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Topmanager sind pessimistisch - Entspannung erst 2014

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Paris - Die europäische Autoindustrie erwartet frühestens 2014 wieder bessere Absatzchancen. Als Konsequenz fordert der Fiat-Konzern das Eingreifen der EU. Es gibt aber auch Gewinner.

Fordert EU-Hilfe: Sergio Marchionne Fordert EU-Hilfe: Sergio Marchionne Auch Volkswagen sieht für manchen Konkurrenten schwarz: "Ob es für alle möglich sein wird, ohne Hilfe des Staates über die Runden zu kommen, ist fraglich", sagte VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch am Rande der Automesse.

Neben Fiat ist vor allem PSA gefährdet. Konzernchef Philippe Varin, rechnet damit, dass neben Peugeot auch andere Firmen Werke schließen müssen.

"Die gegenwärtige Situation ist nicht haltbar", sagte Varin der Zeitung "Les Echos". Peugeot hat bereits die Schließung eines Werkes bei Paris angekündigt und will 8.000 Jobs streichen.

Renault schließt Jobabbau nicht aus

Auch Renault schließt nicht aus, dass Jobs verloren gehen. "Man kann sich nicht verpflichten, um jeden Preis Arbeitsplätze zu erhalten, wenn dadurch das Unternehmen gefährdet ist", sagte Renault-Chef Carlos Ghosn der Zeitung "Le Figaro". Dank der Partnerschaft mit Nissan schreibt der Konzern bisher noch schwarze Zahlen.

Fiat-Chef Sergio Marchionne erneuerte seine Forderung nach Hilfe der EU beim Abbau von Überkapazitäten. Marchionne sagte, die Fiat-Werke in Italien seien nur zu 50 Prozent ausgelastet. Daumenregel: Erst ab 80 Prozent Auslastung wird Geld verdient.

Wie der Einfluss der EU genau aussehen soll, sagte Marchionne nicht. Nach seiner Ansicht müssten allerdings als erstes in Deutschland Autowerke geschlossen werden: "Hier wurde seit dem Zweiten Weltkrieg kein Autowerk geschlossen", sagte er.

Daimler-Zentrale, Untertürkheim Daimler-Zentrale, Untertürkheim

Daimler will sparen

Auch Daimler sucht nach Auswegen. "Wir werden keinen Teil dieser Firma von der Suche nach mehr Effizienz ausnehmen", sagte der Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche über das kommende Sparprogramm: "Wir müssen unsere Strukturen überprüfen".

Das Handelsblatt bezifferte das angepeilte Sparprogramm mit einer Milliarde Euro. Bisher wurde bekannt, dass Daimler Produktionstage im Lkw-Werk Wörth streicht, und über eine niedrigere Produktion im Pkw-Werk Sindelfingen verhandelt.

VW will Marktanteile ausbauen

Europas größter Autobauer Volkswagen scheint die Schwäche der Konkurrenz nutzen zu können: "Wir schaffen es, Marktanteile auszubauen", sagte Vertriebsvorstand Christian Klingler. Er geht davon aus, dass die Neukunden auch nach der Krise Volkswagen treu bleiben. "Warum sollte sich ein Kunde von einem guten Produkt abwenden", fragte er.

Beim Premiumhersteller BMW wuchs der Absatz im September weltweit um mehr als zehn Prozent, die Fabriken sind voll ausgelastet. "Der September war ein ziemlich guter Monat für uns", sagte BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson. Teilweise litt BMW sogar unter Nachschubsorgen. Robertson betonte, die Sorgen der Autoindustrie in Europa verstellten den Blick auf den Rest der Erde, wo der Absatz gut laufe. "Die Welt erscheint düster, aber sie ist es nicht", sagte er.

Premiumkonkurrent Audi sieht sich trotz Finanzkrise auf Kurs. Der Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler bestätigte die Absatzplanung von 1,4 Millionen Stück im laufenden Jahr und 1,5 Millionen bis 2015. "Den Kopf steckt bei uns keiner in den Sand", sagte Stadler, der September werde "ordentlich". Selbst in Europa verzeichne Audi "ganz leichte Zuwächse".

Experte: Keine globale Krise

2009: GM rettete nur die Verstaatlichung 2009: GM rettete nur die Verstaatlichung Stefan Bratzel, Automarktexperte der Fachhochschule Bergisch Gladbach, hält die Situation in Europa für ernst: "Völlig immun sind auch die Premiumhersteller nicht.", sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Allerdings glaubt er auch, die Hersteller hätten aus der Krise 2008/09 gelernt.

Vor allem Daimler hätte die Situation damals völlig unterschätzt und viel zu spät reagiert. "Ich gehe davon aus, dass man der Krise jetzt sehr viel sensibler begegnet", sagte er. Dazu gehört beispielsweise, dass die Hersteller Überkapazitäten vermeiden beziehungsweise abbauen.

Ganz so schlimm wie 2008/09 sieht es nach Einschätzung Bratzels derzeit noch nicht aus. "Es ist die große Frage, ob es zu einer globalen Krise wird“. Insbesondere die Premiumhersteller würden in China, USA und weiteren Märkten nach wie vor gut verkaufen.

Alle Fotos: dapd

Quelle: dapd

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