VW verspricht, dass umgerüstete Skandal-Diesel fahren wie bisher. Bei einigen ändert sich trotzdem etwas: Etwa 145.000 Autos verbrauchen künftig mehr AdBlue.
Quelle: dpa/Picture Alliance, Volkswagen, Thomas Geiger, Seat Wolfsburg – Der aktuelle Stand beim VW-Dieselgate: Der Volkswagen-Konzern und das Kraftfahrtbundesamt haben sich bei allen manipulierten Diesel-Fahrzeugen auf neue Software geeinigt. Zusätzlich bekommen Motoren mit 1,6 Litern Hubraum (1.6 TDI) einen sogenannten Strömungsgleichrichter, eine Art Plastikgitter im Ansaugtrakt. Die anderen Aggregate haben dieses Teil serienmäßig. Höhere Kraftstoffverbräuche oder schlechtere Fahrdaten soll es nicht geben. Für eine Motorengruppe (einige 2.0 TDI) ändert sich trotzdem ein wichtiges Intervall: Bei 145.000 Dieseln mit sogenannten SCR-Katalysatoren steigt der Verbrauch von AdBlue. Also der Harnstofflösung, die für die Abgasreinigung benötigt wird und dafür in den Abgasstrom eingebracht wird. Hier findet Ihr alle Infos zu den betroffenen Fahrzeugen aus dem VW-Konzern. Welche Fahrzeuge sind betroffen?Bei den meisten Dieselmotoren der Baureihe EA 189 ändert sich nichts. Sie reduzieren den Stickoxid-Ausstoß ausschließlich mit einer sogenannten Abgasrückführung. Von deutschlandweit 2,8 Millionen manipulierten Fahrzeugen sind rund 145.000 Autos, also gut fünf Prozent, von einem AdBlue-Mehrverbrauch betroffen. Sie sind mit einem SCR-System ausgerüstet. Das spritzt die Harnstofflösung AdBlue in den Abgasstrang des Fahrzeugs und senkt so auf chemischem Weg die Stickoxid-Emissionen. Konkret geht es um fünf Pkw-Diesel-Modelle (Audi Q5, VW Passat, VW Passat CC, VW Sharan und Seat Alhambra) mit SCR-Kat und EA-189-Motor (2.0 TDI):
* VW Passat und VW Passat CC: Insgesamt sind 13.000 Fahrzeuge betroffen. VW nennt keine getrennten Zahlen. In anderen Audi-Modellen kommen ebenfalls vom Rückruf betroffene Motoren und SCR-Katalysatoren zum Einsatz. Bei ihnen soll es laut Konzern keinen AdBlue-Mehrverbrauch geben. Warum erhöht sich der AdBlue-Verbrauch?Quelle: dpa/Picture Alliance SCR-Katalysatoren senken mit einer Harnstofflösung den Ausstoß schädlicher Stickoxide. Vereinfacht dargestellt: Bei Temperaturen ab ca. 170° C im Abgasstrang zerfällt die Lösung zu Ammoniak und CO2. Das Ammoniak reagiert mit Stickoxid und Stickstoffdioxid zu den Stoffen Stickstoff und Wasser. VW gibt zu, dass Fahrzeuge mit Dieselmotoren des Typs EA 189 auf der Straße mehr Stickoxide ausstoßen als auf dem Prüfstand. Ein VW-Sprecher sagte auf Nachfrage zu MOTOR-TALK: „Nach dem Software-Update wird unter bestimmten Bedingungen zur Abgasnachbehandlung eine höhere Menge an AdBlue eingesetzt, um die Emissionen in diesen Bereichen weiter zu reduzieren." Entstehen zusätzliche Kosten?Den Mehrverbrauch will der VW-Konzern mit kostenlosen AdBlue-Befüllungen ausgleichen. Zum Software-Update füllen die Mechaniker den AdBlue-Tank gratis auf. Dazu bekommen betroffene Kunden fünf Gutscheine für AdBlue-Befüllungen (Material und Arbeit) beim jeweiligen Vertragshändler, unabhängig von der Tankgröße. Eine Stichprobe bei einem Berliner VW-Händler ergab, dass eine AdBlue-Tankfüllung für den Passat (17 Liter) ungefähr 65 Euro kostet. Auf MOTOR-TALK berichten einige Nutzer von Rechnungen bis zu 280 Euro. Für viele wird sich der Weg zum Vertragshändler allerdings nicht lohnen. Ein Liter AdBlue kostet auf Ebay ungefähr einen Euro. Tankstellen bieten AdBlue an Zapfsäulen für Lkws ab ca. 50 Cent pro Liter an. Die Flüssigkeit ist genormt und frei verkäuflich, das Befüllen in den meisten Fällen kaum komplizierter als Tanken mit einem Kanister. Wie sehr erhöht sich der AdBlue-Verbrauch?Quelle: Volkswagen VW möchte sich nicht auf konkrete Zahlen festlegen. Anders als beim Kraftstoffverbrauch gibt es für AdBlue keinen Normwert, nur eine geschätzte Reichweite. Die hängt stark von Fahrweise, Fahrprofil, Umgebungsbedingungen und der Ausstattung ab. Laut Daten der Internetplattform Spritmonitor.de liegt der AdBlue-Verbrauch von Passat und Sharan vor dem Software-Update bei etwa 0,1 bis 0,2 Liter pro 100 Kilometer. Bei 17 Litern Tankvolumen ergibt sich eine mittlere Reichweite von gut 11.000 Kilometern pro Tankfüllung. Laut VW liegt der AdBlue-Verbrauch mit der neuen Software „weiterhin innerhalb des vorgesehenen bzw. üblichen Verbrauchsfensters“. Für eine Strecke von 200.000 Kilometern sollen den Kunden keine Zusatzkosten entstehen. Bei einem theoretischen Durchschnittsverbrauch von 0,15 Litern AdBlue pro 100 Kilometern, einem Tankinhalt von 17 Litern und fünf zusätzlichen Vollbetankungen ergibt sich rechnerisch ein maximaler Mehrverbrauch von 28 Prozent. Macht 0,19 Liter pro 100 Kilometer und eine Reichweite von knapp 9.000 Kilometern. Beim Audi Q5 (AdBlue-Tankinhalt: 23 Liter) könnte der Verbrauch stärker steigen. VW schreibt in einem Statement: „Auch nach dem Update wird der AdBlue-Verbrauch in einem Rahmen liegen, der bei vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller üblich ist.“ Beeinträchtigungen bei Kraftstoffverbrauch, Leistung, Lebensdauer oder Haltbarkeit soll es nicht geben. Das habe das Kraftfahrtbundesamt bestätigt. |