Erst kommen SUV, dann Elektroautos: Die VW-Kernmarke hat eine neue Strategie beschlossen. Die beinhaltet außerdem eine Milliarde Euro Umsatz durch digitale Dienste.
Wolfsburg – Es wirkt wie eine alte Schallplatte. Vieles von dem, was VW-Markenchef Herbert Diess heute als Zukunftsplan in Wolfsburg bekanntgab, war längst Ziel. Die Strategie für die nächste Dekade klingt zum Teil wie die des vergangenen Jahrzehnts. Manchmal scheint es, als würde er Martin Winterkorn zitieren. So plant VW eine „Steigerung der Operativen Rendite“ und „Milliardeninvestitionen“. Die Marke will sich in den USA „zu einem relevanten und profitablen Volumenhersteller entwickeln“, eine „große Elektro-Offensive“ starten und sich von „volumen- und ertragsschwachen konventionellen Modellen und Varianten“ verabschieden. All das wollte auch Winterkorn. Der Unterschied: Dieses Mal muss es klappen. Die Kernmarke ist längst das Sorgenkind des Konzerns. Sie verdient zu wenig Geld, außerdem ist sie in vielen Köpfen fest verknüpft mit dem Diesel-Skandal. VW plant einen „schnellen und harten Umbruch“ und „wird sich in den kommenden Jahren grundlegend verändern“. SUV, Elektrofahrzeuge, Billigautos: VW in den USA und ChinaQuelle: dpa/Picture Alliance Besonders in den USA muss VW erfolgreich werden. Winterkorn gelang dies nicht, VW sieht sich selbst als „Nischenanbieter“. Diess: „Den Fokus legen wir auf die dortigen Kernsegmente, also auf große SUVs und Limousinen.“ Vor wenigen Tagen zeigte VW das neue Midsize-SUV Atlas auf der Los Angeles Motorshow, ein Siebensitzer zum Tiguan-Preis – angekündigt seit 2014. Weitere Fahrzeuge sollen folgen. Die Elektromobilität steht dort vorerst hinten an, sie folge „in einer zweiten Welle“. Bis dahin will VW in die Infrastruktur investieren. Ab 2021 sollen in den USA Elektroautos von VW auf Basis des Modularen Elektrifizierungsbaukastens gebaut werden. Nach aktuellem Entwicklungsstand kann er Elektro-Derivate von VW Golf, Passat und Tiguan abbilden. In China sollen Elektroautos früher starten. Dort stimmen die Absatzzahlen prinzipiell, trotzdem stehe eine „SUV-Offensive“ an. Zudem plant VW Billigautos für China, Indien, Südamerika und Russland. Insgesamt will die Marke aber näher an den Premium-Bereich rücken. Erst Umbau, dann ElektromobilitätQuelle: dpa/Picture Alliance Zunächst muss VW aber Geld verdienen. Die Marke nennt das „Restrukturierung des Kerngeschäfts und einen grundlegenden Umbau entlang der gesamten Wertschöpfungskette“. VW will sich also auf Volumenmodelle mit Verbrennungsmotor und Finanzierungen konzentrieren, außerdem Entwicklung, Produktion, Einkauf, Handel und After-Sales verbessern. Wenig erfolgreiche Modelle und Varianten werden gestrichen. Dazu könnten Dreitürer-Karosserien von Golf und Polo gehören, außerdem die Modelle Scirocco, Beetle und Sharan. 2,5 Milliarden Euro will VW dadurch einsparen und in die Elektromobilität investieren. Bis 2020 plant VW neun Elektro- und Hybridfahrzeug-Varianten. Vier sind aktuell im Programm (E-Up, E-Golf, Golf GTE, Passat GTE). Ein Tiguan GTE gilt als gesetzt. Hinzu kommen voraussichtlich weitere Volumenmodelle mit (ergänzenden) Elektromotoren. „Ab 2020 starten wir unsere große Elektro-Offensive“, verspricht Diess. Voraussichtlich beginnt die mit Elektro-Versionen der drei wichtigsten Modelle, also Golf, Passat und Tiguan, auf einem eigenen Baukasten. Bis 2025 will VW eine Million Elektroautos pro Jahr verkaufen. Diese Zahl hatte bereits VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch im MOTOR-TALK-Interview erwähnt. Diess ergänzt, dass VW Marktführer werden will. Mehr Rendite, weniger ArbeitsplätzeNeben Fahrzeugen will VW digitale Dienste anbieten. Dafür will der Hersteller eine Plattform programmieren. Bis 2025 sollen sie 80 Millionen Menschen nutzen und dafür eine Milliarde Euro bezahlen. Diese Summe soll spürbar zum Jahresergebnis beitragen und dabei helfen, VW wieder profitabel zu machen. Für 2016 werden zwei Prozent operative Rendite erwartet. 2020 soll der Wert auf vier Prozent steigen, bis 2025 auf sechs Prozent. Der Sparkurs kostet allerdings Arbeitsplätze. Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass VW weltweit 30.000 Stellen streichen wird. Niedersachsens Ministerpräsident Weil (SPD) schätzt, dass in den kommenden vier Jahren allein in Niedersachsen bis zu 17.500 Arbeitsplätze bedroht sind. |