SUV, Premium, Elektrifizierung: Das sind die Schwerpunkte der Fiat-Chrysler-Gruppe bis 2022. Schon 2021 will der Konzern den Verkauf von Diesel-Pkw stoppen. Alle Details.
Balocco – Stellt der Konzern Fiat Chrysler Automobiles (FCA) die namensgebenden Marken Fiat und Chrysler ein? Vor der Vorstellung des strategischen Plans der Gruppe schossen die Gerüchte ins Kraut. Vor 14 Jahren hatte der Manager Sergio Marchionne die Führung von Fiat übernommen, am ersten Januar 2004. 2009 und 2014 hat Fiat jeweils Fünfjahrespläne vorgestellt, die präzise die Zukunft des Unternehmens aufzeigten. Auch wenn nicht jede Voraussage am Ende haltbar war. Nun, im Jahr 2018, geht es um eine Zukunft ohne Marchionne. 2019 tritt der langjährige Konzernchef ab. Im vergangenen Jahrzehnt rettete er erst Fiat vor dem Bankrott, übernahm dann Chrysler – und mutete dem italienischen Konzern manches zu. Die Marke Fiat dünnte Marchionne modellpolitisch aus, sie baut heute vor allem auf den alternden 500 und den Panda. Quelle: dpa/Picture Alliance Lancia nahm Marchionne außerhalb Italiens vom Markt und ließ nur den Ypsilon überleben. Mit der Gründung von FCA verlegte Marchionne die Fiat-Konzernzentrale fiskalisch nach Großbritannien. Die Ausgliederung von Ferrari 2016 brachte frisches Geld in den Konzern, der bei Zukunftstechnologien aus Kostengründen lange auf Sparflamme fuhr. Leicht waren die Zeiten bei Fiat nicht in den letzten Jahren. Ab 2021 keine Diesel mehr - Strom nun mit VollgasDie Schwerpunkte der Strategie bis 2022: Auf den Zukunftsfeldern aufholen, das Angebot bei Premium- und SUV-Modellen vergrößern. Im Pkw-Bereich wird Fiat eher deinvestieren. Machte der Konzern 2010 noch 75 Prozent seines Europa-Umsatzes mit klassischen Personenwagen, sollen es 2022 nur 51 Prozent sein. Im gleichen Umfang soll der SUV-Absatz steigen. Diese Grundannahme prägt alle weiteren vorgestellten Detailpläne. Ein wichtiges persönliches Ziel will Marchionne in diesem Monat erreichen: einen positiven Netto-Cashflow bis Juni 2018. Für die Zukunft muss sich sein Konzern vor allem mit Themen beschäftigen, bei denen zuletzt andere Hersteller vorne waren: Elektrifizierung, Konnektivität und Autonomie. Elektrifizierte Antriebe sollen bei FCA in Pkw bis 2021 den Dieselmotor ersetzen. Schon in wenigen Jahren will Fiat Dieselmotoren nur noch in Nutzfahrzeugen anbieten. Die Lücke sollen Hybride und Elektroautos schließen. Fiat habe rund neun Milliarden in die Elektrifizierung investiert, sagt Sergio Marchionne. Beim Thema Vernetzung will FCA in fünf Jahren eine weltweite Abdeckung erreichen, beim autonomen Fahren ab 2023 Level-4-Systeme anbieten. Dann kann der Fahrer in kontrollierten Umgebungen auch Zeitung lesen oder einen Film sehen. Fiat verweist auf die Partnerschaft mit Waymo: Mit bis zu 62.000 selbstfahrenden Chrysler Pacifica bis 2020 kommt das „Google-Auto“ heute praktisch vom FCA-Konzern. Mit BMW arbeitet FCA außerdem an Level-3-Systemen. Alfa Romeo: Zwei neue Sportwagen2014 war das Jahr der großen FCA-Wetten: Die italienische Kultmarke Alfa Romeo sollte wieder zu einer respektierten Premiummarke werden, mit faszinierender Technik und umwerfendem italienischem Design. Premium verdient das Geld in der Autobranche – und Modelle wie Mito und Giulietta waren nur sehr bedingt „Premium“. Quelle: FCA Die Wette ging teilweise auf. Die neuen, margenstarken Modelle Giulia und Stelvio sind da, der globale Absatz stieg in wenigen Jahren von 66.000 auf 170.000 Fahrzeuge. In Asien und Nordamerika fahren heute wieder Alfa-Modelle. Dennoch: Zu den 400.000 Einheiten jährlich, die Alfa sich 2014 vorgenommen hatte, bleibt ein großer Abstand. Das Ziel soll nun 2022 erreicht werden, mit einer Marge von 10 Prozent. Um den Absatz zu steigern, will Alfa Romeo in Zukunft mehr Fahrzeugsegmente bedienen als heute. Zu Stelvio und Giulia gesellen sich bis 2022 zwei neue Sportwagen, ein SUV in der oberen Mittelklasse sowie ein Kompakt-SUV unterhalb des Stelvio. Die Giulietta erhält einen Nachfolger. Der Kleinwagen Mito taucht im angepeilten Portfolio 2022 nicht mehr auf, der 4C auch nicht. Bei den neuen Sportmodellen wird Alfa-Chef Tim Kuniskis konkret: Es kommt ein neuer 8C mit Carbon-Chassis, doppelt aufgeladenem Mittelmotor und elektrifizierter Vorderachse. Das Modell soll mehr als 700 PS Systemleistung erreichen und in weniger als drei Sekunden auf 100 km/h sprinten. Daneben kündigt Alfa einen viersitzigen GTV an, der mit Mildhybridtechnik („E-Boost“) mehr als 600 PS an alle vier Räder schicken soll. Vor allem für den chinesischen Markt wird Alfa Romeo in Zukunft Modelle mit langem Radstand anbieten. Dieselvarianten werden nach und nach aus dem Programm verschwinden. Stattdessen plant Alfa mit Mildhybriden, Vollhybriden und Plug-in-Hybriden. In jedem Segment soll eine entsprechende Variante lieferbar sein. Maserati: Neuer QuattroporteQuelle: FCA Exklusiver und hochwertiger als Alfa Romeo will FCA seine zweite italienische Premiummarke platzieren: Maserati soll bis 2022 gerade einmal 100.000 Fahrzeuge jährlich absetzen. Viel mehr als 2012 (6.000), aber viel weniger als Alfa Romeo. Die Kompaktklasse lässt Maserati aus und konzentriert sich auf größere Modelle. Vor allem dank der neuen Modelle Ghibli und Levante erreichte Maserati zuletzt rund 50.000 verkaufte Fahrzeuge pro Jahr und konnte, ebenso wichtig, seine Verkäufe gleichmäßig auf die Weltmärkte verteilen. Ein neues Coupé, das auf der Studie Maserati Alfieri (2014) basiert, soll zur Vorlage für die Erneuerung der Maserati-Modellpalette werden. Vor allem für die Elektrifizierung der Marke. Maserati spricht vom ersten „Luxus-Elektro-Coupé“ und verspricht mehr als 300 km/h Spitze. Auch eine Plug-in-Variante des Gran-Turismo-Nachfolgers wird es geben. Daneben plant die Marke ein neues Mittelklasse-SUV, außerdem einen runderneuerten Nachfolger für die Limousine Quattroporte. Der 2016 vorgestellte Levante soll ebenfalls einen komplett neu entwickelten Nachfolger erhalten. Der Grund: Eine neue Plattform soll ihn elektrisch machen. Jedes Modell soll als Hybrid, Plug-in-Hybrid oder reines Elektroauto erhältlich sein. Letzteres stellt Maserati für Alfieri, Alfieri Cabrio, Quattroporte und Levante in Aussicht. Jeep: SUV müssen nicht mehr ins GeländeDie Idee ist nicht wirklich neu bei Fiat-Chrysler: Alle Welt kauft SUV, also soll Jeep zu einer Welt-SUV-Marke werden. Deshalb rollen heute Jeep-Modelle auf Fiat-Plattformen aus italienischen Fiat-Fabriken. Insgesamt vergrößerte sich Jeep von vier US-Werken auf insgesamt 10 Standorte in sechs Ländern. 2018 sollen weltweit 1,9 Millionen Fahrzeuge verkauft werden. Wenig überraschend setzt auch Jeep in Zukunft verstärkt auf so genannte „Urban SUV“, die bewusst Abstand nehmen vom klassischen Markenwert „Offroad-Capability“. Denn abseits der Straße werden diese Modelle fast nie bewegt. Wer das tun will, wird bei Jeep auch künftig Alternativen wie den Wrangler finden. Bis 2021 soll jedes Modell auch elektrifiziert verfügbar sein. Wie wird sich das Jeep-Portfolio bis 2022 verändern? Unterhalb des Renegade folgt ein Mini-SUV, der Renegade selbst wird erneuert. Die kürzlich erneuerten, kompakten Wrangler und Compass bleiben im Programm. Eine Klasse darüber erhält der Jeep Cherokee einen Nachfolger – vermutlich mit weniger kontroversem Design. Quelle: FCA Außerdem kündigt Jeep einen Pick-up sowie ein günstiges SUV mit drei Sitzreihen an. In der oberen Mittelklasse steht weiterhin ein Grand Cherokee im Programm, ebenso ein weiterer Wagen mit drei Sitzreihen. In das Luxus-SUV-Segment will Fiat mit neuen Wagoneer und Grand Wagoneer vordringen. Auch bei Jeep steht die Aufgabe von Dieselmotoren zugunsten von elektrifizierten Modellen an. RAM: Nicht nach EuropaImmer noch die Nummer drei ist RAM in den USA – hinter den Pick-up-Konkurrenten von Ford und GM. Das will FCA bis 2022 ändern. Die Marke wurde bereits von Dodge abgespalten und verkauft neben Pick-up-Trucks auch die umgelabelten Fiat-Modelle Ducato und Doblo. Am Portfolio soll sich bis 2022 dennoch nicht viel ändern. Wie bisher soll RAM einen leichten und einen schweren Pick-up verkaufen. Beide Modelle werden aber grundlegend erneuert. Der Kleintransporter Promaster City wird gemeinsam mit dem Fiat-Modell erneuert (aber nicht elektrifiziert), der große Promaster bleibt im Programm. Eine Ausdehnung der Nutzfahrzeugmarke RAM auf andere Regionen als Nordamerika scheint vorerst nicht geplant: FCA stellt vielmehr heraus, dass in Europa Fiat Professional und in Lateinamerika Fiat den regionalen Markt abdecken. Wahrscheinlicher ist eine Ausdehnung nach Asien, wo FCA bisher eine Leerstelle im Nutzfahrzeugsegment sieht. Update: Fiat Punto und Tipo auf StreichlisteWeder für die US-Marke Chrysler noch für die europäische Kernmarke Fiat präsentiert FCA ähnlich detaillierte Pläne. Zwar stellt FCA die marktbeherrschende Position der Kleinstwagen Fiat Panda und 500 sowie die Vorreiterrolle des Chrysler Pacifica bei der Elektrifizierung heraus. Auch sollen die Kleinwagen der Marke ab 2020 als Mildhybrid und als reines E-Auto fahren. Aber klare Aussagen zur Zukunft von Tipo, Punto oder Panda fehlen ebenso wie Aussagen zum künftigen Portfolio der Marken Chrysler und Dodge. Marchionnes Erklärung: Es handle sich nicht um globale Marken. Darum tauchten sie in der globalen Strategie nicht auf. „Wir versuchen, Ihnen nur die relevanten Zahlen zu geben“. Fiat sei regional nur in Europa und Lateinamerika bedeutend, Chrysler eine rein nordamerikanische Marke. Klar scheint also nur: Die Marken bleiben erhalten. Medienberichten zufolge will Fiat die erfolgreichen, aber margenschwachen Kleinwagen aus Italien abziehen und künftig in Osteuropa bauen. Das gilt vor allem für den Panda, der neben dem 500 eine Säule für Fiat bleiben soll. Der 500 läuft bereits in Polen vom Band, der 500L in Serbien. Der Tipo soll in Europa verschwinden. Der Dauerläufer Punto, der seit 2005 gebaut wird, wird eingestellt. Fiat begründet dies mit künftigen, strengeren Emissionsvorschriften. „Wir wollen die Marke Fiat auf Produkte fokussieren, die die Kosten der Elektrifizierung decken“, sagte Marchionne am Rande der Präsentation des Fünfjahres-Plans. Das sind vor allem 500, 500L und 500X. Vom Kleinstwagen soll es neu eine Kombi-Version geben, die den historischen Namen „Giardiniera“ aufgreift. Gerüchten, dass Fiat aus Nordamerika abgezogen wird, widersprach Marchionne.
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