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Motorkultur

Erlebnisbericht: Eine V8-Ameise rennt nach Berlin

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Es ist Samstagmorgen und ein schwarzer Mercedes 500 SEC biegt in meine Straße ein. Drin sitzen drei Jungs, die sich ein Leben ohne ihre Autos nicht mehr vorstellen können und obwohl alle noch etwas verschlafen dreinschauen, beschäftigt sich die illustre Runde sogleich mit den aktuellen Ständen der diversen Projekte. Markenbindung ist dabei absolut nebensächlich (Gruß an Graf Vlad). Die Stimmung schwankt zwischen Vorfreude und einer gesunden Skeptik, wobei es dem Hauptakteur dieses Aktes schwer fällt seine Nerven im Zaum zu halten, denn schließlich geht es um einen der bewegendsten Augenblicke eines Autoverrückten, nämlich den Gebrauchtwagenkauf. Ohne auch nur einen Gedanken an die Abwrackprämie zu verschwenden, wird Kilometer um Kilometer abgespult und irgendwann befinden wir uns in einem idyllischen kleinen Dörfchen in der Nähe von Hannover, in dem die Uhren etwas langsamer zu ticken scheinen. Kein Wunder, dass gerade hier ein paar Jungs am Rad drehen und sich mit großen V8 Maschinen dem Kampf gegen eben genau diese Uhren auf der Viertelmeile verschrieben haben...

An einem geklinkerten Haus halten wir und der davor geparkte Chevrolet Avalanche gibt uns den entscheidenden Hinweis, dass wir hier richtig sein müssen.

Die Tür wird uns von einem freundlichen Kerl namens "Lars Vegas" geöffnet, der einigen sicher aus dem Umfeld des Race Antz Speed Team um Fahrer Micha Vogt bekannt sein dürfte. Nach einer kurzen Begrüßung gehts im Konvoi zum eigentlichen Zielpunkt dieser Reise - seiner vollausgestatteten Schrauberhalle.

Nun steht er vor uns, der Grund aller Aufregung und Schlafmangels: ein Chrysler Newport Coupé, Baujahr 70, 383cui und ca. 340 PS. Der Wagen besticht durch seinen Originalzustand (bis auf die Aufkleber und die Hoodscoops des Coronet) und die perfekt erhaltene, schwarze Innenausstattung und nachdem alle ersteinmal um das Auto herum geschlichen sind, lässt sich Lars nicht lange bitten und den V8 und die Flowmaster Auspuffanlage ihre Symphonie spielen.

Derweil prügeln sich die Härchen auf der Haut um einen Stehplatz und jede Objektivität scheint dahin. Trotzdem erstmal raus ins Licht und noch einmal alle neuralgischen Stellen abgehakt. Gut er hat unter dem hinteren Heckscheibenrahmen Rost, aber das scheinen ja fast alle Amis mal zu haben. Alles in allem wird die Blechsubstanz für gut befunden und eine erste Probefahrt angegangen. Als der Wagen unter lautem Grollen wieder auf den Hof einbiegt und Stephan (Käufer) ein nicht zu verbergendes Grinsen schon von weitem erkennen lässt, ist klar, dass sich die Berliner Altautogemeinschaft auf ein neues Schäfchen in ihrer Herde freuen kann.

Alle kaufmännischen Nebensächlichkeiten werden schnell geklärt und ich nehme auf dem Beifahrersitz Platz und freue mich auf die kommenden Kilometer Richtung Heimat.

Also den V8-Konvoi in Bewegung gesetzt, um an der ersten Tankstelle erstmal einen Zwischenstopp einzulegen. Nachdem die zwei Schlitten befüllt waren, mussten wir leider lernen, dass man für gewöhnlich den Chrysler Zündschlüssel mit dem Bart nach oben ins Zündschloss steckt und nachdem sich alle mal probiert hatten, wurde doch lieber der Mann in gelb angerufen, weil ein abgebrochener Zündschlüssel den ziemlichen Supergau bedeutet hätte. Aber sowas kann in der Aufregung sicher jedem mal passieren...

Danke nochmal an den ADAC! Immerhin hat sich der gelbe Engel gefreut, weil man laut seiner Aussage so einen Wagen alle paar Jahre mal zu bearbeiten hat.

Die restlichen Kilometer waren einfach nur ein Spaß und das Lächeln der anderen Verkehrsteilnehmer im nächtlichen Berliner Straßenbild hat uns alle bestätigt, dass man sich auch und gerade in dieser wirtschaftlichen Lage den Spaß am Leben und den Mut zu einer gesunden Unvernunft nicht nehmen lassen sollte!

An dieser Stelle geht auch nochmal ein Dankeschön an Lars und ein Gruß raus an alle Altautobekloppten! Wir sehen uns auf der Straße. 

mehr Bilder gibts hier .

 

Quelle: Motoraver Magazin

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