Katar verlangt mehr Mitsprachrecht bei VW. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll das Emirat einen Sitz im wichtigen Aufsichtsrats-Gremium erhalten.
Quelle: picture alliance / dpa Wolfsburg/Doha - Im Präsidium von Volkswagen wird künftig wohl auch Englisch gesprochen. Das liegt nicht etwa daran, dass der innerste Zirkel des VW-Aufsichtsrates demnächst internationaler auftreten will. Der Auslöser ist vielmehr eine sich anbahnende Umbesetzung des Aufsichtsrats-Gremiums: Der drittgrößte Aktionär Katar soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur künftig Teil dieser engsten Gruppe werden. Um die Balance zwischen Kapital- und Arbeitnehmerseite zu erhalten, soll das bislang sechsköpfige Gremium in diesem Zug auf acht Mitglieder aufgestockt werden. Was für Außenstehende als wenig relevant erscheint, lässt tief in die Machtarchitektur bei VW blicken. Denn so lange der Wunsch des Emirates nach einem Präsidiumsposten bereits bestehen mag: Ohne die Diesel-Krise hätte es die Umstrukturierung wohl nicht gegeben. In den Jahren des Erfolges schienen die Machtverhältnisse bei Volkswagen wie zementiert. Diesel-Affäre löst Personalkarussel ausQuelle: picture alliance / dpa Mehr als sieben Monate nach dem Bekanntwerden des Skandals haben bei VW die starrsten Strukturen Risse bekommen. Seit 2009 ist das finanzkräftige Emirat Katar drittgrößter Anteilseigner in Wolfsburg, nach den Inhaberfamilien Piëch/Porsche sowie dem Land Niedersachsen. Rund 17 Prozent von Volkswagen gehören den Scheichs. Dafür hat Katar zwei Plätze im 20-köpfigen Gesamt-Aufsichtsrat. Während sich das Emirat in den vergangenen sieben Jahren gut damit arrangieren konnte, kochten im Zuge der Krise alte Begehrlichkeiten wieder hoch. Wann immer das Präsidium in den letzten Monaten zu wichtigen Sitzungen zusammenkam, blieb Katar außen vor. Tonangebend waren - wie im gesamten Aufsichtsrat - die Vertreter von Land und Arbeitnehmerseite sowie natürlich des Porsche/Piëch-Clans. "Der Druck der Katarer ist inzwischen so groß, dass er nicht mehr ignoriert werden kann", heißt es aus dem Aufsichtsrat. Zuletzt hätten insbesondere die Fragen zur Dividenden-Zahlung und Neuausrichtung nach der Krise für Gesprächsbedarf gesorgt. Dabei sollen sie zuletzt vermehrt Unterstützung aus den Reihen der Familien Porsche/Piëch erhalten haben. Das Emirat und die Familien pflegen seit 2009 ein besonders inniges Verhältnis. Müller könnte von Katar-Einfluss profitierenQuelle: picture alliance / dpa Die Katarer gelten als loyale Verbündete des Vorstands. Für die Führungsriege um Konzernchef Müller dürfte mehr Einfluss aus Doha also kein Problem sein, wenn es etwa um die neue "Strategie 2025" geht. Neben einer neuen, offeneren Konzernkultur stehen dabei auch mehr Eigenständigkeiten der Marken nach dem Vorbild von Porsche im Blickpunkt sowie mehr Effizienz und Verschlankungen von Abläufen. Schon 2009 beim Einstieg bei VW nach dem turbulenten Übernahmekampf mit Porsche sei den Katarern ein Präsidiumsplatz in Aussicht gestellt worden, erklärt ein damals mit den Verhandlungen Betrauter. Angesichts des Besitzes von mehr als 50 Millionen stimmberechtigten Stammaktien erscheint das Ansinnen im Sinne der Machtbalance durchaus legitim - das Land Niedersachsen hat mit rund 20 Prozent Stammaktien einen Präsidiumssitz inne. "Von daher ist es nur konsequent, wenn ihre Forderung nun endlich in die Praxis umgesetzt wird." Technisch ist die Umsetzung der Forderung einfach, der Aufsichtsrat selbst entscheidet über die Zusammensetzungen seiner Teilgremien. In diesem Kontext dürfte aber noch eine andere Frage spannend werden: Ein Bundesgesetz verlangt seit dem 1. Januar eine fixe Frauenquote von 30 Prozent für neu zu besetzende Kontrollposten. Hier hat VW noch Nachholbedarf, derzeit haben nur drei Frauen einen Platz inne. Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht |