Moderne Fahrassistenten sind komfortabel, sie erfüllen aber nur das Autonomie-Level 2. Das bedeutet: Sie unterstützen nur, der Fahrer bleibt verantwortlich.
Thatcham – Vorab sei gesagt: Das Auto war in diesem Test austauschbar. Es hätte ein BMW, ein Volvo, ein Mercedes oder ein VW aus aktueller Serienproduktion sein können. Vermutlich hätten deren Fahrzeuge kaum anders reagiert als der Tesla vom Typ Model S. Den Forschern ging es nicht um das Können oder Unvermögen einzelner Marken, sondern um die Grenzen aktueller Assistenzsysteme. Die sind enger gesetzt, als viele Autofahrer vermuten. Gefühlt fahren einige Autos schon heute ganz allein. Sie folgen dem Vordermann und bleiben zwischen den Markierungen. Einige wechseln sogar selbstständig die Fahrspur, wenn der Fahrer den Vorgang einleitet. Das wirkt modern und fortschrittlich, ist ganzheitlich betrachtet aber noch recht primitiv, gemessen an der Vision des autonomen Fahrens. Zur vollen Autonomie fehlen bessere Sensorik, ein starkes Datennetz und fortschrittliche künstliche Intelligenz. Die Society of Automotive Engineers (SAE) ordnet das autonome Fahren in fünf Stufen ein. Aktuelle Serienmodelle erfüllen höchstens das Autonomie-Level 2: Der Mensch fährt und ist für sein Auto verantwortlich, wird aber umfangreich vom Computer unterstützt. Das gilt für alle derzeit auf dem Markt erhältlichen Fahrzeuge. Nach 10 bis 15 Sekunden fordern die Autos menschlichen Eingriff. Video: Die Grenzen der Level-2-AutonomieWarum diese Eingrenzung so wichtig ist, zeigt ein Video von Thatcham Research aus England. Die Forscher demonstrieren mit einer nachgestellten alltäglichen Situation, dass Assistenzsysteme mit steigender Komplexität schnell überfordert sind. In dem Versuch folgt ein Tesla Model S gesteuert von der Assistenz ("Autopilot") einem vorausfahrenden Fahrzeug. Das wechselt plötzlich die Spur, um einem stehenden Hindernis auszuweichen. Als die Sensoren des Tesla die neue Situation erfassen, ist es bereits zu spät. Das Auto führt selbstständig eine Vollbremsung durch, rollt aber in das Hindernis. Im echten Leben wäre es zu einem schweren Unfall gekommen.
Komplexe Situationen sind nicht erfassbarAktuelle Assistenten verlassen sich in der Regel auf die Signale von Kameras und Radarsensoren. Sie können den Abstand zum Vordermann einschätzen, seine Geschwindigkeit messen und Markierungen erkennen und verstehen. Was vor dem vorausfahrenden Auto passiert, erfassen die Systeme aber unzureichend. Der Tesla im Video konnte das Hindernis also systembedingt nicht früher erkennen. Die Assistenten müssen für zukünftige Autonomie-Level einen Bereich weit vor dem Auto sehen können. Erste Fahrzeuge sind dafür bereits ausgestattet. Sie haben Radarsysteme mit hoher Reichweite und Laserscanner an Bord. Solche Sensoren hätten den Unfall womöglich verhindern können. In Europa ist mehr Automatisierung aber im Moment noch nicht gestattet. Derzeit dürfen Computer Autos mit maximal 10 km/h im öffentlichen Straßenverkehr steuern. Genug zum Einparken, zu wenig für autonomes Fahren. Bald soll Tempo 130 gelten. Dann starten die ersten Autos mit Autonomie-Level 3. In ihnen darf sich der Fahrer ablenken lassen und hat mehrere Sekunden Zeit, um im Notfall das Steuer zu übernehmen. Herstellerhaftung ab Level 3Hier müssen sich die Hersteller ganz genau absichern. Denn baut ein Auto im Level-3-Modus einen selbstverschuldeten Unfall, haftet der Hersteller. Das würde seiner Reputation schaden und andere Systeme ebenfalls infrage stellen. Die allgemeine Wahrnehmung erlaubt keine Fehler, selbst wenn sich die Unfallstatistik merklich verbessert. Aber selbst mit Level 3 gilt: Vollautomatische Autos sind Zukunftsmusik. Dafür sind hochauflösende Karten, Cloud-Daten und sehr komplexe Systeme nötig. Level-3-Fahrzeuge steuern sich nur in bestimmten Bereichen selbst. In allen anderen Situationen erfüllen sie nur Level 2. Dann ist der Fahrer verantwortlich. Auch in Momenten wie im Video, wenn der Vordermann spät einem Hindernis ausweicht.
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