Elon Musk hat offenbar genug von Short-Sellern, Quartalsberichten und nörgelnden Analysten. Der Milliardär will die Elektroauto-Firma Tesla von der Börse nehmen.
Quelle: dpa / Picture Alliance Palo Alto - Zu Wochenbeginn sorgte Tesla-Chef Elon Musk mit dem Teilen eines Hitler-Meme-Videos für Kopfschütteln. Ausdruck massiven Frusts über die Zwänge, denen sein börsennotiertes Unternehmen ausgesetzt ist: Musk will die Firma nun von der Börse nehmen und scheut dabei kein zerbrochenes Porzellan. „Sogar Hitler hat auf fallende Tesla-Aktien gesetzt“, schrieb Musk über das Video, das eine adaptierte Version der Schlüsselszene aus dem Spielfilm „Der Untergang“ zeigt. Hitler (Bruno Ganz) bespricht darin mit Gefolgsleuten die aussichtslose Situation der letzten Tage des zweiten Weltkrieges. Doch die englischen Untertitel übersetzen nicht die deutsche Tonspur, sondern behandeln die Tesla-Geschäftszahlen und Börsenvorgänge zum zweiten Quartal 2018. „Hedgefonds-Manager“ Hitler wird von "Spiegel, Chanos und Einhorn" (den Namen dreier tatsächlicher Spekulanten auf ein Sinken der Aktie, bzw. Short-Sellern) über die aktuellen Fertigungskapazitäten (5.000 Modelle pro Woche) und die hohe Zahl an Vorbestellungen zum Model 3 unterrichtet. Das Video wurde nicht von Tesla selbst produziert, es ist das Werk eines Fans. Die Filmszene in Originalsprache wurde für ähnliche Parodien zu allen erdenklichen Themengebieten genutzt. Musk sprach es offenbar aus der Seele. Nur ein Vorspiel für den eigentlichen Knall: Der Tech-Milliardär teilte überraschend mit, zu erwägen, Tesla bei einem Aktienkurs von 420 Dollar zu privatisieren. Die Finanzierung sei gesichert, schrieb er weiter. "Besser für die Mitarbeiter"Was sollte das bedeuten? Nach heftigen Marktreaktionen, die zu einem zwischenzeitlichen Handelsstopp der Aktie führten, sorgte Tesla am späten Nachmittag für Klarheit. In einer E-Mail, die im Firmen-Blog veröffentlicht wurde, bestätigte Musk seine Planspiele und erklärte seine Beweggründe. Eine endgültige Entscheidung, die Firma von der Börse zu nehmen, gebe es noch nicht, schrieb er. Es gehe darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem Tesla am besten operieren könne. Die starken Schwankungen des Aktienkurses seien eine große Ablenkung für alle Mitarbeiter - die allesamt selbst Aktionäre seien. Zudem sorge die mit der Börsennotierung einhergehende Pflicht, Quartalszahlen zu veröffentlichen, für enormen Druck. Es zwinge die Firma, Entscheidungen zu treffen, die lediglich mit Blick auf die Quartalszahlen, nicht aber langfristig sinnvoll seien. Zudem gebe es für Spekulanten "perverse Anreize, dem zu schaden, was wir alle erreichen wollen", schrieb Musk an seine Mitarbeiter. Es sei besser, wenn sich alle Mitarbeiter auf die langfristige Mission konzentrieren müssten - ohne die Störungen des Kapitalmarktes. 420 Dollar EndpreisGehe es nach ihm, so Musk, sollten alle Investoren eine Wahl erhalten und entweder zum Preis von 420 Dollar verkaufen oder ihre Aktien behalten können, falls Tesla privatisiert werden sollte. "Meine Hoffnung ist, dass alle Aktionäre dabei bleiben, aber wenn sie es bevorzugen, sich rauskaufen zu lassen, dann geschieht es zumindest mit einem netten Kursaufschlag." Rund 23 Prozent würde das auf den Aktienpreis vom Montag bedeuten. Die Technologie-Börse Nasdaq, an der Teslas Papiere gehandelt werden, stoppte angesichts der Aufregung rund um Musks Tweets zwischenzeitlich den Handel mit Tesla-Aktien. Als es am späten Nachmittag wieder losging, legte der Kurs um zwölf Prozent zu. Vor Musks Twitter-Gewitter hatte bereits ein Zeitungsbericht für starken Kursauftrieb gesorgt, laut dem Saudi-Arabiens Staatsfonds PIF eine große Tesla-Beteiligung aufgebaut hat. Der Fonds halte inzwischen drei bis fünf Prozent am Unternehmen von Musk, berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf eingeweihte Kreise. Damit hätte der Anteil einen aktuellen Wert zwischen 1,7 Milliarden und 2,9 Milliarden Dollar. Der über mehr als 250 Milliarden Dollar an Anlagegeldern verfügende Staatsfonds wäre damit einer der fünftgrößten Tesla-Aktionäre. 50 Milliarden nötig?Analysten der Nachrichtenagentur Bloomberg schätzen, dass Musk rund 50 Milliarden US-Dollar mobilisieren müsste, um Tesla zu privatisieren. Von einem Bluff gehen Börsenexperten nicht aus. Tesla geht derzeit ein hohes Risiko mit seinem Model 3 ein, und an den Finanzmärkten laufen viele Wetten auf Kursverluste der Aktien. Die Produktion des ersten günstigeren Tesla-Modells verschlingt enorm viel Geld, kam aber noch nicht wie erhofft in die Gänge. Zuletzt gab es allerdings deutliche Fortschritte. Zuletzt zeigte sich Musk oft dünnhäutig angesichts dieser Situation. Jüngst lieferte sich Musk über den Kurznachrichtendienst einen öffentlichen Schlagabtausch mit einem Mitglied jener Rettungsmannschaft, die eine eingeschlossene Fußballmannschaft aus einer überfluteten Höhle in Thailand rettete. Dieser kritisierte ein von Musk zur Verfügung gestelltes Mini-U-Boot, der Tesla-CEO bezeichnete den Retter in der Folge als Pädophilen. Die inzwischen erfolgte Entschuldigung hatte mehr von einer Anschuldigung. Über einen Abschied von Tesla von der Börse müssten die Aktionäre entscheiden, schrieb Musk. Es sei möglich, falls sein Vorschlag angenommen werde, dass das Unternehmen später wieder an die Börse zurückkehre - in Zeiten "berechenbareren Wachstums". Sollte Musk sich mit diesem Vorhaben durchsetzen, hätte er wieder einmal alle überrascht. (Sven Förster/Björn Tolksdorf/dpa)
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