunft geben: Autos, die nicht nur von alleine fahren, sondern auch mit der Umwelt kommunizieren.
Um zu erforschen, wie Menschen auf die Ansprache eines Autos reagieren, entwickeln Wissenschaftler am Fraunhofer IAO in Stuttgart gerade ein Erprobungsfahrzeug, das mit seiner Umwelt kommunizieren soll. Die Idee von die Jungwissenschaftler Sebastian Stegmüller erinnert ein wenig an den sprechenden Sportflitzer K.I.T.T. aus der US-Serie Knight Rider:
Software soll die Emotionen des Fahrer nach außen tragen. LEDs an den Scheinwerfern Augenbrauen andeuten, auf einem Display am Kühler werden Schriftzüge aufleuchten. Mit Hilfe von Kameras und Sensoren sollen die Reaktionen von Fußgängern und anderen Verkehrsteilnehmern aufgegriffen und erkannt werden.
Ball als Vorderachse
Sebastian Stegmüller vom Fraunhofer IAO in Stuttgart glaubt: Das Auto der Zukunft ist modular aufgebaut Quelle: dpa/Picture Alliance
Nur Spielerei oder Zukunftstechnologie? "Interaktion und Kommunikation von Fahrzeugen werden kommen, das ist klar", sagt Sascha Ott, Geschäftsführer des Zentrums Mobilitätssysteme im Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das werde nicht ohne Auswirkungen auf die äußere Form des Autos bleiben, erläutert Ott und spricht mit Blick auf den knappen Straßenraum von "Fahrzeugen, die sich ineinander verschachteln und auf den Bauraum minimieren, den sie gerade brauchen".
Sebastian Stegmüller hat konkrete Vorstellungen: "Unsere Vision des Autos ist ein hochmodulares Modell. Es hat einen Ball als Vorderachse, um auf kleinem Raum rangieren zu können. Außerdem lässt es sich je nach Bedarf erweitern. So kann es schmaler sein als die schon heute erhältlichen elektrischen Einsitzer, aber auch Raum für fünf Personen bieten."
Am KIT in Karlsruhe forschen 800 Wissenschaftler zu allen Aspekten des Individualverkehrs - von neuen Werkstoffen für Fahrzeuge über die "Mensch-Maschine-Interaktion" bis hin zu gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und juristischen Fragen.
Kraftstoffe aus CO2
Ein zentrales Problem ist die Energie für das Fahren. "Wir sehen die Elektromobilität nur als Zwischenlösung", sagt Ott. So forschen Chemiker daran, aus dem CO2 in der Luft und Wasser unter Verwendung von Solarenergie vollsynthetische Kraftstoffe für das Auto zu erzeugen. Dazu gibt es am KIT erste Pilotanlagen. "Wir sind aber noch ein ganzes Stück entfernt, bis wir das im großen Maßstab nutzen können."
Vor allem für die Autohersteller ist die Frage relevant: Wird das Auto in Zukunft überhaupt noch eine Rolle spielen? Die Antwort der Zukunftsforscher lautet ja - wenn auch in enger Verbindung mit anderen Verkehrskonzepten.
"Das Auto ist das Verkehrsmittel Nummer 1, das wird auch noch in 15 bis 20 Jahren so sein", sagt Stephan Kritzinger vom Beratungsunternehmen Prognos, das für Shell Deutschland Zukunftsszenarien zur Entwicklung des Autos entworfen hat. Im ländlichen Raum werden die Menschen nicht auf das Auto verzichten können.
Vorbild für interagierende Autos? Ein Modell des Serienstars "K.I.T.T." aus der US-Serie Knight Rider Quelle: dpa/Picture Alliance
Trotzdem werde sich etwas ändern: "Verkehr wird vielschichtiger", sagt er. Vor allem in den Städten werden Nahverkehr, Carsharing, Fahrradfahren ineinandergreifen. Die Verbindung liefern Apps, so Kritzinger: "Das Smartphone wird der Schlüssel für die Mobilität der Zukunft."
Daten sind der Schlüssel
Am Fraunhofer Institut in Stuttgart geht man davon aus, dass Daten über den Individualverkehr der Schlüssel sind für künftige Verkehrskonzepte. "90 Prozent des Personentransports läuft nicht-standardisiert ab", sagt Jochen Verhasselt, der für das "Ambient Mobility Lab" verantwortlich ist - eine Kooperation mit dem renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Das MIT hat in New York und Singapur Daten aufgenommen, um Taxiwege aufzuzeichnen. Verhasselts Kollegin Susanne Schatzinger forscht an Taxi-Konzepten der Zukunft. "Das Taxi der Zukunft fährt elektrisch, autonom und wird geteilt", sagt sie und denkt an Mitfahr-Apps. Passanten könnten dann erkennen, wenn jemand in der Nähe den gleichen Weg habe.
Smartphones und Tablets könnten noch eine andere Rolle spielen, glaubt Karsten Lemmer vom Institut für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR). Wenn Autos autonom fahren, könnte das Fahrzeug den mit dem Smartphone oder Tablet beschäftigten Menschen auf dem Display warnen, wenn er doch wieder eingreifen müsse. An Autos mit Emotionen glaubt Lemmer hingegen nicht. "Es wird aber so eine Art Autobewusstsein geben - zum Beispiel, dass das Auto unfallfrei fährt."